Original-/Alternativtitel: Geheimbund Honkong / Terror of the Tongs

Jahr: 1961

Regisseur: Anthony Bushell

Schauspieler: Christopher Lee (Chun King), Geoffrey Toone (Kapitän Sale), Yvonne Monlaur (Lee)

Vorwort:

Ich glaube, ich muss eine neue Kategorie einführen, nämlich: „Europäer spielen böse Chinesen“. Natürlich ist auch Terror der Tongs dieser Kategorie zuzuordnen, ein bisschen ausführlicher hatte ich da ja schon in der Review zu Die Rache des Dr. Fu Manchu evaluiert. 1961 sollte Lee aber schon mal für die Rolle üben, nämlich eben in unserem heutigen Corpus Delicti. Im Grunde ist es auch ein Fu-Manchu, denn erneut gibt Lee den grausamen chinesischen Superbösewicht. Der einzige Unterschied: Er nimmt es nicht mit dem Scotland-Yard auf und die Plotte spielt 1910, nicht in der (relativen) Gegenwart. Der letzte Fu-Manchu Teil hatte mir ja nicht so wirklich gut gefallen, aber dennoch: Vielleicht überzeugt Terror der Tongs ja dennoch – immerhin ist es ja auch ein Hammer-Film!

Inhalt:

Der Kapitän Sale befindet sich mit seinem Handelsschiff auf dem Weg zur britischen Kolonie Honkong. Mit an Bord ist der Chinese Konfuzius, der ihn bereits vor dem „Terror der Tongs“ warnt – ein Geheimbund, der alle illegalen Geschäfte in der Metropole und auch im chinesischen Festland abwickelt. Der Kapitän tut dies als Übertreibung ab, doch er muss bald die echte Gefahr erkennen, denn sobald Konfuzius das Schiff verlässt, wird er von einem verrückten Chinesen getötet. Was Sale nicht weiß: Konfuzius war Mittelsmann für den Widerstand gegen die Tongs und sollte diesem eine Nachricht zu kommen lassen. Diese versteckte er jedoch in dem Buch, das er Sales schenkte – und dieser gibt es wiederum an seine Tochter weiter.

Indessen ist Chun King, der Anführer der Tongs in Honkong, bereit, jeden Preis zu zahlen, um die Nachricht zu finden. Kurzerhand lässt er Sales Tochter töten – und dieser kennt daraufhin nur noch ein Wort: Rache! Schritt für Schritt kommt der Chu King näher, nimmt Kontakt zum Widerstand auf und macht auch mit Lee Bekanntschaft, die in den Fängen der Tongs gefangen scheint...

Besprechung:

Ja, tatsächlich: Terror der Tongs ist kein Weitwurf, aber trotzdem ein nettes kleines Filmchen, obwohl er im Grunde die selbe Plotte hat wie später die Fu-Manchu Filme hat. Warum Terror der Tongs dann trotzdem besser ist (zumindest besser als Teil zwei und Teil drei der Fu-Manchus), hat mehrere gute Gründe, die mir hier vorgehalten wurden. Einer der großen Pluspunkte liegt aber freilich auch nicht am Drehbuch, sondern einfach an der typischen Hammer-Ausstattung. Das Honkong der 1910er Jahre ist einfach viel schöner, als irgendeine chinesische Burg im Hinterland der 60er wie bei den Fu-Manchu-Filmen. Ausstattungstechnisch ließ sich Hammer nicht lumpen und zusammen mit den satten Technicolor-Farben ergibt das einfach ein wohliges Feeling. Die Sets sind zwar eher klein und sooo viele gibt’s davon nun auch nicht, aber es gibt immer Details für das Auge: Ob beim Hafen, in irgendeiner dreckigen chinesischen Hafenspelunke oder einem kleinen chinesischen Laden. Gegenüber den Fu-Manchu-Filmen ist das schonmal ein wirklich dicker Pluspunkt. Das konnte Hammer einfach und es ist dahingehend auch eine nette Abwechslung zu den üblichen Gothic-Horror Set-Pieces.

