Original-/Alternativtitel: /
Jahr: 1964
Regisseur: Nicholas Webster
Schauspieler: John Call (Weihnachtsmann), Leonard Hicks (Kimar, Marskönig), Vincent Beck (Voldar, Bösewicht), Bill McCutcheon (Droppo)
Vorwort:
Tja, irgendwann musste es ja kommen. Ich hatte mir fest vorgenommen, dieses Jahr etwas Weihnachtsstimmung mit weihnachtlichen Filmen zu versprühen, und wer denkt, dass das Fest der Liebe nichts mit Phantastik zu tun hätte, der irrt gewaltig. Im Horror wird das Ganze gerne mit dem Slasher-Genre verbunden (nicht ohne Grund ist der „erste“ Slasher überhaupt einer, der zu Weihnachten spiel, Jessy – die Treppe in den Tod). Jedenfalls: Wenn man sich anschaut, wo Weihnachten mit der Phantastik, sei es Horror oder Science-Fiction, kombiniert wurde, der wird eine durchaus nicht allzu kurze Liste zusammenbekommen. Deswegen wird es im Laufe der Weihnachtszeit auch noch ein paar Empfehlungen meinerseits geben.
Heute aber habe ich mir zu Beginn gleich ein ganz gewaltiges Geschütz ausgesucht. Die Rede ist vom Trash-Oberhammer Santa Claus Conquers the Martians, der sich gerne mal in den Bottom 100 bei IMDB rumtreibt (was aber eigentlich nichts bedeutet). Mehr muss man dazu auch nicht mehr sagen, der Titel ist Programm. Obwohl... nein, der Weihnachtsmann führt keinen Krieg gegen die Marsianer, wenn, dann ist es anders herum...
Inhalt:
Kimar, der König des Mars, ist besorgt: Seine Kinder schauen nur noch das Fernsehen von der Erde. Leider wird dort gerade ein Bericht über den Weihnachtsmann und seine Elfen vom Nordpol aus gesendet, sodass die Marskinder nun auch nach Spaß und Spielzeug verlangen. Kurzerhand befragt Kimar und sein großer Rat den alten Chochem, einen 800 Jahre alten Marsianer, der plötzlich bei einer Steinformation aus dem Nichts auftaucht. Er prophezeite den Kinderwunsch nach Weihnachten schon seit langer Zeit, denn die Marskinder könnten keine Kinder mehr sein: Sie seien „Erwachsene in Kinderkörpern“, da sie schon in jungen Jahren alles Wissen in ihr Gehirn transplantiert bekommen und spielen oder lachen dürften sie ohnehin nicht.
Kimar will nun seine Kinder besänftigen und er und seine Crew fliegen mit einem Raumschiff zur Erde, um dort den Weihnachtsmann zu entführen. Da sie auf der Erde jedoch hunderte Weihnachtsmänner vorfinden, aber nicht das Original, entführen sie noch zwei Erdenkinder, die sie zum Nordpol lotsen. Dank Droppo, dem freundlichen Marsianer, können die Kinder entkommen, werden in der Eiswüste aber schnell vom marsianischen Roboter gefangen genommen. Die Marsianer selbst überfallen das Haus vom Weihnachtsmann, paralysieren die Elfen und machen Mrs. Claus bewegungsunfähig und entführen den Weihnachtsmann auf ihr Schiff. Auf dem Mars kommt er dem Befehl nach und baut eine Fabrik, die Geschenke für die Marskinder herstellt.
Jedoch hat Kimar die Rechnung ohne Voldar gemacht. Der ist der Meinung, dass der Mars durch den Weihnachtsmann verweichlichen würde, und will ihn entführen. Doch da sich Droppo ebenfalls als Weihnachtsmann verkleidet hat, kommt es zu einer Verwechslung...
Besprechung:
Santa Claus Conquers the Martians ist einer dieser Filme, denen man sich objektiv gar nicht mit herkömmlichen Mitteln nähern könnte. Es ist so ein Film, wo man auch gar nicht weiß, wo man anfangen soll? Bei der hanebüchenen Story? Bei den irrsinnigen Sets? Bei der absurden Ausstattung?
