Original-/Alternativtitel: Strange Confession / The Missing Head

Jahr: 1945

Regisseur: John Hoffman

Schauspieler: Lon Chaney Junior (Jeff Carter), Brenda Joyce (Mary Carter), Roger Graham (J. Carrol Naish), Lloyd Bridges (Dave)

Vorwort:

Es ist schon seltsam, dass ich ausgerechnet mit dieser Filmkritik wieder anfange. Die letzte Filmkritik kam vor fünf Monaten und auch auf dem Kanal kamen eigentlich nur noch Reuploads. Warum, das muss hier jetzt nicht unbedingt erörtert werden. Jedenfalls habe ich monatelang keine Filme gesehen (bzw. sehen können, unfreiwillig) und nun endlich bin ich zu meinem liebsten Hobby zurückgekehrt und ich hoffe, dass der Enthusiasmus nach und nach ebenfalls zurückkehren wird. In Zukunft werden also wieder mehr Kritiken kommen!

Eigentlich hatte ich ja vor, mit irgendeinem Klassiker „zurückzukehren“. Den ersten Film, den ich mir nach der „Abstinenz“ angeguckt habe, war Island of Terror von 1966 mit Peter Cushing – irgendwie ein guter Neuanfang. Danach kamen zahlreiche Film-Noir und mit dem heutigen Film „nähere“ ich mich dem Horror-Genre, eigentlich ja der Hauptbestandteil dieser Seite und des Kanals, erneut an. Tja, was habe ich mir spontan rausgesucht für die erste Kritik seit Monaten? Genau, ein vergessenes B-Filmchen von Universal aus dem Jahre 1945, der da heißt… Strange Confessions.

Inhalt:

Jeff Carter (Lon Chaney Jr.) testet einen Impfstoff gegen Influenza. Er arbeitet für den Tycoon Roger Graham (J. Carrol Naish), der sich Jeffs Entdeckung als Verdienst anrechnet und mehr auf Profit als auf Sicherheit bedacht ist. Jeff kündigt und wird von seinem Chef auf die schwarze Liste gesetzt. In Armut lebend kommt Jeff mit seinem Projekt allerdings nicht wirklich voran, und als ihn seine Ehefrau Mary (Brenda Joyce) ihn dazu drängt, ein neues Angebot von dem nun höflichen Graham anzunehmen, tut er es. Doch Graham spielt natürlich nur ein doppeltes Spiel, das böse Enden kann…

Besprechung:

Nun denn, da muss ich dieses mal wieder ein bisschen ausholen, denn Strange Confessions ist Teil der sogenannten „Inner Sanctum“-Serie, die Universal Mitte der 40er Jahre, also genau zum zweiten Horror-Hype, ins Rennen schickte. Wobei „Horror“ eigentlich nicht das richtige Wort ist. Gezählt werden die sechs Streifen meistens aber trotzdem zum Universal-Horrorkanon, nicht zuletzt wegen dem Mitwirken von Lon Chaney Junior und den Titel, die doch sehr an Horrorstories erinnern. Basieren tut’s auf der gleichnamigen Radioserie, an der sich Universal die Rechte sicherte. Hörspiel-Serien, heutzutage ja eigentlich gar nicht mehr existent im Mainstream, dienten damals ja öfter mal für Filmadaptionen (siehe z.B den Chandu-Film bzw. das Serial). Die Sendung wurde auch für Bücher verwendet und zwischen 1943 und 1945 produzierte Universal insgesamt sechs Teile, und da ich glücklicherweise die preiswerte DVD-Box mein Eigen nennen darf, kann ich mir alle nach Lust und Laune anschauen. Die Titel da wären Calling Dr. Death, Weird Woman, Dead Man’s Eyes, The Frozen Ghost, Strange Confession sowie zu guter Letzt (und wohl auch der seltsamste Titel) Pillow of Death. Tja, und zum heutigen Film, Strange Confession, besitze ich sogar das Originalplakat der Real-Art Neuaufführung von Anfang der 50er unter dem Titel The Missing Head.   

Begonnen hatte ich die Reihe allerdings mit dem ersten Teil, und zwar Calling Dr. Death. Eigentlich hatte ich zu dem schon eine Besprechung schreiben wollen, doch da ich ihn nun eher maximal mittelmäßig fand, habe ich dies unterlassen. Besonders hohe Hoffnungen in Strange Confession hatte ich deswegen nicht, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Vielleicht ist’s nur ein Ausreißer, denn Strange Confession wird vielfach als der beste Teil der Reihe genannt.

