Jahr: 1976
Regisseur: Norman J. Warren
Schauspieler: Michael Gough, Martin Potter, Candace Glendening, Barbara Kellerman
Vorwort:
Abwechslung ist das A und O im Horrorfilm (zumindest sage ich mir das immer) und deswegen habe ich für die nun folgende Kritik einen kleinen Sprung von ein paar Jahrzehnten gemacht. In letzter Zeit habe ich vor allem 30-40er Jahre Horror besprochen. Nun, Horror ist’s heute natürlich auch, dafür aber mal welcher, der etwas „Moderner“ ist. Nun, ob man ein B-Vehikel aus den 70er Jahren modern findet oder nicht, sei dahingestellt, aber wie gesagt, es ist Abwechslung.
Zudem habe ich nun auch die Möglichkeit, mich dem Okkult-Horror bzw. Hexenfilm zu widmen. Der heutige Kandidat SATANS SLAVE ist nämlich, wie der Titel nahelegt, ein ebensolcher. Ende der 60er war das nun so: Die 68er Bewegung und Hippie-Kultur, allgemein, eine Gegenkultur, etablierte andere Normen und brach mit dem Althergebrachten. Und das Althergebrachte, sprich, das alte Kino und das alte Hollywood verschwand so schließlich Stück für Stück, die alten, immer gleichen Kamellen zogen nicht mehr. New-Hollywood wäre ein Beispiel dafür, aber wir sind ja keine seriösen Filmhistoriker, sondern solche, die sich den Horror angucken, nicht wahr? Im Horror aber tat sich auch etwas: Der alte Gothic-Horror á la Hammer und Amicus (zum Untergang von Ersteren habe ich in der Kritik zu FRANKENSTEINS HÖLLENMONSTER schon ein paar Worte verloren) zündete nicht mehr so wirklich und statt dem dann doch ziemlich handzahmen Vampir-Horror und Co. kam der Terror- und Splatterfilm. Und ein kleiner Teil dieses neueren, brutaleren Horrorkinos, war die Hexenwelle, die 1968 mit Michael Reeves WITCHFINDER GENERAL begann und einige andere B-Epigonen mit sich brachte. CRY OF THE BANSHEE oder HEXEN BIS ZUM BLUT GEQUÄLT wären da zwei der noch bekannteren Beispiele.
Heute widme ich mich aber einem Kandidaten, der etwas spät dran war. Die Rede ist, wie schon oben genannt, SATANS SLAVE, der erst 1976 in die Kinos geworfen wurde. 70er Jahre Hexenhorror, das lob ich mir in warmen Sommernächten...
Inhalt:
Der Film beginnt wie jeder gute Okkult/Hexenhorror: Nen Typ mit nem Ziegenkopf quatscht was über den dunklen Herrscher und eine junge Frau liegt vor ihm und wird, davon gehe ich zumindest aus, alsbald geopfert werden.
Danach geht’s aber erstmal gesittet weiter (denkt man zunächst jedenfalls). Eine junge Frau sitzt bei Stephen Yorke (Martin Potter) auf dem Landsitz und die beiden trinken feinen Wein zusammen. Er wolle sie betrunken machen, denkt sie, aber nein, nein, Stephen ist garantiert nicht so einer (tatsächlich: Er ist noch etwas ganz anderes!). Die Frau ist gerade aus den USA nach England gereist (ohne ihren Freunden zu sagen, wohin. Oh je...). Als sie sich ins Schlafzimmer verziehen, geht’s auch schon wieder los: Stephen fesselt sie, lacht bekloppt und deutet an, mit der Schere Sachen tun zu wollen, die ihr garantiert nicht guttun würden. Er lässt sie aber wieder gehen... wo sie endet, dass können wir alle wohl ahnen.
