Original-/Alternativtitel: The Atomic Brain
Jahr: 1963
Regisseur: Joseph V. Mascelli
Schauspieler: Marjorie Eaton (Mrs. Hettie March), Frank Gerstl (Dr. Otto Frank), Erika Peters (Nina Rhodes), Judy Bamber (Bea Mullins), Lisa Lang (Anita)
Vorwort:
Erst in der letzten Review hatten wir mit Hand of Death ein gutes Beispiel eines 60er Jahre Drive-In Monsterfilms und da dachte ich mir, ich könnte mal wieder mehr Filme aus dieser Riege vorstellen. Und auch wenn man denken könnte, dass es diese Art von Filmen wie Sand am Meer gibt – nein, eigentlich nicht. Wie bereits in der letzten Kritik angesprochen, befand sich das Science-Fiction und Monsterkino in den 60ern so ziemlich am Boden und blieb auf billige Drive-In Produktionen beschränkt. Gothic-Horror war eben angesagt, deswegen gibt es gar nicht mal soooo viele US-Monsterfilme aus diesen Jahren.
Der heutige Kandidat ist aber eigentlich auch kein waschechter Monsterfilm, auch wenn man das bei dem Titel Monstrosity denken könnte. Aber auch der Titel The Atomic Brain ist ganz passend und da wird man schon ungefähr wissen, wohin es geht...
Inhalt:
Can death be outwitted? Is the secret of eternal life just around that corner? Today mediacal science patches of mutilated bodies transplanting human skin, eyes, limbs and even vital organs. Is the next step the transplantation of the human brain? Many scientist answer yes, but they pause, and then, a grim warning: In the old folk legends, tales are told of blood-sucking vampires, crawling out of graves, to live on the bodies of helpless victims. Is men now doomed to produce a race of ever ling monstrosities? Worse then the vampires of legends? Will ruthless men and women of great wealth and power buy or steal living bodies of the young and beautiful? So their brains may live on forever?
Such questions may seem fancy. But at this very moment scientist are working on the answer of brain transplantation and human bodies are used...
Und im Hintergrund darf man schon ein flackerndes Labor betrachten, mit einer ebenso jungen Frau in einer Kammer. Gerade erst vom friedhof wurde sie geklaut, wie der Kommentator erläutert, von niemand geringerem als Dr. frank. Dieser arbeitet für die reiche alte Mrs. Hettie March, die ausgerechnet zu den Frauen von großem Reichtum und Macht gehören scheint. Denn sie finanziert die Experimente von Dr. Frank, der bisher lediglich Tiergehirne in Menschenkörper einsetzte und so schon einen Tiermenschen schuf. Nun aber will er weiter gehen. Mrs. March lässt drei Hausmädchen herkommen, die als erste Versuchskaninchen für die neue Experiment-Reihe dienen sollen...
Kritik:
Mit dieser Review kann ich gleich dann zwei Nischen-Themen des B-Film der 50er und 60er abarbeiten. Hirn-Filme und die Werke von Jack Pollexfen.
Zum Ersten: Gehirn-Filme sind ein äußerst amüsantes Subgenre, das nicht allzu viele, dafür aber umso obskurere Werke hervorgebracht hat. Ob fliegende Exemplare (Die Augen des Satans) oder die typischen Mad-Scientist-Filme (wie Die Nackte und der Satan oder Mann ohne Körper). Gehirne bieten für den B-Filmproduzenten, der nach irgendwelchen neuen Ideen sucht, immer Futter. Ja sogar mit Naziploitation wurde das in They Saved Hitlers Brain von 1968 gekreuzt, den ich allerdings noch nicht gesehen habe.
