Condemned to Live – Filmkritik

Original-/Alternativtitel: Verdammt Zu Leben 

Jahr: 1935

Regisseur: Frank R. Strayer

Schauspieler: Ralph Morgan (Paul Kristan), Maxine Doyle (Marguerite), Pedro de Cordoba (Anders), Mischa Auer (Zan)  

Vorwort:

Wenn es um wirklich alten Horror geht, kommt hier ironischerweise meistens der aus den 40er Jahren vor. Doch das war ja eh „nur“ die silberne Ära des klassischen Horrors. Gut, bisher habe ich mich schändlicher Weise noch gar nicht mit den Universal-Klassikern auseinandergesetzt (lediglich mit dem Semi-Klassiker Murders in the Rue Morgue). Das tue ich auch heute (noch) nicht, aber wir kommen den Universal-Filmen heute wenigstens insofern nahe, da der heutige Film einige Sets mit diesen teilte…

Inhalt:

Irgendwo in einer dunklen Höhle in Afrika: Während draußen wild die Trommeln geschlagen werden, hat sich im Inneren eine kleine Gruppe verschanzt, darunter eine schwangere Frau. Die Indigenen betreten diese verfluchte Höhle nicht, erklärt einer der Anwesenden. Bald zeigt sich auch wieso: Die Schwangere wird von einer Fledermaus gebissen…

Jahre später, irgendwo in einem anderen Land. In einem kleinen Dorf geschehen schreckliche Morde. Blutleere Leichen werden in einer Höhle am Meer gefunden. Auch der lokale Professor Kristan, der jedem selbstlos auf alle erdenklichen Weisen helfen will, weiß nicht weiter. Die Dorfbewohner jedoch verdächtigen bald seinen buckligen Helfer Zan.

Währenddessen will die junge Marguerite Professor Kristan heiraten – das sieht ihr junger Freund David nicht gerade gern. Die Morde gehen weiter und die Dorfbewohner werden immer nervöser. Als schließlich der alte Freund und Ziehvater von Kristan, Anders, auftaucht, klärt sich alles langsam auf: Es ist der Professor, der sich bei Nacht verwandelt und sich danach nicht mehr an seine blutigen Taten erinnern kann…

Besprechung:

Condemned to Live (der Titel wird sogar an einer Stelle im Film genannt), dürfte am besten mit den Worten „Universal auf Sparflamme“ bezeichnet werden. Die Billig-Klitsche Invincible Pictures Coroporation hing sich hier nur allzu offensichtlich an den beliebten (Universal)-Horrorfilmen an, die 1935 sowieso mit Filmen wie Frankensteins Braut, Der Rabe oder Mark of the Vampire ihren Höhepunkt erlebten. Da liefert Condemned to Live alles, was man so kennt und gerne hat: Einen Mob wütender Dorfbewohner, der sich alle halbe Stunde mit Fackeln zusammenfindet und am Ende jemanden lynchen will; ein Buckliger; ein Professor, der ein düsteres Geheimnis hat. Und dass der Film gleichzeitig auch wie ein Universal-Film aussieht, nur halt deutlich billiger und offensichtlich schneller und ohne Feinschliff heruntergekurbelt, liegt auch daran, dass man gleich Sets vom berühmten Horror-Studio auslieh, bzw. eher vom B-Film The Vampire Bat. Schon dieser hatte sich 1933 einige Sets von Universal geborgt, namentlich das berühmte Europäische-Dorf-Set, und Condemned to Live bediente sich nun zusätzlich noch an der Garderobe aus Frankensteins Braut.

Das sind natürlich schon Pluspunkte frei Haus und freilich keine Ausnahme unter den B-Produzenten dieser Tage, besonders Invincible Pictures Corporation, die zwischen 1932 und 1938 insgesamt 28 Filme (gerne mit Mystery-Anstrich) raushauten, griffen gerne auf Universals Requisiten zurück (so verwendete man für Death from a Distance 1935 etwa das Teleskop aus dem Karloff-Lugosi-Vehikel Tödliche Strahlen). Solange nicht alles aus einem anderen Film stammt und man keine Special-Effects recycelt (das wäre nämlich in der Tat Betrug am Zuschauer), kann ich mit dieser eingeschränkten Art des Ausleihens gut leben.