Im Grunde sind es nämlich, wie gesagt, keine Horrorfilme. Es sind Noir-Mystery-Thriller – also düstere Geschichten um Verrat, Totschlag usw. Das Bindeglied, das die Reihe zusammenhält, ist der gute alte Lon Chaney Junior. Seinen „Schwanengesang“ bzw. seinen eher traurigen Abschied aus der Filmwelt hatten wir in einer der letzten Reviews ja erst mit Al Adamsons Trasher Dracula Vs. Frankenstein. Da war der gute „Lonster“, wie manche Fans ihn zu nennen pflegen, ja schon schwer von seiner jahrelangen Alkoholsucht gezeichnet und hatte nicht mal eine Sprechrolle (man sieht die Ähnlichkeit zu Lugosi – nur das dessen Trashfilme mit Ed Wood um ein Vielfaches berühmter sind). Naja, jedenfalls mag ich Lon Chaney Junior inzwischen durchaus gerne. 1941 hatte er seinen Durchbruch mit Der Wolfsmensch und war fortan bei Universal der Mann, wenn es darum ging, irgendwelches Make-Up von Jack Pierce zu tragen (er spielte u.a auch die Mumie und Frankensteins Monster – allerdings ohne, meiner Meinung nach, bleibenden Eindruck). Persönlich gefiel er mir in Frankenstein Meets the Wolf Man von 1943 sehr gut, ansonsten hielt seine Glanzzeit aber nur bis zu seinem Aus bei Universal 1946, als der Horror-Hype abebbte. Von da an musste sich der Sohn des legendären Lon Chaney (manch böse Stimmen behaupten, ohne seinen berühmten Vater hätte Junior gar keine Chance im Business gehabt) hauptsächlich mit B-Filmen, u.a in Mexiko, über Wasser halten – mit ein paar Kleinrollen in A-Filmen ausgenommen (u.a in High Noon).

Bei Universal war er freilich aber auch kein allzu großer Star. Unbedingt wählerisch konnte er nicht sein, und obwohl er gutes Geld verdiente, war später wieder Karloff Universals Nr. 1, was Horror-Sachen anging. Nun, 1943 steckte man den Lon dann schließlich ins Inner Sanctum.

Wie gesagt – den ersten Teil der Reihe fand ich eher dröge und wenig spannend. Im Grunde eine routiniert abgespulte Noir-Thematik mit ein bisschen Mystery angehaucht. Bei Strange Confession hält man sich mit „Horror“ bzw. „Mystery“ diesmal aber so gut wie komplett zurück – erst ganz am Ende gibt’s ein bisschen „Horror“, wenn man es denn so nennen möchte. Es ist ein simpler, aber durchaus effektiver Thriller, der gute Ideen in 60 Minuten ansprechend verpackt, so lobe ich mir das. Keine Längen, einfach geradeheraus eine interessante Geschichte ohne unnötigen Ballast. Angesichts der Zusammenfassung könnte man ja noch denken, es geht wieder mal in eine Mad-Scientist Richtung, aber stattdessen bekommt man für lange Zeit eher ein Drama spendiert. Der arme Chemiker, der sich für die Menschheit aufopfern will gegen den fiesen, kapitalistischen Unternehmer. Klar, Klischees, aber das Ganze ist wie gesagt gut umgesetzt, und zwar von einem gewissen M. Coates Webster, der bei Republic Pictures vor allem Western am Fließband schrieb. Bei Universal brachte er noch deren letzten Horror-„Horrorklassiker“ zu Papier (The Brute Man), dann noch Jungle Capitve und William Castles Regiedebüt Klondike Kate. Die typische „Kleiner Mann gegen schleimigen, reichen Sack“ Geschichte peppt er mit der netten Idee einer tödlichen Medizin auf und bei 60 Minuten hat man sowieso nicht viel Zeit, um sich aufzuhalten (was manche Filme aus jenen Jahren ja trotzdem nicht aufhielt, Zeit totzuschlagen).