Zum Zweiten. Jack Pollexfen war in den 50er Jahren ein durchaus geschäftiger Produzent der guten Sorte, sprich: Mit wenig Geld konnte er durchaus nette Filmchen auf die Beine stellen, die vielleicht nicht gut, aber trotzdem charmant waren. Man betrachte Der Mann von Planet X oder Die Totengruft des Dr. Jekyll (beide von Universal-Horror-Regisseur Edgar G. Ulmer gedreht, letzterer sogar auch mit John Agar). Inzwischen habe ich fast alle seine phantastischen Titel durch (gut sind jetzt auch nicht so viele), nur noch Capitive Women und den obskuren Port Sinister von 1953 fehlen mir noch, wobei ich natürlich noch nicht sagen kann, inwieweit diese „phantastische“ Elemente haben. Jedenfalls sind mir Pollexfens-Filme grundsympathisch und wer mehr darüber wissen will, der, jetzt kann ich wieder Werbung einbauen, kann in mein MovieCon-Buch über die Monsterfilme der 50er Jahre schauen, wo ich die Filme bespreche.
Nun kommen wir aber zu unserem heutigen Kandidaten. Monstrosity aka The Atomic Brain entstand 1958, kam aber erst 1963 (oder so) heraus und war laut Pollexfen sogar der einzige Film, an dem er nichts verdiente. Und das ist ja schon ein schlechtes Zeichen, denn der gute Mann hat ja mit Captive Women auch absolutes C-Zeug gemacht (und der soll, wie ich gehört hab, auch nicht gut sein). Alles sei schiefgegangen während des Drehs und die Kosten „explodierten“ auf horrende 40.000 US-Dollar, statt bei den angesetzten 25.000 Dollar zu bleiben. Auch sei es der Film, den er von seinen eigenen Produktionen am wenigsten möge.
Ist dieses wirklich harte Urteil gerechtfertigt? Von den Filmen, die ich bisher von ihm gesehen habe, würde ich ihn auch eher am Ende anstellen, allerdings halte ich The Indestructible Man (mit Lon Chaney, 1956) für „noch schlechter“. Wobei ich Monstrosity nicht wirklich als schlecht bezeichnen würde. Ok, eigentlich schon, es ist bestimmt kein guter Film, aber es geht ja auch um den Unterhaltungswert. Und da ist Monstrosity freilich kein Kracher, aber auch keine Schlaftablette.
Betrachten wir erstmal das Drehbuch. Der Science-Fiction-Film aus jenen Jahren ist ja nun wirklich keine neuen Wege gegangen, im Kontext ist das Skript eigentlich ganz nett und für einen Mad-Scientist-Streifen durchaus tauglich. Ein bisschen wird die Dr. Moreau Plotte (damals noch nicht so wirklich verbraucht) mit solchen Storylines á la Die Wespenfrau kombiniert, in denen alternde Damen alles tun würden, um wieder jung zu werden. Hinzu kommen Gehirntransplantationen. Das ergibt zwar keine Mischung, die das Rad neu erfindet, aber etwas, was hier und da ganz nette Ansätze hat, wie etwa ein Katzengehirn in einem Frauenkörper. Für 60 Minuten reicht das völlig aus, es passiert immer genug, damit man nicht wegdöst. Problematisch sind da eher die teilweise etwas oberflächigen Dialoge, aber die Idee, dass Menschenhirne in Tiere (und andersherum) gepflanzt werden, das hat man damals auch nicht oft gesehen (mir würde gerade tatsächlich kein anderes Beispiel einfallen). Lustig ist, dass alle Schreiber (Sue Dwiggins, Dean Dillman Jr. und Vy Russel) hier wohl nur ein Skript abliefern durften, weil sie alle in irgendeiner Weise mit Pollexfen, dessen Kollegen Wisberg oder einem ihrer Mitarbeiter in Beziehung standen. Das Ganze ist schon irgendwie ein Familien-/Freundschaftsprojekt und so sieht das Werk auch aus.
Aufregen dürfte sich der ein oder andere auch über den Ansatz, dass gerade zu Anfang fast alles, was geschieht, per Off-Kommentar erklärt wird. Das ist natürlich keine objektiv gute Herangehensweise, aber diese monotonen, bedeutungsschwangeren, pseudodokumentarischen Kommentare waren damals ja „in“ und das gehört ja manchmal irgendwie dazu. Nur Sinn ergibt das, was geplappert wird, auch nicht immer – was zum Beispiel Vampire mit Gehirntransplantationen zu tun haben, erschließt sich mir nicht. Aber es ist ertragbar, da gibt’s deutlich schlimmere Beispiele wie etwa The Beast of Yucca Flats.