Also, versuchen wir mal, uns dem Werk ganz konventionell zu nähern. Die ganze Chose war Idee von Fernsehproduzent Paul L. Jacobs, der ansonsten auch nie wieder etwas für das Kino machen sollte – und das merkt man. Santa Claus Conquers the Martians wirkt eher wie eine kurze Episode irgendeiner vergessenen 50er Jahre Kindersendung, aber nicht wie ein Film, der ernsthaft im Kino ausgewertet wurde, bzw. werden sollte, aber gut. Jedenfalls beauftragte er dann Glenville Mareth damit, eine „Story“ „auszuarbeiten“. Danach brachte Mareth auch nichts mehr zu Papier, zumindest keine Drehbücher mehr. Insofern man behaupten will, er hätte jemals eines geschrieben, denn dass die Geschichte von Santa Claus Conquers the Martians schon arg bescheuert ist, dass dürfte nun wirklich niemand auch nur für eine Sekunde bezweifeln. Die Devise MUSS also für jeden, der sich diesem Schwachfug stellen will: Es ist ein Kinderfilm. Es ist ein naiver, dummer Kinderfilm von 1964. Mit Santa Claus. Der auf den Mars kommt. Das muss man hinnehmen, man darf hier wirklich nichts hinterfragen. Der Film stammt einfach aus einer Parallelwelt, in der offenbar jeder weiß, dass der Weihnachtsmann am Nordpol seine Bleibe hat, ja sogar Reporter können da ganz spontan antanzen. Aber auch sonst stellen sich zahlreiche Fragen: Wieso, zum Beispiel, können die Marsianer aus dem Weltraum aus so detaillierte Bilder von New-York bekommen (es scheint da auch eher Sommer, denn Winter zu sein). Sie können sogar einzelne Menschen genau betrachten, da müssen sie schon ein verdammt gutes Teleskop besitzen (aber bei ihrer fortgeschrittenen Technologie kann ich das akzeptieren).
Weitere Fragen muss man stellen, es tut mir leid. Was, zum Beispiel, hat es mit Gochem auf sich? Der 800 Jahre alte Marsianer-Eremit, der bei einer Felsformation aus dem Nichts auftaucht? Wer ist das? Ein Magier, ein Gott? Und wenn er doch voraussagt, dass die Marskinder irgendwann den Weihnachtsmann für sich fordern, wieso hat er den anderen dann nichts davon erzählt bzw., es versucht, zu verhindern?
Überhaupt ergibt der Plot keine Sekunde Sinn. Nein, ich meine nicht den Weihnachtsmann oder Marsianer, das kann ich ja als Fantasy der Fiktion akzeptieren, natürlich. Aber es muss ja irgendwie innerhalb dieser Fiktion sinnig sein. Wieso zum Teufel können die Marsianer das Fernsehen der Erde empfangen? Und wieso bitte schalten die erwachsenen Marsianer das Signal nicht einfach ab, wenn es ihnen nicht passt, was ihre Blagen da im Erdfersehen sehen?
Auch sonst gibt es noch ein paar Kleinigkeiten, die einfach keinen Sinn ergeben. Etwa, wie die Kinder aus der Rakete am Nordpol entkommen, ohne dass die anderen Marsianer es bemerken. Aber ok, wer bin ich, dass ich das hinterfragen sollte? Nein, es ist Schwachsinn, nicht nur von der Prämisse her, sondern auch in der letztendlichen Umsetzung. Ehrlich gesagt frage ich mich auch, warum Jacobson überhaupt jemanden arrangieren musste, um dieses Skript herunterrattern zu lassen? Wenn er sich sowas nicht selber ausdenken konnte, dann scheint es ein Herr ohne jedwede Fantasie gewesen zu sein!
Die Logikfehler sind ja auch nicht schlimm, ich wollte sie nur mal ansprechen. Etwas „schlimmer“ ist höchstens das Pacing. Der Streifen geht nur knapp 70 Minuten, aufgrund der eingeschränkten Sets aber mangelt es gen Ende nun mal an Abwechslung. Während man am Anfang immerzu darauf wartet, was denn nun wieder kommt, geht die Chose ab der Hälfte langsamer voran und man muss einige unnötige Dialoge überstehen, die aber auch nicht so ein Quatsch wären, dass man lachen müsste.
