Original-/Alternativtitel: /

Jahr: 1962

Regisseur: Sidney W. Pink

Schauspieler: John Agar (Don Graham), Carl Ottosen (Commander Eric), Peter Mönch (Karl), Louis Miehe-Renard (Svend)  

Vorwort:

Es gibt Filme, die wirken etwas Fehl am Platz. Die wirken wie aus der Zeit gefallen. Und damit meine ich nicht Til Schweiger Produktionen, sondern Genrefilme, die im falschen Jahrzehnt gemacht zu sein scheinen. Jedes Jahrzehnt hat ja so seine filmischen Fimmel, und die 50er waren bekanntlicherweise ganz vorne dabei mit Mutanten-Monstren von fremden Planeten, bis diese vom Gothic-Horror von Hammer und AIP abgelöst wurden. Ist ja allgemein bekannt.

Und da ich mich im Zuge der Überarbeitung meines 50er Jahre Monster- und Science-Fiction Buches nochmal in dieses Zeitalter gestürzt habe (heute erst nochmal gesehen: Die Rache der schwarzen Spinne und The Deadly Mantis), hatte ich wieder Lust auf etwas klassischere Science-Fiction, die ich noch nicht kenne. Da fiel mir der gute alte Ib Melchior ein, der uns schon mit Weltraumschiff mr1 antwortet nicht „beglückte“ – und 1962 schrieb er dann noch das Skript zu Journey to the Seventh Planet. Und Johnny Agar ist auch mit dabei! Nun denn, Science-Fiction aus den frühen 60ern, das ist sehr selten, wie ich schon in Reviews zu Monstrosity oder Hand of Death dargelegt hatte. Ich hatte mal wieder Lust auf fremde Planeten, und da die 50er mir da gerade nichts boten, musste ich eben ausweichen…

Inhalt:

Das Jahr 2001: Die Völker der Erde sind geeint, um zusammen in den Weltraum vorzustoßen. Alle Planeten sind bereits erkunden, nur der Uranus stellt noch ein Geheimnis da. Das soll sich nun ändern, denn die UN hat eine Expedition zusammengestellt, die den Planeten auf etwaiges Leben untersuchen soll. Unter der Führung von Commander Eric Nilsson macht sich ein fünfköpfiges Team auf die Reise. Als sie jedoch auf dem Uranus landen, trauen sie ihren Augen nicht: Statt einer Eiswüste präsentiert sich ihnen ein seltsamer Wald mit Bächen und Sträuchern. Schnell stoßen sie auf eine mysteriöse Energie-Barriere, die sie zunächst nicht durchstoßen können.

Als dann auch noch seltsame Frauen auftauchen, wird ihnen klar, dass ihre Gedanken auf dem Planeten real werden können. Mithilfe ihrer Astronautenanzüge durchstoßen sie die Barriere und finden jenseits eine kalte, lebensfeindliche Planetenoberfläche vor. Und in den Katakomben unterhalb des Planeten ein seltsames Gehirn, das ihre Gedanken angezapft hat und ihre Ängste real werden lässt…

Besprechung:

Wenn ich für jeden Film, in dem John Agar ein außerirdisches Gehirn mit Augen bekämpft, einen Cent, dann hätte ich zwei Cent. Das ist nicht viel, aber dass es zwei Mal passiert ist, ist schon seltsam.

Ja Journey to the Seventh Planet ist schon ein etwas seltsamer Film (aber hätten wir etwas anderes erwartet??) Nein, es ist so wie mit Hand of Death oder 2071: Mutan-Bestien gegen Roboter (nur echt mit dem Rechtschreibfehler im Titel!): Die Filme hätten perfekt in die 50er gepasst, aber doch nicht in die Hochzeit des klassischen Gothic-Horrors á la Cuhsing, Lee und Price. Es ist schon merkwürdig, dass sich AIP dazu entschied, nochmal solche „alten Kamellen“ zu produzieren, während Corman mit den Poe-Schoten und Hammer mit den Universal-Klassikern so viel Kasse machten. Aber bitte, ich beschwere mich nicht. Irgendwie haben diese Sci-Fi Film aus den 60ern ja auch etwas. Da lag das Genre zwar am Boden und war nicht gerade originell, aber es war schön… schlock-mäßig und durchaus gourtierbar, solange es nicht die Larry Buchanan-Streifen waren.