Woanders verabschiedet sich gerade Catherine York (Candace Glendenning) von ihrem Freund: Sie will mit ihren Eltern nämlich zum Bruder ihres Vaters reisen, den diesen seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen hat. Kaum fahren sie in die Auffahrt des Yorkes-Landhauses, wird ihrem Vater übel: Kurzerhand fährt er gegen einen Baum und die Mutter bleibt regungslos liegen. Als Catherine schnell ins Haus eilen muss, leitet der Wagen spontan die Selbstzündung ein. Die frische Waise muss also fortan, wohl oder übel, im Landhaus ihres Onkels Alexander (Michael Gough) hausen: Schnell aber wird klar, dass dort etwas nicht stimmt. Die Haushälterin Frances scheint ein seltsames Verhältnis zu Stephen zu pflegen, dieser führt Catherine auf dem Grundstück herum, und plötzlich bekommt diese Halluzinationen, Visionen: Von Hexen der Vergangenheit!
Besprechung:
Nun, wie der Inhaltsangabe zu entnehmen ist, macht SATANS SLAVE seinem Titel und seinem Genre sowie Jahrgang ja alle Ehre. Es ist zwar kein Film, der Nonstop irgendwelche Brutalitäten abspult, aber das dann doch wohl doziert: Sadistische Folter und Quälerei (mitsamt Auspeitschen und mit Glüheisen, wie es sich gehört), schon fast slasher-ähnlichen Mordszenen (nach den Hexen ist vor dem Slasher, quasi, 1976 war’s bis HALLOWEEN ja auch nicht mehr weit) und natürlich Kultisten mit Tiermasken. Irgendwie alles drin, auch storytechnisch: Ein mysteriöses altes Anwesen, ein mysteriöser alter Mann, hinter dem doch mehr steckt, als man ahnt und eine hilflose junge Frau, die in einen Strudel aus Grausamkeiten gerät. Dazu gibt’s die obligatorischen Ritualszenen mit Fackelträgern, Opfergaben und so weiter. Es ist ein typischer Okkult-Streifen jener Jahre (obwohl das Anno 1976 dann doch schon etwas überholt war) und wer sich in den Jahren, was das angeht etwas umgeguckt hat, dürfte von dem, was kommt, auch nicht überrascht sein.
Große Ansprüche habe ich da aber auch nicht, Hauptsache es ist atmosphärisch und es gibt Schauwerte und solange die Story nicht vollkommener Hurz ist, muss es keine tiefgründigen Charakterstudien geben. Und die liefert das Drehbuch freilich nicht: In der Tat ist es schon etwas krude zusammengewürfelt. Zum einen hätten wir da den Sadismus vom Sohnemann Stephen. Die Szene zu Anfang wird später auch nicht wirklich erklärt, also wer die Frau ist, was mit ihr passiert oder was auch immer: Eine wirkliche Bedeutung hat Stephens perfide Neigung im gesamten Streifen kaum, was mich gleich zum nächsten Problem nicht. Gefühlt 80% des Drehbuchs sind für das Ende eigentlich unnötig. Die Romanze zwischen John und der Sekretärin Frances? Führt eigentlich zu keinerlei bedeutsamen Änderungen für die Story, bis auf die Tatsache, dass man etwas Gewalt zeigen kann. Dann kommt später noch die „Romanze“ zwischen John und Catherine (immerhin ja verwandt), die irgendwie auch im Sande verläuft. Und ansonsten... passiert halt irgendwie ehrlich gesagt kaum etwas. Catherine läuft herum, hat ein paar Visionen und Flashbacks von irgendwelchen Hexen (auch das hat keinerlei Bedeutung), John gibt eben den etwas Verrückten und Michael Gough darf als ach so mysteriöser Alexander hier und da andeuten, das hinter der bürgerlichen Fassade Abgründe laufen.
Eine echte Dramaturgie, also ein echter Konflikt, will sich bis kurz vor Ende (und das sind immerhin 90 Minuten) nicht einstellen. Die Charaktere haben bis auf eine archetypische Eigenschaft (John Sadismus, Catherin die arme Unwissende, Alexander als Patriarchat) kaum Charakterzüge und im Grunde lässt sich die gesamte Handlung darauf herunterbrechen: Junge Frau fährt zu Onkel, der Satanist ist und da hat sie halt ein paar Visionen und es kommt zu einem Ritual. Fertig. Drehbuchautor David McGillivray hat ansonsten übrigens eigentlich nur für Pete Walker geschrieben, u.a auch seinen von mir bereits gesehenen HAUS DER PEITSCHEN (1974).
