Original-/Alternativtitel: Twisted Nightmare

Jahr: 1987

Regisseur: Paul Hunt

Schauspieler: Rhonda Gray (Laura), Cleve Hall (Mathew), Noble “Kid” Chissell (Sheriff) 

Vorwort:

Wie ich schon letztes Jahr in Zuge der Kritik zu New Year’s Evil resümierte, bedarf es in der Horror-Saison, namentlich Oktober (edit: Ok, die Kritik lag seit geraumer Zeit auf dem Stapel), immer ein paar klassischer Slasher. Schließlich ist das Genre, dessen Startzünder schon Halloween hieß, wie gemacht für den „Shocktober“, wie manche ihn nennen. Nun, ich brauche mich in diesem Monat nicht auf Horrorfilme festzulegen – schließlich ist bei mir immer „Shocktober“, wie man anhand der inzwischen über 100 Reviews auf dieser Seite entnehmen kann. Und nur wenige davon lassen sich nicht dem Horrorfilm zuordnen.

Wie auch immer – in den letzten Tagen führte ich mir deswegen zuerst Final Examen von 1981 zu Gemüte; dann folgte Terror Train von 1980 mit Jamie Lee Curtis. Leider habe ich keine Zeit gefunden, diese Streifen auch mit einer ansprechenden Kritik zu bedenken. Doch ich komme nicht drumherum, nun auch einen Slasher zu besprechen. Heute soll es deswegen Twisted Nightmare aka Reise ins Grauen von 1987 sein, also ein Genrevertreter aus der Zeit, als der Slasher schon tot und längst begraben war…

Inhalt:

Verschiedene Paare erhalten mysteriöse Einladungen. Sie kehren zu einem Feriencamp in der Natur zurück, wo sie schon Jahre zuvor waren. Doch damals geschah etwas seltsames: Der geistig behinderte Bruder von Laura, Matthew, ging plötzlich in Flammen auf und verschwand im Wald.

Und nun geht dort ein Killer um, der einen nach dem anderen der Gruppe ermordet. Was steckt dahinter?

Besprechung:

Langsam glaube ich, eine Formel aufstellen zu können: Pro annehmbaren Slasher kommen mindestens drei, die völlig bekloppt, billig und/oder langweilig sind. Letztes Jahr hatte ich im Shocktober Pech mit Cannons Beitrag zur Slasher-Welle, New Year’s Evil. Und dieses Jahr fing es mit Final Examen auch schon minder gut an (der Film war zwar nicht unbedingt billig, bot dafür aber einfach mal Null Story… der Killer da hatte nicht mal eine fadenscheinige Motivation). Gut, Terror Train mit Jamie Lee Curtis war dafür durchaus nett und ernsthaft gourtierbar.

Von „ernsthaft gourtierbar“ kann man bei Reise ins Grauen aber freilich nicht sprechen. Wie mein Mitzuschauer schon nach wenigen Minuten zu schlussfolgern glaubte: „Das ist der letzte Schund!“

Ja, es stimmte: Reise ins Grauen ist Schund. Teils ja sogar hirnverbrannter Schund. Aber doch zumindest einer, der durchaus zu unterhalten weiß – und damit hebt er sich vom Groß der einfallslosen Slasher (Final Examen, New Year’s Evil etwa) überraschend ab. Wie gesagt: Ende der 80er war das Genre tot und fand sich nur noch in ultrabilligen Direct-to-VHS Produktionen wieder (ein besonders berüchtigter Billig-Slasher jener Jahre dürfte Terror at Tenkiller oder The Last Slumber Party sein, beide von mir noch nicht gesichtet). Nachdem der Slasher nach Carpenters Halloween erfolgreich gemolken und totgeprügelt wurde, dauerte es noch lange, bis Wes Craven ihn Ende des Jahrtausends mit Scream wieder zum Leben erweckte. Aber das ist ja hinlänglich bekannt.

Jedenfalls ist Reise ins Grauen ein durch und durch klischeehafter Camp-Slasher, der alles auffährt, was man erwartet: Dümmliche „Charaktere“, die hauptsächlich als Kanonenfutter für den Killer herhalten dürfen (für was anderes taugen sie ja eh nix); ein Killer, dessen Motivation von keinem noch so schlauen Analytiker auf der Welt zu ergründen sein dürfte; Dämliche Dialoge; Schlechte „Schauspieler“; Splatter-Effekte… das Skript ist Zusammengestöpselt aus allerlei Versatzstücken des Slashers, hinzugegeben wurde lediglich eine kleine Prise Okkult, ohne sich jedwede Gedanken darum zu machen, das alles mit irgendeiner passenden Hintergrundgeschichte zu verbinden.