Das Ganze mag also erstmal wie eine 0815 Vampir/Fluch-Geschichte anhören, die nicht groß aus der Masse heraussticht. Ok, Condemned to Live sticht tatsächlich nicht aus der Masse heraus, dazu ist die Umsetzung dann doch zu billig, hölzern und undynamisch, aber drehbuchtechnisch ließ man sich zumindest ein bisschen was einfallen, um dem geneigten Zuschauer etwas Neues zu bieten. Die „große“ Überraschung ist sicherlich, dass der Film den „Vampirismus“ eher als Krankheit ansieht und damit die Lykanthropie von Universals Der Wolfsmensch von 1941 etwas vorwegnimmt (wobei 1935 schon Der Werwolf von London herauskam, was sicherlich auch kein Zufall war – auch da wollte sich Condemned to Live bestimmt dranhängen). Dementsprechend spielt sich die ganze Chose arg melodramatisch und der arme, geschasste Professor ist praktisch eine Version von Larry Talbot, der sich und sein Schicksal bemitleidet und nicht damit klarkommt, im „Wahn“ bzw. im Zustand einer nicht-Kontrollierbarkeit Morde begangen zu haben. Ohnehin hat der Film auch mehr gemein mit einer Werwolfsgeschichte als mit einer Vampir-Story. Zwar tötet der Professor seine Opfer mittels Bisses in den Hals, aber sieht man das eh nicht und zweitens wirkt seine Verwandlung bei Nacht auch eher wie die eines Werwolfs oder von Dr. Jekyll und Mr. Hyde (optisch tut sich bei ihm allerdings nix; er grunzt nur etwas und macht ein böses Gesicht). Trotzdem, 1935 war zumindest das noch kein alter Hut, sondern ein durchaus frischerer Ansatz.

Gleichwohl kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Condemned to Live doch arg lahm daherkommt, gerade im Mittelteil tut sich nichts Interessantes (manch einer auf Letterboxd mein gar, es tue sich im gesamten Film nichts von Interesse) und gerade der Aufhänger in Afrika (von dem man außer der Höhle kostenbedingt natürlich nichts sieht) wirkt sehr underdeveloped und würde fast eine Story mit mehr Potenzial liefern. Was machen die drei da in der Höhle eigentlich? Wie sind sie dahingekommen und wieso werden sie von Ureinwohnern verfolgt? Klingt nach exotischem Abenteuer-Horror, doch erklärt wird’s eben nicht.

Die Zeit zwischen den eigentlich beiden einzigen erwähnenswerten Momenten, der Szene in der Höhle und der Auflösung am Ende, wird mit melodramatischem Gequatsche und einer völlig drögen Dreiecksgeschichte zwischen Professor Kristan, Marguerite und David gefüllt. Dass die Charaktere geradezu lächerlich holzschnittartig sind, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Professor Kristan ist die Wohlfahrt in Person. Eine gute Seele, die jedem immerzu unentgeltlich hilft, und nur aufgrund seiner „Krankheit“ zum „Fiend“, wie es im Film immer heißt, wird. Marguerite ist die naive, liebeswerte junge Frau, die dem Professor völlig ergebene ist (obwohl dieser viel älter ist; aber bei so viel Hilfsbereitschaft kann sie nun mal nicht widerstehen). David, der Marguerite eigentlich heiraten will, ist… einfach da, ohne irgendeine Funktion für den Plot zu erfüllen. Professor Kristans Freund Anders kommt dann im letzten drittel hinzu, um das Ganze schneller zur Auflösung zu bringen und Zan, der obligatorische Mann mit dem Buckel, ist eben der arme Missverstandene, der seinem „Meister“ völlig ergeben ist. Dass die Dialoge dann arg gestelzt wirken und die Sprache sehr theaterhaft und hochgestochen wirkt, macht es für die Figuren nicht gerade besser. Sowas kann funktionieren, wenn der Rest passt, hier aber dient es nicht gerade dazu, das Pacing oder die Dynamik zu verbessern.

Erwähnenswert ist allerdings die Frau, die das Ganze schrieb. Jawohl, es gab auch Frauen, die Horrorschmarrn zu Papier bringen konnten, in diesem Falle war es Karen DeWolf, die öfter mit Regisseur Frank R. Strayer arbeitete, später u.a bei Columbia für ein paar Filme der Comedy-B-Filmserie Blondie und ziemlich vielseitig war. 1954 wurde sie allerdings auf die schwarze Liste gesetzt, als sie mit dem Western Silver Lode ziemlich unverhohlen McCarthy kritisierte (einer der Antagonisten dort hat sogar denselben Namen). Danach war sie nur noch für das Fernsehen tätig.