Hier aber ist’s keine Sekunde langweilig. Chemiker Jeff Carter dient gut als Sympathieträger, ebenso dessen Frau Mary, und bei Roger Graham wartet man natürlich nur darauf, dass seine Intrige endlich scheitert und dass er seine wohlverdiente Quittung erhält. Dadurch, dass die Geschichte retroperspektiv von Carter einem Anwalt erzählt wird, ist’s klar, dass es eine Eskalation gegeben haben muss (und dass der Alternativtitel The Missing Head lautet, macht’s noch spannender). Es dauert etwas, bis man überhaupt weiß, in welche Richtung es geht, da hält sich der Streifen noch einige Möglichkeiten zum Mitdenken fein auf. Erst im letzten Viertel wird es „ernst“ und dann hält man sich bis zum Finale nicht mehr lang auf. Insgesamt hat’s mir überraschend viel Spaß gemacht, zu erfahren, wie es mit den Figuren weitergeht.

Und auch optisch liefert der Film als B-Produktion jener Tage ab. Calling Dr. Death fand ich optisch ziemlich ermüdend – der spielte hauptsächlich in langweiligen, spartanisch eingerichteten Räumen. Hier gibt’s mehr Abwechslung – ärmliche, typische US-Mietwohnungen der Großstadt, feine Vorstadtreihenhäuser, Labore und ein kleines bisschen Dschungel-Feeling, wenn Carter nach Südamerika reist. Zudem ist das Ganze auf kompetent gefilmt, aber wie sollte es bei Universal auch anders sein. John Hoffman fing als Special-Effects Beauftragter an und arbeitete auch als Editor, bevor er Mitte der 40er nur eine Handvoll Spielfilme inszenierte (und Strange Confession dürfte da sogar noch der „Bekannteste“ sein). Klar, bei 14 Tage Drehzeit und keinem besonders hohem Budget standen ihm keine Welten offen, aber er bringt Tempo in die Sache und setzt hier und da in den wichtigen Momenten einige Akzente und setzt das Finale nett in Szene.

Zu den Schauspielern. Zu Lon Chaney Junior habe ich mich ja schon ausgiebig geäußert. Bei Universal spielte er wohl hauptsächlich, wie es mir scheint, „weinerlich-zurückhaltende“ Figuren á la Talbot den Wolfsmenschen. Bei Calling Dr. Death ging er mir ehrlich gesagt mit seiner Art auf die nervend, immer herumzuflüstern, traurig-nachdenklich dreinzuschauen und überhaupt nicht aus sich herauszugehen. Hier spielt er ähnlich, aber zum einen passt es besser zu seiner Figur und zweitens fühlt es sich im Kontext deutlich geerdeter an (außerdem fehlen seine nervigen Off-Kommentare, die in Calling Dr. Death seine Gedanken sein sollten). Auch die Emotionen stellt er annehmbar da und den Wahnsinn am Ende kann er unterschwellig gut darstellen. Ebenso der Fall ist es bei seiner Frau Brenda Joye, die sich auch in Pillow of Death noch die Ehre gab, ansonsten aber nicht sonderlich auffällt. Ebenfalls eine schöne Performance liefert J. Carroll Naish ab, der ja ebenfalls seinen letzten Auftritt in Dracula Vs. Frankenstein hatte. In Calling Dr. Death war er als Kommissar ganz ok. Hier ist er diesmal der schleimigen Magnaten Graham und, nicht klischeehaft Böse, sondern glaubwürdig. Und ein kleiner Auftritt von Lloyd Bridges, der immer kleine Pluspunkte bringt, sei auch noch erwähnt.

Was allerdings schade ist, dass ist mal wieder der Hays-Code. Wäre der Film Anfang der 30er Jahre produziert worden, hätte man bestimmt noch den Kopf von Graham in Carters Tasche gezeigt… hier bleibt dieses Detail natürlich nur angedeutet, ebenso wie der Mord an sich.

Die Qualität des DVD-Sets von Mill Creek (die ja nicht gerade den besten Ruf haben, was die Qualität ihrer VÖs angeht) ist überraschend gut. Das Bild ist scharf, der Ton sehr gut verständlich. Auf Deutsch ist (natürlich, will man fast sagen) keiner der Inner-Sanctum Filme erschienen.

Fazit:

Strange Confession ist ein feiner, kleiner Noir-Thriller, der mir durchaus gut gefallen hat. Lon Chaney Junior ist gut, der Streifen ist gut umgesetzt und ich freue mich nun doch wieder auf die anderen Teile der Reihe. Und ohnehin ist’s passend, denn ich habe mir fest vorgenommen, nun auch mal Film-Noirs aus der Zeit zu besprechen…

7/10 Punkten