Original-/Alternativtitel: The Living Head

Jahr: 1963

Regisseur: Chano Urueta

Schauspieler: Germán Robles (Professor Muller), Mauricio Garcés (Roberto), Ana Luise Peluffo (Marta), Abel Salazar (Inspektor)

Vorwort:

Wie in der letzten Kritik zu lesen war, werde ich mich nun wieder öfter dem mexikanischen Horror der guten, alten Zeit widmen. Und da YouTube mir die Filme dank der automatischen Untertitelübersetzung sozusagen eröffnet hat, habe ich auch noch gut und gerne Material für mindestens 20 Reviews. Nicht, dass ich die jetzt alle hintereinander schauen würde, aber Material für zünftige mexikanische Reviews wird mir auf absehbare Zeit nicht ausgehen...

Und heute haben wir mal wieder einen „Leckerbissen“ aus den Untiefen hervorgeholt: La Cabeza Viviente ist meines Wissens nach der einzige Vertreter des Subgenres „Kopfhorror“ mexikanischer Art. Ihr wisst schon: Streifen wie Die Nackte und der Satan (1959), The Man without a Body (1957) oder The Brain that would’nt Die (1963). Filme, in denen es in irgendeiner Form um einen Kopf geht, der ohne Körper noch was zu sagen hat. Über die Jahre hat es das Subgenre auf eine Handvoll, ausschließlich im B-Sektor zu verortende Produktionen gebracht, die ich, bis jetzt, zumindest doch ganz amüsant fand. Folgerichtig ist da doch nur, dass ich mir nun den mexikanischen Kopfhorror zu Gemüte führe...

Inhalt:

Wir schreiben das Jahr 1525: Bei einem Aztekischen Tempel wird ein Priester den Göttern geopfert, der einen mächtigen Krieger nicht vor dem Tod retten konnte. Dessen Kopf wird in einer Grabkammer beigesetzt, mit ihm werden ein Sklave und eine Frau lebendig begraben. Die Frau erhält zudem den „Ring des Todes“, der jene verfluchen soll, die es wagen, das Grab zu öffnen.

Hunderte Jahre später öffnen Professor Muller und seine Kollegen das Grab und nehmen alles mit, was sie dort finden können, darunter auch den mumifizierten Kopf und den Sklaven sowie den Ring des Todes, den der Professor seiner Tochter Marta schenkt. Schon bald wird einer der Kollegen des Professors ermordet aufgefunden und Marta träumt bereits von dem nächsten Mord. Der zuständige Inspektor scheint den Fall nicht lösen zu können, und Roberto, Martas Freund, entscheidet sich dazu, es auf eigene Fast zu probieren.

Besprechung:

Inzwischen kann ich mit gutem Gewissen sagen: Das war klassischer Mex-Horror! Wie immer kühle Studiosets, ein Fluch aus grauer Vorzeit, und Abel Salazar gibt’s sogar auch noch. Aber der Reihe nach.

Erstmal ist La cabeza viviente ein typischer Vertreter des „Kopf-Horror“-Subgenres, ganz abgesehen von den klassischen mexikanischen Elementen. In jedem Kopfhorrorfilm ist der titelgebende Kopf ja nur der Befehlshaber – logischerweise, er selber kann ja nicht viel alleine machen. Deswegen bedarf es noch einen Handlanger, bzw., eines anderen Bösewichts, der für etwas Action sorgen muss. In Die Nackte und der Satan ist es nen Mad-Scientist, in The Man without a Body ein reicher Sack und in The Brain that would’nt Die ein Mutant. Und in La Cabeza Viviente? Ein Aztekischer Krieger, der die Befehle des Kopfes ausführt (wobei dieser bis zum Finale keine einzige Zeile Dialog hat und nicht mehr tut, als ein paar Mal schläfrig die Lider zu heben).