Und hier tischt uns AIP mal wieder etwas auf… wenn man Weltraumschiff mr1 antwortet nicht gesehen hat, dann meint man ja, man ist mit allen Wassern gewaschen. Wer den nicht kennt, der sollte es schleunigst nachholen, denn er Film dürfte mitunter mit den bizarrsten Kreaturen der 50s auffahren, und das heißt schon war. Melchior gab dort sein Debüt als Regisseur und Produzent Sidney Pink fand dort seinen Auftakt als mehr oder weniger erfolgreicher Produzent für B-Chosen, denen noch einige Folgen sollten. Unter anderem 1961 den legendär-schlechten Reptilicus mit einer… legendär-schlechten Gummi-Monsterschlange, für die einen selbst das Publikum von Kasperletheater Bövinghausen auslachen würde. Tja, und zusammen mit Journey to the Seventh Planet war’s das eigentlich auch schon mit seiner Produktionsgeschichte, zumindest was Science-Fiction angeht. Aber, und das kann ich nun mit Überzeugung sagen, weil ich nun alle drei seiner phantastischen Produktionen gesehen habe (ok, theoretisch fällt noch Twonky von 1953, aber ich glaube, dass ist eher ne Satire): Sie sind mir allesamt sympathisch. Seine Filme haben irgendwie den Charme alter B-Filme á la „wenig Geld, wenig Zeit, wenig Platz – wir versuchen trotzdem das Beste“. Auch wenn das Beste nicht herausgekommen ist, so ist’s mir trotzdem lieber als der heutige seelenlose Schwachsinn, der aktuell in den Kinos läuft (zumindest der Großteil). Lustigerweise sind Reptilicus und Journey to the Seventh Planet auch zwei seltene Beispiele für dänisch-amerikanische Koproduktionen im B-Sektor. Trotzdem mutet der Streifen natürlich an wie ein x-beliebiger Drive-In Film aus jenen Jahren und wenn man es nicht wüsste, würde man wohl kaum auf die Idee kommen, es mit einem in Dänemark gedrehten Science-Fiction Kracher zutun zu haben. Spontan würde mir außer Das Himmelsschiff von 1918 (!) auch kein weiterer Genrevertreter aus diesem Land einfallen. Oder überhaupt bekannte Filme…

Die Zutaten stehen bereit: Ib Melchior, ein, zumindest den Interviews nach, sympathischer Mann mit einer illustren Lebensgeschichte, der schön-wahnwitzige Stories schreiben konnte. AIP, die ein paar tausend Dollar springen ließen (75.000 Dollar sollen es in diesem Fall gewesen sein). Und nicht zu vergessen unser aller liebster Monsterjäger John Agar, der es ja mit wirklich allem aufnehmen konnte (oder besser: musste). Was hat Sidney Pink, der sich dieses mal auch auf dem Regiestuhl Platz nahm, draus gezaubert?

Eine wilde Mischung, gelinde gesagt. Optisch wird’s nicht so wahnsinnig wie in Weltraumschiff mr1 antwortet nicht, alleine schon, weil man dieses mal auf das CineMagic-Verfahren verzichtete. Dafür geht’s inhaltlich drunter und drüber. Dass Skript schrieb er mit Ib Melchior, und Pink beschwerte sich später, dass dieser zu viele unnötige Dialoge reinschrieb, die die „Action“ ausbremsen würde. Nun, ich weiß natürlich nicht, wer für welche Dialoge verantwortlich ist, aber wie auch immer: da gibt’s schon was zu lachen. Aber erstmal muss gesagt werden, dass die Grundidee nicht so schlecht ist. Ok, sie wurde im Grunde auch aus dem Roman „Solaris“ von Stanislaw Lem geklaut (der später von Tarkowski verfilmt wurde – sowohl Buch als auch Film fand ich ok) – da geht’s auch um einen Planeten, wo sich Gedanken manifestieren. Bei Lem wird’s tiefphilosophisch, hier natürlich nicht, wo käme man da hin? Die Gedankenmanifestationen setzen sich hier dabei wie folgt zusammen: 20% Urängste (das Resultat sind Monster) und 80% irgendwelche nervigen Frauen für die illustre Männercrew. Besonders Agars Figur scheint, nun ja, gewisse Sehnsüchte zu haben. Dass diese Frauen-Illusionen von den Männern auch noch ernst genommen werden, ist ja schon lächerlich, noch lustiger sind aber Agars Sprüche, wenn er über irgendwelche Frauen erzählt: „Boy, was she biological. I wish I could have taught her MY kind of biology”. Ok, leider habe ich mir sonst keinen seiner Wortwitze aufgeschrieben, aber ich versichere, er gibt noch ein paar andere dieser Sorte zum Besten. Dazu gesellt sich noch ein bisschen Techno-Gebabbel, aber der pseudowissenschaftliche- und philosophische Touch hält sich in Grenzen. Bis auf einen rührseligen Spruch aus dem Off zu Anfang, gelegt über das übliche Stock-Footage irgendwelcher Raketenstarts, gibt’s in die Richtung nicht viel:

„The year is 2001. Life is changed now. The planet Earth is no longer racked by wars and threats of annihilation. Man has learned to live with himself. The United Nations is the sole governing body of the world and the great hunger now, is for knowledge."

Würd mich da ja jetzt schon interessieren, wer das fabriziert hat: Pink oder Melchior? Aber auch ansonsten ergibt hier nix Sinn! Ja tatsächlich war sogar Die Augen des Satans in sich sinnvoller geschrieben. Hier aber ergeben sich nur Logiklücken: Was will das Uranus-Gehirn überhaupt? Wieso infiltriert es die Gehirne der Crew und lässt ihre Gedanken real werden, wenn es doch nicht will, dass diese es angreifen? Wieso baut es eine Energiebarriere um ihren Landeplatz? Und wieso werden manche Gedanken real, andere aber wiederum nicht? Und wenn die Schwerkraft im All verschwindet, wieso schwebt im Raumschiff dann nur ein Apfel, aber sonst nichts??

Nun gut, Logikfehler will ich hier nicht bemängeln, aber ich will sie nun mal auch ansprechen. Nein, wenn ich’s mir so Recht überlege, dann war Melchior offenbar doch nicht so der super dolle Drehbuchautor (seine Romane habe ich hingegen nicht gelesen). Auch für eine funktionierende Dramaturgie fehlt ihm, bzw. Pink ja auch, ein bisschen das Gespür. Klar, die Crew sitzt auf nem fremden Planeten fest – und weida? Dann laufen sie ein bisschen rum, stellen sich ein paar Frauen vor und treffen schließlich auf ein Alien-Gehirn. Wobei sie das auch nicht sofort töten, weil… habe ich nicht verstanden, sie müssen erst etwas in der lokalen Dorfschmiede (von dem gedachten und daraufhin manifestierten Dorf) herstellen, das es vernichten kann! Am Anfang ist diese Prämisse durchaus interessant, weil man ja nicht weiß, was auf dem Planeten noch für Viehzeuchs lauert. Nach der Erfahrung von Weltraumschiff mr1 antwortet nicht habe ich auf ähnliche Kreaturen gehofft, aber was das angeht, hält sich Journey to the Seventh Planet überraschend zurück. Eine kurze Stop-Motion-Sequenz zeigt uns einen durchaus nett anzusehenden Ratten-Zyklopen, ansonsten grub AIP aber in ihrem hauseigenen, reichhaltigen Fundus. Und bauten ein paar Szenen aus Bertls Die Rache der schwarzen Spinne ein! Heute erst gesehen, und dann haut mit AIP den gleich nochmal vor den Latz, das nenne ich Zufall! Prinzipiell ist diese Spinne auch nicht so schlecht, nur passt das Footage nicht wirklich zur restlichen Umgebung.