Aber dennoch: Der Film hat mir gefallen und ich weiß irgendwie gar nicht so wirklich wieso. Kommen wir zum Positiven. Wie oben geschrieben kann ein Film, der eigentlich ne nicht gerade spannende Geschichte hat, bei mir trotzdem einige Punkte holen, wenn er optisch gut ausschaut. Und das tut SATANS SLAVE zweifelslos. Das Setting ist ja schonmal althergebracht und funktioniert immer: Ein altes Herrenhaus auf dem Lande. Wenn das dann auch noch im grobkörnigen 70er Jahre Look auf Film begannt ist, bin ich schon zufrieden. Einige Bilder erschaffen dann schon eine mysteriöse, irgendwie etwas unheimliche Atmosphäre. Zum Beispiel schon der Anfang, wo der Priester die Ziegenmaske mit den leuchtenden Augen aufhat. Gut ist, dass der Film in regelmäßigen Abständen immer wieder so etwas serviert. Catherines Flashbacks/Visionen müssen dann halt auch nicht einen tieferen Sinn haben, als den Zuschauer bei der Stange zu halten. Und da die Hexenfolterungen und Ritualszenen durch die Kostüme, die unheimliche Musik und dem Look des Films bei mir ein wohliges Gefühl von klassischem okkult-Horror ausgelöst haben, langweilt der Film keineswegs. Auch für die Splatterfreunde wird durchaus einiges geboten. Gut, bei den Ritualszenen wird höchstens ein Pentagramm mit offensichtlichem Kunstblut in die Haut eingeritzt und hier und da ein Kreuz auf den Körper gebrannt, aber in der relativen Gegenwart sorgt Stephen für die ein oder andere brutale Szene. Ein paar Frauen müssen, spoiler, dran glauben, und wenn der Sohnemann sie mit der Schere bearbeitet, suppt das Blut ordentlich und sogar ein paar Gedärme dürfen kurz in die Kamera gehalten werden. Hinzu kommt der Selbstmord von Catherins Freund, der zwar etwas unbeholfen inszeniert ist, aber trotzdem eine ganz annehmbare Splatter-Szene liefert. Gerade für britische Verhältnisse ist das ordentlich, auch wenn die meisten „Effekte“ relativ offensichtlich zu durchschauen sind (z.B, wenn am Ende eine Schere in ein Kunstauge gehauen werden darf).
Natürlich ist SATANS SLAVE ein B-Film, wie alles von Regisseur Norman J. Warren. Am bekanntesten dürfte er für seine Alien-Epigone INSEMINOID (1981) sein, ansonsten hat er noch eine Handvoll Horrorfilme gedreht, aber SATANS SLAVE ist mein Einstieg in seine überschaubare Filmographie. Irgendwann wurde ja übrigens auch gemunkelt, er wolle Richard Gordons FIEND WITOUHT A FACE (1958) drehen, weil dieser seinen INSEMINOID produzierte, aber daraus wurde wohl nichts.
Aber ich schweife ab. Warren gelingt ein paar sehr schöne Szenen (die Rituale) ansonsten ist die filmische Arbeit aber kein großer Weitwurf. Die Mordszenen sind, passend zum Jahr, schon fast slashermäßig gemacht: Schnelle Schnitte auf Messer und Opfer, Kunstblut spritzt und am Ende sackt das Opfer blutbesudelt zusammen. Passt, denn Warren machte 1987 auch noch BLOODY NEW YEAR, den ich mir irgendwann auch mal zu Gemüte führen will.