Allerdings muss ich auch wieder relativieren: Ich finde, man sollte sich über den Film nicht wirklich lustig machen in dem Sinne, ihn so niederzumachen. Es ist eben ein Kinderfilm und dementsprechend sollte man ihn aus Kinderaugen schauen. Gut, auch heute würde man für sowas von der Theatergruppe im Kindergarten mit faulem Obst beworfen werden, aber das Ding stammt von 1964. Außerdem ist der Streifen doch ziemlich harmlos in dem, was er tut: Es ist eine harmlose Gut gegen Böse Geschichte, die vor guter Moral nur so trieft. Gochem beklagt schön rührselig, dass die Marskinder ja niemals Kinder sein dürften (die dürfen nur Lernen, bzw., lassen sie sich das Wissen mit Maschinen direkt ins Gehirn verpflanzen, das ist doch praktisch) und der Weihnachtsmann ist eh die Nettigkeit in Person. Selbst Kimar, der den Weihnachtsmann entführt, tut das ja nicht, weil er ihn hasst, sondern weil er seinen Kindern eine Freude machen will – oder sie zumindest besänftigen will, da sie ja immer fordern, auch solche Geschenke wie auf der Erde zu bekommen. Was der Weihnachtsmann da ohne seine Elfen tun soll, ist aber auch wieder eine andere Frage, die bleiben nämlich „paralysiert“ auf der Erde zurück. Aber offenbar ist der Weihnachtsmann auch ein klasse Ingenieur, denn auf dem Mars gelingt es ihm innerhalb kürzester Zeit, eine gesamte Geschenkefabrik zu bauen, die auf Knopfdruck funktioniert. Und dann beschwert er sich über die Mechanisierung seiner Arbeitsbranche (oder haben die Marsianer die Fabrik gebaut? Wird eigentlich nicht erklärt, wo die plötzlich herkommt, geschweige denn, wer die Rohmaterialien herbeischafft).
Also, dem Film sollte man gutmütig gegenübertreten, denn er selbst ist auch gutmütig. Wie schaut er denn nun aber aus? Tja, wie ein Fiebertraum. Es ist ganz seltsam zu beschreiben: Die matten Farben, die billigen, seltsamen Sets, die Schauspieler, das wirkt alles wie aus der Zeit gefallen, als wenn der Film aus einem alternativen Universum stammen würde. Es ist... ein wirklich seltsames Gefühl, obwohl ich den Look schon cool finde. Dem haftet etwas Surreales, Traumartiges an.
Das Budget soll sogar 200.000 Dollar betragen haben, aber sorry, das kann und will ich nicht glaube. 200.000 Dollar?! Für eine Handvoll Pappmaché-Sets, ein paar Laiendarsteller mit grüner Schminke und ein paar Minuten Stock-Footage? Nein, niemals. Wenn die Zahl wirklich stimmt, dann lässt sich das nur so erklären, dass Jacobson die Hälfte davon versoffen hat (das, wiederum, würde auch vieles andere erklären, fällt mir grade auf).
Es erinnert wirklich an Ed Wood, wobei man hier wenigstens mehr Requisiten hat, und das Stock-Footage wurde wenigstens passend in den Streifen integriert. Und wenn man sonst noch Zeit schinden musste, dann kann mal einfach nen Nachrichtensprecher alles zusammenfassen lassen, was man aufgrund geringen Budgets nicht vollumfänglich zeigen kann.
Vom Mars sieht man nicht mehr als eine kleine unterirdische Höhle, eine sparsam ausgestattete Marswohnung und einen Teil der Oberfläche, wo es raucht und dampft und wo Gochem aufploppen darf. Von der Erde hingegen bekommt man nicht mehr als Stock-Footage von Flugzeugen oder Raketen (die aufgefahren werden, sobald klar ist, dass der Weihnachtsmann verschwunden ist) zu Gesicht. Das Set vom Nordpol schaut irgendwie aber einfach hübsch aus, mit dem Kunstschnee und den Plastikeisblöcken, dazu dann des Weihnachtsmann Bastelstube, die ein warmes Gefühl versprüht, wie man es mit den Spezialeffekten von heute gar nicht mehr erschaffen könnte. Dann noch die kleinwüchsigen Elfen, Mrs. Claus (laut IMDB soll es der erste Film sein, in dem sie einen auftritt hatte) und der marsianische Superroboter, der so auch aus Dünyayi Kurtaran Adam hätte stammen können und etwas hölzern durch die Gegend stapft. Das an sich ist alles eine irgendwo noch annehmbare B-Ausstattung jener Jahre, aber der „Eisbär“ spottet nun wirklich jeder Beschreibung. Das war einfach jemand in einem hässlichen Kostüm, das Jacobson wohl die Minute davor irgendwie am Drehort zufällig gefunden hat und dann dachte er wohl, das wurde für mehr Action sorgen (gedreht wurde u.a in einem ausrangierten Flugplatz-Hangar).
Das Raumschiff jedoch weist bessere Qualität auf als das aus Plan 9 from Outer Space, was jedoch freilich auch keine Herausforderung darstellt. Zwar besteht es aus nur zwei Räumen (und man sieht es nie von außen, was schon schade ist), aber immerhin ist es ein bisschen mit Sachen vollgestopft, die so aussehen, als wären sie futuristisch – auch wenn’s wohl nur Elektroschrott gewesen ist. So ungefähr werde ich mir als Kind auch ein Raumschiff ausgemalt haben, aber das ist doch irgendwie auch niedlich und hat den Charme von „wir haben nichts Besseres, aber wir machen es trotzdem“.