Also: Das Skript ist gar nicht mal so schlecht. Im Gegensatz zu Hand of Death hilft die Inszenierung dem ganzen nur überhaupt nicht. Ich vermute mal, dass Regisseur Joseph V. Mascelli auch aus dem Dunstkreis von Pollexfen stammt, denn der gute Herr hat ansonsten keinerlei weitere Arbeiten im Filmbereich vorzuweisen. Es dürfte eine dieser Regie-Arbeiten wie die des jungen Corman gewesen sein, sprich: Die Schauspieler werden vor die Kamera geworfen, mehr ist nicht wichtig, am Ende des Tages müssen so und so viele Szenen im Kasten sein. Bewegung gibt’s nicht viele, alles ist ausgesprochen steif und hölzern inszeniert. Und die Schauspieler machen es nicht besser. Bis auf Marjorie Eaton als Hetty March, die die alte herrische Dame noch irgendwie glaubwürdig zu mimen weiß, sind die restlichen Schauspieler nicht so wirklich zu gebrauchen. Die Schauspielerinnen der drei jungen Hausmädchen (die ansonsten auch nicht gerade eine große Karriere hatten), sind kaum in der Lage, die Dialoge lebendig vorzutragen. Ausgesprochen hüftsteif wird agiert, außer wenn geschrien werden muss. Angst, Panik oder Besorgnis ob der Vorkommnisse hätte ich mir anders vorgestellt. Als Dr. Frank (das Stein wollte man wohl nicht hinzufügen) hat Frank Gerstle auch keinerlei memorablen Momente. Er ist auch kein Mad-Scientist per se und er arbeitet ja auch „nur“ für Hetty March. Er fällt wirklich überhaupt nicht auf, ebenso in seinen anderen Genre-Vertretern, die ich bisher gesehen habe (z.B Die Vier Schädel des Jonathan Drake).
Und auch die Optik des Films ist freilich nicht gut. Die Version auf YouTube ist wahrscheinlich schon einer der besten Prints, die exiestieren, dachte ich jedenfalls. Tatsächlich gab’s vor ein paar Jahren eine Kickstarter-Kampagne, um das Ding auf 4K aufzupeppen. Ob das nötig gewesen wäre, sei dahingestellt, aber ich untersütze die Restaurierung von alten B-Filmen grundsätzlich. Hier beziehe ich mich aber wie gesagt auf eine deutlich schlechtere Version. Aber auch ohne das Flackern und die Unschärfe gibt’s für das Auge nicht viel. Alles spielt in einem Herrenhaus, das weder hübsch eingerichtet ist, noch Atmosphäre bietet. Lediglich das Labor im Keller, mit seiner Gehirntransplantationskammer und dem aufsteigenden Nebel schaut ganz hübsch aus. Von den Operationen sieht man selbstredend auch nicht viel, Gehirne werden nicht gezeigt und der „Tiermensch“ taucht ebenso kaum auf, wahrscheinlich, weil Pollexfen das Make-Up zu wenig überzeugend aussah – zu Recht.
Fazit:
Joa, eine etwas kürze Review, sicherlich, aber Monstrosity ist eben auch kein Film, bei dem man viel analysieren könnte. Es ist ein billiger Film, der lediglich durch seine Story etwas bei der Stange hält und ein paar annehmbare Szenen im Labor liefert. Der Rest ist vielleicht nicht unendlich schlecht, aber auch bei weitem nicht memorabel. Für 64 Minuten reicht es, langweilig wird es nicht, weil die Story relativ flott vorankommt. Für Drive-In Allesgucker aus dem Bereich mal einen Blick wert, aber wer ein gewisses Niveau bei seinen Science-Fiction Filmen erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht.
5,0/10 Punkten.