Drehbuchtechnisch war der Streifen damals vielleicht sogar noch origineller, aus heutiger Sicht kennt man es selbstredend schon zur Genüge – zumindest, wenn man die Fu-Manchu Teile kennt. Hammer hatte die Grundidee eines bösen Geheimbunds in einer Kolonie zuvor aber schon einmal probiert, nämlich in schwarz-weiß in Stranglers of Bombay von 1959. Es steht geschrieben (im Internet und so), dass Terror der Tongs ein Remake sei und das kann man durchaus so sehen. Wie genau sich die beiden Filme aber gleichen, kann ich jetzt nicht beurteilen, da ich an Stranglers of Bombay jetzt keine so großen Erinnerungen mehr habe – außer, dass er höchstens mittelmäßig war.

Das Skript von Hammer-Standardschreiber Jimmy Sangster kann schnell abgehandelt werden. Die Tongs sind ein Geheimbund in Honkong, die den armen Bewohnern jeden Cent (oder was auch immer damals da die Währung war) abpressen und jeden, der aufmuckt, sofort um die Ecke bringen. Natürlich legen sie sich irgendwann aber mit den Falschen an – nicht mit der englischen Krone, sondern mit einem einzigen britischen Kapitän irgendeines Handelsschiffs. Mehr muss man von der Story auch nicht wissen, um das Ende zu erahnen. In diesem Falle übernimmt Jackson Sale praktisch den Part von Nayland Smith aus den Fu-Manchu-Teilen und übernimmt die „Recherche“-Arbeit (oder besser: er prügelt sich durch die Gegend). Gegenüber den Fu-Manchu-Teilen hat Terror der Tongs auch den Vorteil einfach viel zügiger zu sein. Es ist vielleicht, trotz der kurzen Laufzeit von knapp 75 Minuten, keine Tempogranate, weil es eben keine wirklich speziellen Ideen gibt, aber es ist deutlich besser als 95 Minuten bei jedem Fu-Manchu Teil (beim dritten Teil war das schon teilweise enorm zäh).

Außerdem bietet das Drehbuch hinsichtlich der Zeigefreudigkeit, im Kontext des Baujahrs, auch einige Überraschungen. Ich hätte zum Beispiel wirklich nicht erwartet, dass die Tongs Sales Tochter On-Screen abstechen – dass sie sie entführen vielleicht, aber dass das arme Kind direkt abgemurkst wird, das war für 1961 schon ungewöhnlich. Ansonsten gibt’s auch noch eine Szene in Chung Kings Geheimzentrale (das gleichzeitig als Opiumhölle/Spielkasino/Folterkammer Verwendung findet), die Zeigefreudiger ist, als man es 1961 erwarten dürfte. Ansonsten bleibt alles beim Alten: Lee als gediegener Bösewicht, Sale ist sein Gegenpart. Und ja, auch der Rassismus ist selbstredend vorhanden, fällt hier aber noch mehr als bei den Fu-Manchu Filmen auf. Nicht, dass Terror der Tongs „rassistischer“ wäre, aber die Masken, meine Güte, die Masken sind hier einfach schlechter. Lee kann als Chinese ja meinetwegen noch durchgehen, aber manche der europäischen Darsteller sehen keineswegs asiatisch aus. Teilweise wusste ich nicht mal, ob sie nun Chinesen oder Europäer sein sollten. Das beste Beispiel ist Sales Verbündete und alte Freundin im Geschäft, die einen typischen chinesischen Mantel trägt, aber immer noch komplett wie eine Europäerin aussieht. Aber geschenkt.

Tatsächlich scheint hier und da aber sogar etwas Kolonialismuskritik durchzuscheinen. Als Lee (nicht der Christopher, sondern die Frau) beispielsweise Sale ihr Leid schildert. Sie wirft ihm vor, erst etwas gegen den Terror zu unternehmen, als es ihn persönlich betrifft, ansonsten wäre nichts passiert – was ja auch der Wahrheit entspricht. Aber das ist nur eine kleine Ausnahme. „Lustig“ ist ja, dass alle Chinesen, die irgendwie eine Dialogzeile haben (die einzige Ausnahme ist Mr. Konfuzius (haha) zu Anfang), natürlich obligatorisch von Europäern gespielt werden. Sobald die Chinesen aber zu Statisten werden, können sie ruhig auch von Chinesen gespielt werden. Wahrscheinlich ging Hammer-Chef Carreras dafür einfach ins nächste China-Restaurant und heuerte dort die Kellner an – das wurde ja schon für Yeti – der Schneemensch gemacht. Ebenfalls schade ist, dass man den chinesischen Gegenpart zu den Tongs, den Widerstand könnte man sagen, nicht wirklich erklärt bekommt. Sie sind halt einfach da, wie sie sich formieren, wird aber nicht genau erklärt. Einzig durch Kapitän Sale können die Tongs gestoppt werden – ein Europäer besiegt also mal eben einen in ganz China agierenden Terrorbund zu stoppen. Ich halte den Begriff „White Saviorism“ ja für absoluten Schwachsinn, aber hier könnte man den tatsächlich mal anbringen.