Tja, dann sind da noch die Kostüme, und die sind, es tut mir leid, Eddie, auch besser aus Plan 9, denn die Marsianer sind wenigstens grün geschminkt. Und haben einen Helm mit einem Schlauch auf dem Kopf, wieso auch immer. Und dass die Marsianer ernsthaft Schnauzer und Vollbärte haben, ist auch eine ulkige Randnotiz. Wobei es von denen sowieso nur ein Dutzend zu geben scheint, aber mehr Gage hätte das Budget wohl nicht vertragen. Aber die Kostüme führen, so lustig sie auch sind, wieder zu mehr fragen: Droppo verkleidet sich ja als Weihnachtsmann, während er noch den Helm auf dem Kopf hat! Und jeder glaubt dann, er sei der echte Weihnachtsmann sei. Wie blöd sind die Marsianer denn bitte?
Die Schauspieler kann und will ich ehrlich gesagt auch nicht bewerten, wie soll man das hier auch tun können? Mein Respekt haben sie aber deswegen, weil sie ganze Sache offenbar bitterernst nahmen und trotzdem, ich will nicht sagen alles, aber doch einiges geben und nicht durch die Sets schlafwandeln. Vor allem der Weihnachtsmann, gespielt von John Call, der ansonsten nur Statistenrollen bekam, fällt durch freudiges, beinahe authentisches Ho! Ho! Ho!-Gelächter auf, wie es sein soll. Die Kinderdarsteller wirken zwar etwas zurückhaltend, dafür gehen die Marsianer wieder ab. Vor allem der Comic-Relief Droppo, gemimt von Bill McCutcheon, der sogar einen Emmy gewann (also nicht für seine Performance hier, spielte z.B passenderweise in der Sesamstraße), aber offenbar auch kein Problem hatte, sich hier die Blöße zugeben sich als bekloppt aussehender Marsianer dann auch noch als Weihnachtsmann zu verkleiden. Als böser Marsianer Voldar nimmt sich Vincent Beck (der sogar ein paar ernsthafte Rollen hatte, u.a eine kleinere Nebenrolle neben Pacino in ...And Justice for All!) auch komplett ernst und spielt hübsch diabolisch.
Tja, will man noch was zur Regie sagen? Es muss ja, ne? Diese übernahm Nicholas Webster, der 1968 u.a noch den Weltraumfilm Mission Mars drehte (allerdings kein Kinderfilm) und 1972 dann noch, haltet euch fest, den Bigfoot-Film Manbeast! Myth or Monster?... Und da ich ja alle Bigfoot-Filme irgendwann gesehen haben werde, komme ich da auch nicht herum. Warum gibt’s eigentlich kein Bigfoot Conquers the Martians? Naja, seine Regie fällt kaum auf, weil er A) aufgrund des Budgets und des Zeitplans (alles wurde in vier Tagen heruntergekurbelt wurde) und B) aufgrund der Klaustrophobie des Sets kaum Möglichkeiten dazu hatte. Wenn sich die Kamera mal bewegt (und das tut sie selten) dann wird sie entweder völlig hysterisch (wie im Finale) oder man weiß nicht mehr so recht, was vor sich geht (die Schlägerei zwischen Kimar und Voldar).
Zum Finale seien auch dahingehend nochmal ein paar Worte gesagt, dass es eines der hysterischsten und beklopptesten war, die ich je erleben durfte. Da geht für knapp eine Minute nochmal alles drunter und drüber und alle am Set durften ihr innerstes Kind rauslassen. Da bewerfen Kinder einen erwachsenen, schnauzbärtigen Mann in grünem Ganzkörperanzug, mit grüner Schminke im Gesicht und mit einem bescheuerten Helm im Kopf, der inmitten von goldenen Plastikwänden steht, mit Kinderspielzeug und dreschen mit Spielzeugschlägern auf ihn ein. Das lobe ich mir. Und während die Kamera endgültig in den Wahnsinn abgleitet, da steht der rote Fettsack in der Mitte und lacht sich scheckig. Und ich – ich lache auch!
Fazit:
Santa Claus Conquers the Martians ist kein Trash-Meisterwerk, das man sich immer wieder zu Weihnachten anschauen könnte. Einmal ansehen reicht für die Erfahrung, dafür ist er ganz nett, aber er hat nun auch keinen gesteigerten Mehrwert für Trash-Fans, so mein persönliches Fazit. Es ist letztendlich ein absurdes, übertrieben-kitschiges Billigfilmchen für Kleinkinder von 1964. So ist es ein obskures Zeitdokument, aber kein Trash-Meisterwerk.
6/10 Punkten.