Auch ansonsten ist das Drehbuch natürlich nichts, was das Rad neu erfinden würde. Die Mexikaner mögen Flüche aus alten Zeiten wohl, denn auch in La Cabeza Viviente entspringt das Grauen aus der Vergangenheit, genauer gesagt im Jahre 1525 – und das bringt mich gleich zum nächsten Thema. Neben dem Kopfhorror bedient die Story auch die typische „Archäologen öffnen Grabmal und werden mit Fluch belegt“-Storyline, und dass es sich bei dem aztekischen Krieger auch nur um eine Mumie aus einer anderen Kultur handelt, passt noch besser. Den Film hätte man genauso auch mit ägyptischem Setting umsetzen können, aber die Azteken bieten zumindest optisch gern gesehene Abwechslung. Es ist ja auch logisch, denn natürlich lag den Mexikanern die Azteken näher als Ägypten. Eigentlich müsste ich mich auch endlich mal der berüchtigten Aztec-Mummy-Reihe widmen...

Die Story stammt von Adolfo López Portillo (der ansonsten nur einen weiteren romantischen Film zu Papier brachte) und Frederico Curiel, der uns schon mit The Brainiac „beglückte“ und einige El-Santo Streifen fabrizierte. Es wird also ganz typisch aufgezogen, ähnlich wie auch schon in La Marca Del Muerto: Am Anfang gibt’s nen Blick in die Vergangenheit, danach müssen sich ein paar Leute mit dem Ärger aus ebenjener Epoche herumschlagen und bis auf die Szenen in der Grabkammer spielt der Rest des Films ausschließlich im Haus von Professor Muller. Und dieser darf sich, so war das damals eben noch, die Funde auch einfach so mir nichts dir nichts persönlich aneignen. Hinzu kommt dann noch die obligatorische Figur des Inspektors und ein bisschen romantische Melodramatik zwischen Roberto und Marta. Das reicht für 75 annehmbare Minuten. Wie schon Marca Del Muerto, so ist auch La Cabeza Viviente trotz der kurzen Laufzeit keine wirkliche Tempogranate: Die Dialoge sind ziemlich seicht und eher Geplänkel á la „Glaubt doch nicht an Flüche“ oder „Ah, Roberto, ich habe Angst“. Wirklich nervig werden sie aber auch nicht, denn es gibt trotzdem genug Action und Gruselmomente, die auch zünftig inszeniert sind, etwas anderes erwarte ich von den Mexikanern ja gar nicht mehr.

Im Gegensatz zum mir bisher bekannten Mexiko-Output (also z.B die anderen Gothic-Horrorfilme oder auch die El-Santo Titel) hat La Cabeza Viviente allerdings optisch weniger zu bieten. Es gibt keine Labore oder dunkle Geheimgänge, keine alten Schlösser oder Friedhöfe. Das Intro bietet eine sehr schöne historische Szene an einer Aztekischen Pyramide und die Atmosphäre und Kostüme, obgleich sie einer gewissen Künstlichkeit nicht entbehren, wirken zumindest authentisch. Irgendwie kommen mir diese Szenen mit den Azteken auch bekannt vor, ich meine fast, Jerry Warren hätte sie im fürchterlichen The Mayan Mummy verwurstet... aber das kann und will ich jetzt gerade auch nicht unbedingt verifizieren.

Die Grabkammer selbst ist dann aber auch das einzige Set im Film, das wirklich von Belang ist. Es ist nicht groß, aber hübsch eingerichtet, mit einem steinernen Sarkophag, Spinnenweben und ein paar Grabbeigaben. Die restlichen Set-Pieces sind ansonsten ziemlich uninteressant: Normale Wohnräume, Schlafzimmer und so weiter, aber wenigstens nicht karg eingerichtet.

Aber kommen wir zum Kern der Sache: Der Aztekische Kriegerkopf! Ich habe aufgrund der etwas komischen Untertitel (die automatische Übersetzung ist nun mal nicht, sagen wir mal, fehlerfrei) zwar nicht genau verstanden, was warum der Kopf tut, bzw., von seinem Schergen tun lässt, aber: Er sieht durchaus ganz amüsant aus. Die Tricks sind natürlich heute, und damals wohl schon auch, leicht zu durchschauen. Wenn man nicht wie in Die Nackte und der Satan nicht mit komplizierten Spiegeltricks arbeitet, dann erkennt man nun mal, dass da einfach jemand in der Kiste sitzt und den Kopf durch ein Loch steckt.

Aber der Kopf war ja noch nicht alles. Sein Sklave, der mit ihm lebendig begraben wurde, gibt einen guten archaischen Krieger ab. Hinzu kommt der putzige, blinkende „Todesring“ und eine Plastikspinne, die in einer Szene kurz mit einem Bindfaden über das Gesicht des Kopfes gezogen wird.