Allerdings ist der Name hinter der Chose durchaus interessant, auch wenn ihn kaum jemand gehört haben dürfte. Paul Hunt, seines Zeichens Regisseur, Kameramann, Editor, Musikaufnahmeleiter, Schauspieler, Produzent und bestimmt noch ein paar andere Sachen, war bis Orson Welles tot einer seiner Mitarbeiter. Ja, tatsächlich, ihr habt euch nicht verlesen. Dieser Typ, der diverse dubiose Filmfirmen führte (die etwa auf so tolle Namen wie „Filmmakers International Releasing Inc.“ oder „Pacific International Pictures“ hörten), paktierte mit wohl einem der größten und revolutionärsten Filmemacher aller Zeiten. Gut, vielleicht liegts auch daran, dass Welles in seinen letzten Lebensjahren nicht gerade alle finanziellen Möglichkeiten für seine Projekte hatte… ohnehin scheint Hunt neben seinen Orson Welles Projekten (beteiligt war er u.a an F for Fake) nichts Großartiges auf die Beine gestellt haben, denn Reise ins Grauen dürfte schon sein bekanntestes Solo-Projekt darstellen. Ansonsten drehte er mit The Clones 1973 noch ein Film über, man errät es, Klone, 1992 noch eine moderne Version über Merlin mit Merlin und ein paar weitere unbedeutende, ganz und gar der Vergessenheit anheimgefallene Exploitation-Streifen (so suggerieren zumindest Titel wie Wild, Free & Hungry oder The Harem Bunch). Ach ja, der Top-Kommentar zu The Harem Bunch (16 Sichtungen auf Letterboxd) weist auch darauf hin, dass das Foto von Hunt in seiner Letterboxd-Bio etwas, naja, merkwürdig aussieht. Um nicht gerade zu sagen gruselig. Es sieht aus wie ein uraltes Passfoto, merkwürdig bearbeitet. Uncanny, wie man so schön sagt. Ja, es scheint sogar das einzige Foto von Paul Hunt zu sein, das man im Internet findet. Der gute Mann starb 2011 und was bleibt ist eine obskure Karriere…

Aber zurück zum Film. Paul Hunt schrieb auch das Skript dazu und damit können wir schon mal sagen, dass er als Drehbuchautor entweder a) kein Talent hatte oder b) gerade keine Zeit/oder Lust darauf hatte. Wenn man von letzterem Fall ausgehen will (was ja etwas schmeichelnder wäre als Version a), dann frage ich mich aber, wieso man überhaupt einen Slasher in Personalunion, aber gut. Jedenfalls ist das Skript ein halbgares Stück aus, äh, Slasher-Versatzstücken: Vor Jahren passierte in einem Feriencamp ein Unfall, Jahre später geht dort jemand um und mordet. Die Leute kehren dann wieder zurück (was allerdings auch erst nach und nach klar wird. Gerade in den ersten 20 Minuten versteht man nicht so recht, was die da alles treiben) So weit, so gut.

Von einem Slasher erwarte ich auch bestimmt keine großartigen Stories, aber wenn man schon das Fass um Indigene Flüche und co aufmacht, dann sollte man sie wenigstens auch zu Ende erzählen. Was zum Beispiel sollte die Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen des Medizinmannes zu Anfang? Warum warnt uns dort eine Stimme aus dem Off vor dem Bösen auf der Welt? Und wieso, verflucht nochmal, fängt Matthew in der von bunten Kirmeslichtern ausgeleuchteten Scheune plötzlich Feuer (dass man deutlich erkennen kann, dass dort nicht Matthew brennt, sondern ein Stuntman mit Schutzanzug, ignoriere ich jetzt mal)?? Wieso ausgerechnet er? Der andere Indigene Typ der da wohnt und die ganze Zeit nichts anderes zutun hat, als griesgrämig Warnungen herauszuschreien, erwähnt lediglich, dass seit der Hinrichtung seines Großvaters (der Medizinmann vom Anfang) immer wieder Leute „vom Bösen“ besessen würden, sodass ein Familienvater etwa seine Familie ermordet hat. Wieso aber wurde der Medizinmann überhaupt hingerichtet? Und wieso trifft sein Fluch ausgerechnet den völlig unbeteiligten Matthew, der dann völlig unsinnigerweise in Flammen aufgeht. Und, wie zur Hölle, konnte der Typ dann im Wald verschwinden, während er brennt und von einem dutzend anderen Jugendlichen dabei beobachtet wird?

Weggeworfenes Potenzial gibt’s wie gesagt auch an der Killer-Front zu vermelden. Weder wird geklärt, was mit Matthew durch den Fluch geschah (er scheint zu einem Art Tier mutiert zu sein), noch warum er tut, was er eben tut, und welche Rolle seine Schwester dabei spielt. Wollten sie sich an den anderen rächen? Wenn, ja, wieso? Wegen ein paar harmlosen Witzen? Waren sie es dann, die die mysteriösen Einladungen geschickt haben? Und wieso überhaupt gehen die anderen Einladungen ohne Absender und Sinn nach?

Aber es ist ja auch völlig egal. Es zeugt nur mal wieder von der Einfallslosigkeit der Slasher Ende der 80er. Während sich die Genre-Produzenten am Anfang es Jahrzehnts wenigstens ein paar Gimmicks ausdachten (besondere Killer, außergewöhnliche Settings, spezielle Feiertage), was jedoch auch nicht immer von Wert war (wie man bei New Year’s Evil sehen kann), hatten die Produzenten am Ende des Jahrzehnts offenbar einfach keinerlei Ideen mehr, außer generische Wald-und-Wiesen Slasher zu drehen. Aber auch diese können ja trotzdem unterhalten. Und wie gesagt: Reise ins Grauen ins Grauen kann das auch!