Ansonsten gibt’s keine großen Effekte, aber das Auge kann sich trotzdem an den herrlich-plastischen, billigen Sets erfreuen. Pappmaché-Katakomben, ein paar bunte Tennisbälle vor nem schwarzen Vorhang als Weltraum, eine Spielzeug-Weltraumrakete und Teletubbies-Astronautenanzüge. Und wenn die Protagonisten mal nicht auf dem „echten“, „ungeschönten“ Uranus jenseits der Barriere unterwegs sind, sitzen sie in ihrem „Gedanken-Wald“. Das ist zwar nen stinknormaler Forst auf der Erde, aber irgendwie kommt da ne leicht surreale, seltsame Atmosphäre auf, die mir ganz gut gefallen hat. Bei diesem Set geht Pink auch näher an die Figuren heran, filmt mal über die Schultern und folgt ihnen, wie sie durch den Wald laufen, da fühlt man sich ein bisschen mehr „dabei“ – in den Höhlen geht das aufgrund der Enge der Sets natürlich nicht. Das hat Charme, das bringt Spaß, auch über die paar Längen hinweg – denn trotz der kürzeren Laufzeit von knapp 75 Minuten hat der Streifen auch nicht gerade ein sehr hohes Pacing. Im Grunde gibt’s nicht mehr Plot-Stationen als „Landen auf dem Uranus“ – „finden heraus, dass etwas nicht stimmt“ – „bekämpfen das Gehirn“. Ach, und wenn wir gerade bei dem Gehirn sind: Das sieht auch ganz putzig aus, mit einem einzigen großen, pulsierenden Auge. Offenbar kann es auch Leute „aufsaugen“, zumindest wird das angedeutet, denn ich weiß nicht, was sonst in der Szene passiert, in dem einer der Astronauten Off-Screen auf das Gehirn zu rennt, schreit und danach nicht mehr da ist… mir ist das vom Planeten Arous trotzdem lieber, das saß wenigstens nicht nur stumm in der Ecke. Wobei das Exemplar hier auch redet, aber dafür nur Stuss, wenn es mit ein paar drolligen Lichteffekten in die Köpfe der Crew eindringt. So auf geschwollene Art und Weise „I shall controll you!“ – interessant wäre, woher es denn überhaupt kommt! Und zum Ende gibt’s dann auch noch einen schwülstigen, melodramatischen Endsong…

Zum Cast. Was Agar angeht, muss ich hoffentlich ja nicht mehr viel sagen. Ich finde ihn wie gesagt eigentlich immer sympathisch, ein bisschen kann er einem hier leidtun. Offensichtlich hatte er auf solchen Quatsch (wer könnte es ihm verübeln) nicht die größte Lust, entwickelt aber trotz seiner dummen Figur (und ihren Sprüchen) die größte Präsenz auf der Leinwand. Gerade zu den Jahren kann man Agar bestimmt auch schlechter aufgelegt sehen, wenn man nur mal die Buchanan-Hobel mit ihm anschaut…  den ähnlich gelagerten Die Welt des Frauenplaneten von 1966, in der sich Agar auch die Ehre gibt, steht noch auf der Liste (von Amazon Prime, um genau zu sein), aber ich denke, der dürfte von den Production-Values noch schwächer sein.

Zum restlichen Cast kann man dann auch gar nicht so viel sagen, für die Verhältnisse ist er ok. Mit Peter Mönch hat sich sogar ein Deutscher reingeschlichen… wenn ich mir seinen Wikipedia-Artikel mal anschaue, war’s ja ne illustre Karriere. Vom Theater in München nach Buenos Aires (obwohl, für Deutsche ja keine so unübliche Strecke), dann für einen kurzen Zwischenstopp in eine amerikanische Drive-In Monster-Science-Fiction-Chose und dann wieder nach Deutschland, wo er sogar bei ARD-Serien spielte… der gute Mann lebt heute offenbar sogar noch. Die anderen Akteure stammen, wie Melchior selbst, auch aus Dänemark, und hatten nicht gerade internationale Karrieren, weswegen ich ihre Filme auch nicht kenne…

Fazit:

Sodala, was sagt man? Journey to the Seventh Planet ist ein optisch und inhaltlich ein abstruses Überbleibsel der 50er, das erst 1962 von AIP rausgehauen wurde. Optisch ist’s ganz nett, inhaltlich ziemlich dümmlich, aber keineswegs störend, und mit Agar haben wir einen Fan-Favoriten. Das wird kein Monster-Klassiker, aber für mich war es eine solide, kleine Entdeckung, die sich der Fan durchaus mal zu Gemüte führen kann. Agar-Fans greifen sowieso zu. 

6/10 Punkten.