Wie bereits angesprochen, hat der Film für einen B-Film dank der Leihgaben größerer Studios durchaus annehmbare Sets. Das Innenleben der Häuser passt zur unbestimmten, europäischen Zeit, in der der Film stattfindet. Allerdings wird das Universal-Straßen-Set in den wenigen, starren Außenaufnahmen überhaupt nicht ausgenutzt (insofern es stimmen sollte, dass man über dieses Set verfügte, die Behauptungen können ja auch mal falsch liegen). Hinzu kommen noch ein paar langweilige Außenaufnahmen vom Wald und von der Höhle bei der Küste; kein Wunderwerk, zumal nicht besonders gekonnt in Szene gesetzt, aber besser als bei den zeitgenössischen Monogram-Filmen (was freilich auch nicht schwer ist).

Regisseur Frank R. Strayer tut nun auch nicht allzu viel, um Dynamik in die Plotte zu bringen. Manchmal ringt er sich noch zu einer „Shot-Gegenshot“-Inszenierung durch (was man in der Poverty-Row zu dieser Zeit ja auch nicht immer sah), manch andere Szenen wirken aber auch wieder wie ein abgefilmtes Theaterstück, auch wegen den beengten Kulissen. Ansonsten fallen keinerlei andere Ideen auf, gerade bei den „Suspense“-Momenten wäre da mehr gegangen. Aber Strayer hatte bei Horrorfilmen wohl eh kein Glück, denn auch die von ihm stammenden The Vampire Bat sowie The Monster Walks gelten nicht gerade als Klassiker…

Kommen wir noch zu den Schauspielern, wo es auch keine Ausreißer zu vermelden gibt. Ralph Morgan (spielte später noch eine kleine Rolle in Night Monster oder im Poverty-Row Horror The Monster Maker) scheint sich immerhin Mühe in der Figur des Professors mit den zwei Seiten zu geben, dennoch hätte gerade diese Rolle mehr Charisma benötigt, um so richtig zu punkten (wenn man einen tragischen Professor braucht, nimmt man Karloff, wenn man einen Mad-Scientist braucht, nimmt man Lugosi, wenn man einen sinistren-diabolischen Professor braucht, Atwill, so meine Devise). Maxime Doyle als Marguerite (u.a im Lugosi-Serial SOS Coastguard zu sehen) … naja, ziemlich hölzern, aufgesetzt, aber sie hat eben auch absolut nix von Belang zu tun, hatte auch keine gerade berauschende Karriere. Mischa Auer, der 1937 sogar eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller einheimsen konnte und sich später auf Filmkomödien konzentrierte, ist als Buckliger ziemlich austauschbar und kommt nicht eine Meile an Dwight Frye heran – in Strayers schon erwähntem The Monster Walks wurde er übrigens seeehr prominent auf dem Plakat genannt. Der Rest des Casts ist nicht erwähnenswert.

Kommen wir dann noch zum Print. Condemned to Live liegt mir als Bonusfilm in Ostalgicas The Vampire Bat aus der Classic Chiller Collection vor. Eine schöne, wenn auch teure (inzwischen für 36 Euro das Stück mir auch zu teure) Sammlerreihe. Da hat Ostalgica ein Fledermaus-Pack geschnürt, denn der andere Bonusfilm ist Lugosis The Devil Bat. Eine andere Edition kam in Deadlines Scare-Ific Reihe heraus. Da der Film eh in der Public-Domain liegt, sich niemand je die Mühe gemacht zu haben scheint, den Film zu restaurieren, und er eh nur in Mill-Creek-Boxen und in solchen Public-Domain-Formaten verscherbelt wird, darf man selbstverständlich nicht zu viel erwarten. Bild & Ton sind alles andere als gut, aber noch gourtierbar.

Fazit:

Condemned to Live ist letztendlich ein Film, dessen Prämisse sich spannender lesen, als die Umsetzung. Zwischen interessanten Ideen und schon damaligen Klischees ists ein B-Horrorfilm, der nur den Komplettisten ebensolcher empfohlen sein soll.

5/10 Punkte.