Es ist ja letztendlich diese Mischung aus Beklopptheit (Word sagt mir, das sei kein richtiges Wort. Pah!) der Inszenierung und des Skripts und der ein oder anderen durchaus gelungenen Szene, die solche Werke zumindest für B-Filmfans anschaubar macht. Kommen wir erstmal zur „Beklopptheit“. Da hatten wir ja schon das Skript. Ja, dann wären da aber auch noch die „Schauspieler“. Der Cast ist in seiner Gänze völlig unfähig, zeigt selten Regungen oder glaubhafte Emotionen (Schreien mal ausgenommen). Gut, das Skript macht’s ihnen aber auch wahrlich nicht leicht. Schließlich muss Zeit mit sinnlosen Sex- oder Duschszenen gestreckt werden (bei einer Duschszene ritzt sich eine der Frauen, ich glaube es war die Schwester von Matthew, auch mit einem Skalpell das Bein auf. Wenn das so eine Art „Blutritual“ hätte sein sollen, habe ich’s nicht erkannt, sorry). Außerdem sind natürlich auch die Dialoge vollkommen hohl und aussagelos. Die „Teen“-Darsteller fallen entweder durch Talentlosigkeit und/oder dummes Aussehen aus. Auch die Reaktionen der Beteiligten sind immer wieder amüsant, wenn etwa der Sheriff nachts auf eine Leiche trifft, sie sich kurz desinteressiert anschaut, und dann weiter durch Nacht & Nebel taumelt. Ohnehin ist Noble „Kid“ Chissell, Darsteller ebenjenes Gesetzeshüters der Einzige im Cast, der ein paar weiterer Worte wert ist. Während die meisten der jugendlichen Darsteller danach, wenn überhaupt, nur noch in wenigen, unbedeutenden Rollen zu sehen waren, hatte Chissell, ehemaliger Boxer und „Marathontänzer“ insgesamt über 1000 (!) Filmcredits angehäuft. Allerdings auch keine große Leistung, wenn man bedenkt, dass es meistens Statistenrollen waren (wie z.B in Universals Mumien-Reihe der 40er Jahre). Wenn man ihn hier „schauspielern“ sieht, wundert es nicht. Er ist nicht in der Lage, auch nur eine Line mit etwas wie „Emotion“ oder „Dramatik“ zu füllen und wirkt für die Rolle des Gesetzeshüters auch schon viel zu alt und, Verzeihung, klapprig.

Insgesamt wirkt das alles in den Nicht-Horror Momenten ziemlich hölzern und statisch, und da hilft auch Hunts Regie nicht weiter. Warum er immer wieder gerne Slow-Motion Szenen einbaut (etwa von flüchtenden Opfern des Killers), die eher lachhaft als dramatisch sind, muss ich nicht verstehen – aber auch ansonsten wirkt das ganze wenig dynamisch. Der Schnitt ist meistens arg abrupt und in den Dialogszenen wird gerne wirr hin- und hergeschnitten. Dafür allerdings kommt in den Horror-Momenten, wenn der Killer dann auftaucht, durchaus Atmosphäre auf. Da hat Hunt die Nebelmaschine auf-, und die Scheinwerfer angestellt – im dunklen Wald macht das durchaus was her, wenn dann auch noch ein grunzender Irrer herumläuft. Dass es meist dann noch in den Action-Szenen viel zu dunkel ist, kann man als Schwäche sehen, vermutlich machts den Killer aber auch effektiver, denn ich bin mir sicher, dass der bei Licht nicht so imposant aussieht.

Die Splatter-Effekte sind dann allerdings eher zurückhaltend. Lediglich die Momente, in welchem dem Sheriff der Kopf abgerissen und einem anderen Opfer die Kehle aufgerissen wird, ist wirklich implizit. Ansonsten sieht man nur herabschwingende Stangen oder Hämmer, an anderer Stelle wird ein Opfer mit Elektroschocks getötet (wie auch immer der Killer das schafft) oder im Feuer gedünstet. Es ist aber bei weitem kein brutaler Slasher. Immerhin sind diese Szenen aber mehr oder weniger gekonnt umgesetzt, auch wenn es an Kreativität fehlen mag.

Gesichtet wurde die Blu-Ray auf einer auf 33-Stück limitierten HCE-Hartbox (die Große). Das Bild ist durchaus gut, am Anfang stören nur VHS-Streifen auf der rechten Seite des Bildes.

Fazit:

Reise ins Grauen ist also ein generischer, mitunter dämlicher Camp-Slasher mit einem schwachen Skript und schlechten Schauspielern. Demgegenüber steht die ein oder andere gelungene Horror-Szene, wenn der grunzende Killer nachts durch den Wald marodiert. Und da man als Trash-Fan an beiden Seiten gefallen finden kann, kann man auch über die ein oder andere Zeitschinderei hinwegsehen.

Wohlwollende 6/10 Punkten.