Gefilmt wurde alles von Chano Urueta, einem der führenden mexikanischen Horror-Spezialisten, der u.a den wundervollen The Witch’s Mirror (1960) drehte, der neben La maldición de la Llorona (1963) einer der Filme war, die mich vom mexikanischen Genre-Kino überzeugten. Er drehte auch The Brainiac sowie El Monstruo Resucitado. Wenn es der Stoff hergab, konnte er sehr wohl sehr schaurig-schöne Bilder mit einem Sinn für Ästhetik schaffen, The Witch’s Mirror zeigt dies zweifellos, allerdings geben das die über weite Strecken eher belanglosen Sets hier nicht so wirklich her. So wirklich memorable Szenen gibt es nicht, aber glücklicherweise gibt Urueta dem Ganzen doch das wenig Tempo, das benötigt wird, um auch über die Dialogszenen zu kommen.

Zu den Akteuren: Top-Billing bekommt selbstredend Abel Salazar, der Holzklotz von Mexiko, wie ich ihn ab sofort nennen werde. Zuerst machte er sich mit ernsten Rollen einen Namen, dann machte er auch Abenteuerfilme und landete schließlich, auch als Produzent, beim Horrorkino. Auch für La Cabeza Viviente öffnete er sein Portemonnaie und schrieb sich selbst die Rolle des Inspektors auf das Leib, wenn man es denn so nennen will. Ehrlich gesagt könnte ich mir keine einzig wirklich passende Rolle für Salazar vorstellen, denn in La maldición de la Llorona fiel er ja nur durch die Tatsache auf, der fantastischen Atmosphäre durch seine Eigenschaft zu schaden, niemals auch nur irgendwie zu schauspielern. Auch in The Brainiac tat er nicht besonders viel, was seinem Ruf gerecht werden würde. Die Rolle des Inspektors passt da schon besser zu ihm, da muss man ja nicht viel Gefühl oder Emotion zeigen – deswegen fällt er hier auch kaum auf, denn der Inspektor tut sowieso nicht viel. Im Grunde steht er nur ein paar Mal im Bild und darf sagen, dass das alles Mysteriös sei, ansonsten ist sein einziges Beitragen noch, dass er im Finale etwas herumballert.

Neben ihm ist der Cast aber durchaus ansehnlich. Germán Robles, der schon den Vampir in den beiden „berühmten“ Vampiro-Filmen gab, ist als Professor Muller, der gegenüber dem Aberglauben skeptisch ist, ein guter Fixpunkt für die Handlung. Seine Tochter, gespielt von Ana Luise Peluffo, die typische Damsel-in-Distress, macht ihren Job nicht schlecht, was das darstellen von Angst usw., angeht und Mauricio Garcés (spielte u.a noch in einer Version von La maldición de la Llorona von 1960 mit) ist als Held Robert auch keine schlechte Partie.

Erwähnenswert ist dann auch noch der wirkungsvolle Soundtrack, der mal wieder von Gustavo César Carrión, stammt (siehe La Marca Del Muerto): Eine passende Mischung aus Aztekischen Trommeln und unterschwelligem Geigeneinsatz. Und ebenfalls bestätigt mich La cabeza viviente auch wieder dahingehend, dass die Mexikaner etwas schmerzfreier waren, was das Zeigen von Gewalt angeht: Schon zu Anfang bei der Opferung wird ein blutendes Herz hervorgeholt und auch im Laufe des Films kommt noch das ein oder andere Exemplar vor...

Wo ich den Film gesehen habe, muss ich wohl nicht nochmal extra erwähnen: Eine DVD für den Englischen Markt (von Deutschland reden wir hier ja schon gar nicht mehr) gibt es meines Wissens nach nicht. Also muss man auf YouTube und die dortigen Untertitel zurückgreifen.

Fazit:

Nun denn, La cabeza viviente ist, mal wieder, kein Meisterwerk, aber eine nette kleine Gruselgeschichte der alten Schule. Wer Kopfhorror mag, wer mexikanisches Kino mag, der kann mal einen Blick wagen.

6/10 Punkten.