Einen weiteren dicken Pluspunkt gibt’s dann noch auf der Seite des Casts zu verbuchen und der hört auf den Namen Michael Gough. Wenn man nicht gerade Fan alter Horrorfilme ist, wird man ihn wohl eher als Alfred aus den Batman-Filmen kennen, aber so eine gewisse Horror-Tradition zieht sich durch seine Karriere ja, seit er im originalen Hammer-Dracula aufgetreten ist. Ansonsten bleibt etwa sein Auftritt als missverstandener Künstler an der Seite von Christopher Lee in der Anthologie DIE TODESKARTEN DES DR. SCHRECK (1965), dem Trash-Affenfilm KONGA (1961) oder in DAS SCHWARZE MUSEUM (1958) in wohliger Erinnerung. Ein bisschen erinnert mich seine Ausstrahlung an Christopher Lee und auch wenn er an diesen nicht herankommt, gibt er als vermeintlich netter, hinter der Fassade aber doch fieser Onkel eine durchaus schöne Performance. Der restliche Cast fällt da doch ein bisschen ab. Candace Glendenning als arme Catherine York ist ganz ok, gerade in den eigentlich emotionaleren Szenen (zumindest würde man erwarten, dass es so sein müsste) kann sie das aber nicht glaubhaft spielen: Dafür, dass ihre Eltern plötzlich bei einem Unfall sterben und ihr Freund später sogar noch Selbstmord begeht, wirkt sie doch etwas sehr gefasst. Wer Brit-Horror aus der Zeit kennt, könnte sie noch in TURM DER LEBENDEN LEICHEN oder Walkers THE FLESH AND BLOOD SHOW (beide 1972) gesehen haben. Ihre Kollegin Barbara Kellerman als Frances (hatte ansonsten nur kleinste Auftritte in THE MONSTER CLUB und THE OBLONG BOX) bekommt vom Skript wie gesagt nicht mehr zu tun, als die eifersüchtige Affäre von Stephen zu sein. Dessen Schauspieler, Martin Potter, ist als verrückter Sadist zumindest glaubwürdiger als Glendenning als trauernde Tochter, bleibt aber auch nicht wirklich im Gedächtnis.
Zum Ende seien auch noch ein paar Worte gesagt, denn dieses ist tatsächlich ziemlich überraschend und erschuf sogar etwas sanften Grusel bzw. etwas Unwohlsein (was bei einem „Horrorfilm“ ja eigentlich immer der Fall ist, aber seien wir ehrlich, aus dem Jahrgang hat es bisher nur DER EXORZIST geschafft, mir wirklich eine Gänsehaut zu verschaffen). Spoilern möchte ich nicht, aber ich muss dem ansonsten doch eher müden Drehbuch zugestehen, dass es wenigstens überraschend und mit einer coolen, prägnanten Szene endet. Das habe ich nicht kommen sehen, tatsächlich.
Gesichtet habe ich den Film in einem tatsächlich sehr hübschen Mediabook von X-Rated. Über den Nutzen kann man streiten, die Bildqualität der Blu-Ray ist aber sehr fein ausgefallen und auch ein Booklet mit sogar sinnvollem Text wird geboten (inzwischen bei vielen Mediabooks ja leider nicht mehr garantiert). Das Bonusmaterial ist nicht gerade Üppig (zwei Bonusszenen, ein Audiokommentar, Werbematerial) und zusätzlich gibt’s noch das Hörspiel „Die Hexe der Höllenmühle“, das ich mir bisher aber noch nicht angehört habe.
Fazit:
Nun, SATANS SLAVE ist bestimmt kein Horror-Klassiker und nicht mal ein Klassiker im Hexen-/Okulthorror. Es ist eine durch und durch klischeehafte Angelegenheit, die aber durch schöne Aufnahmen, einigen brutalen Szenen und der Anwesenheit von Michael Gough dem Genrefreund anspruchslose 90 Minuten Unterhaltung bringt.
6,5/10 Punkten.
Edit: Da dies eine "alte" Review ist, gibt sie es sie auch unter https://badmovies.de/reviews/satans-slave zu lesen.