Und da hört der Moralapostel noch nicht auf: Kapitän Sales ist nämlich im Grunde ein ausgesprochen unsympathischer Charakter, obwohl er der Held ist. Erstens: Dass seine Tochter ermordet wird scheint ihn nicht zu interessieren, zumindest sehe ich da wirklich absolut keine Emotion. Der Mord an seiner Tochter ist einfach nur ein drehbuchtechnisches Mittel, verhilft dem Charakter aber zu keinerlei Tiefe. Und Zweitens: Dass Sale mehrfach irgendwelche armen Chinesen sofort verprügelt und bedroht, weil sie nicht sofort über die Tongs herausrücken, macht ihn auch nicht charismatischer. Ohnehin sind die Charaktere natürlich 0815, das gilt auch für Sales Love-Interest Lee. Die ist wirklich der Inbegriff einer hilflosen Frau. Sie hängt sich bei Sales sofort an und dient nur dazu, gerettet zu werden – obwohl, einmal rettet sie wiederum Sale und schlägt einen Tong-Mann ohnmächtig. Lustig ist ihre Begründung: Weil sie Sale so gerne hat, obwohl sie ihn in der Szene gerade zum ersten mal sieht und keine Ahnung hat, was er tut oder was er will.

 Die Regie-Leistung von Anthony Bushell, der hauptsächlich als Schauspieler aktiv war, sind gar nicht mal schlecht. Da ist einigermaßen Tempo und Dynamik drin und es gibt ein paar effektive Close-Ups.

Zum Cast: An der Spitze steht gewiss Christopher Lee. Ehrlich gesagt empfand ich seine Performance hier sogar als etwas lebhafter als die in den Fu-Manchu-Filmen, wo er von der Rolle wahrscheinlich ziemlich schnell gelangweilt wurde. Es ist mal wieder eine Wonne, ihm zuzusehen, wie er Befehle gibt oder Pläne ausheckt. Tatsächlich erhielt er hier von Hammer sogar das erste Mal Top-Billing.

Eigentlicher Protagonist ist aber Kapitän Sales, der von Geoffrey Toone (der nun wirklich keine glorreiche Karriere hatte. Und was Obskuritäten angeht: Er spielte sogar mal Ribbentrop im sehr unbekannten The Death of Adolf Hitler...). Wie bereits beschrieben zeigt er kaum Emotionen, hat immer den gleichen Gesichtsausdruck drauf, aber das Skript gibt ihm auch kaum Fleisch für seine Figur. Die Geschichte hätte mit einem besseren Protagonisten definitiv mehr gehabt. Ähnlich sieht es bei Yvonne Monlaur als Lee aus. Chinesisch sieht sie nicht wirklich aus (außerdem ist ihre Kleidung auch viel zu modern) und sie muss nicht mehr tun als abgehackt zu reden, Sale schöne Augen zu machen und einen melodramatischen Tod zu spielen. Ihre bekannteste Performance hatte sie ebenfalls bei Hammer in Brides of Dracula.

Gesichtet wurde, wie bei Fu-Manchu, die Blu-Ray aus dem Hause Indicator, was auch hier für eine schöne Qualität sorgt. In Deutschland ist der Film im Heimkino meines Wissens nach noch nicht erscheinen, aber da wird sich Anolis irgendwann bestimmt drum kümmern.

Fazit:

Terror der Tongs ist also kein großartig-spannender Film, den man unbedingt gesehen haben müsste, aber wenn man zumindest mit dem ersten Fu-Manchu-Teil etwas anfangen konnte, kann man mal reinschauen.

6,5/10 Punkten.