Original-/Alternativtitel: Jason and the Argonauts
Jahr: 1963
Regisseur: Don Chaffey
Schauspieler: Todd Armstrong (Jason), Douglas Wilmer (Pelias), Nancy Kovack (Medea), Laurence Naismith (Argos), Nigel Green (Hercules)
Vorwort:
Die Antike bietet dem phantastischen Filmschaffenden ja eine große Fülle an Material, ist sie doch voll mit Mythen, Helden & Schurken und epischen Questen, die man perfekt auf die Leinwand bringen könnte (trotzdem ist der filmische Teil, der sich damit beschäftigt, irgendwie etwas gering). Darüber hinaus ist es auch historisch gesehen eine durchaus gefällige Epoche, ist es teils doch tatsächlich unterhaltsam, dem Treiben der alten Griechen oder Römern „beizuwohnen“. Auch wenn ich mich in der Universität letztendlich für die Epochen Mittelalter und Neuzeit entschieden habe, so möchte ich die Antike keineswegs heruntermachen. Gelernt habe ich vor allem, auch dank meines Dozenten, dass die Griechen vor allem verrückt und pervers waren. Ebenso wie die Römer und überhaupt alle anderen alten Zivilisationen. Der Mensch hat sich nicht verändert, lediglich seine Umgebung. Wenn man sich das antike Griechenland, seine Tyrannen, Denker und seine Kriege mit den anderen Stadtstaaten in dem Gebiet anschaut, wird einem das ja umso mehr bewusst. Ich zum Beispiel durfte mich für meine Hausarbeit ausgiebig mit der Tyrannis der Peisistratiden auseinandersetzen, einer Tyrannis über Athen, die nur deswegen endete, weil einer der beiden Peisistratiden-Erben sich in einen jüngeren Mann verliebt hatte, der schon der Liebhaber eines seiner Konkurrenten war, kein Witz. Das hört sich an wie eine Soap, aber so waren sie, die alten Griechen, glaubt man den Quellen.
Aber egal, darum geht’s ja nicht. Ich mag die Antike, ihre Mystik (als Kind habe ich sehr gern Titan Quest gespielt) und ihre Monstren. Und heute haben wir da ein besonderes Werk, mit dem ich mal wieder ein weiteres Thema abarbeiten kann, das ich bisher sträflich vermieden habe: Jason und die Argonauten mit Effekten von Ray Harryhausen!
Inhalt:
Der böse Pelias erhält vom Orakel die Weissagung, dass er das Reich Thessalien an sich reißen könne. Doch gleichzeitig enthält die Weissagung, dass der Sohn des Königs Aristo, Jason, ihm später den Thron wieder entreißen werde. Bei der Eroberung tötet Pelias die Töchter, lässt Jason jedoch leben, da er nur den Zorn der Götter auf sich ziehen würde, würde er auch ihn umbringen. Als Jason 20 Jahre später unwissentlich auf Pelias trifft, entsendet dieser ihn ans Ende der Welt, wo das goldene Fließ sein soll, ein Artefakt, dass große Macht bringt, so die Legende. Zusammen mit den Argonauten beginnt Jason eine Reise über die Meere und muss viele Kämpfe bestehen…
Besprechung:
Es ist wirklich eine Schande, dass diese Website in ihren knapp 115 Reviews noch kein einziges Mal auf Ray Harryhausen zu sprechen gekommen ist… nun, ich hole dies wie gesagt jetzt nach, aber eigentlich viel, viel zu spät. Normalerweise sind es ja immer die Regisseure und Schauspieler, die die Lorbeeren im phantastischen Kino ernten. Die Karloffs, Lugosis, Lees, Carpenters und so weiter, und so fort. Wenn es zwei Leute gibt, die die Geschichte des phantastischen Films maßgeblich beeinflussten, ohne dass sie vor der Kamera standen oder auf dem Regiestuhl saßen, dann sind dies wenn und aber einmal Jack P. Pierce und dann eben Ray Harryhausen. Harryhausen ist bis heute der unumstrittene King der Stop-Motion, und da diese Technik leider kaum noch Bedeutung im Kino hat, wird er es auch immer bleiben. Angefangen hatte er als Assistent von Willies O’ Brien, dem Erfinder von King Kong, der zuvor die Stop-Motion Technik mit so Urklassikern wie The Ghost of Slumber Mountain oder The Lost World die Technik etabliert hatte. 1949 arbeiteten sie an Mighty Joe Young zusammen, doch O’Briens Karriere versandete, auch aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung, ende der 50er als Berater bei B-Produktionen wie The Black Scorpion oder Das Monster von Loch Ness, bei letzterem musste er etwa mit dem „berühmten“ Spezialeffekte-Trio Irving Block, Jack Rabin und Louis DeWitt zusammenarbeiten (beide Filme sind allerdings auch nicht schlecht, im Gegenteil). Der Schüler übertrumpfte seinen Meister und Harryhausen lieferte in den 50er Jahren eine Top-Arbeit nach der anderen ab, angefangen bei Panik in New York. Nichts war ihm zu schwer, ob fliegende Untertassen, außerirdische Wesen oder Riesenmonster. Sogar Kampf der Welten wollte er umsetzen, dazu kam es jedoch nicht.
Mit It Came from Beneath the Sea begann Harryhausen dann 1955 eine ergiebige Zusammenarbeit mit dem Produzenten Charles H. Schneer. Die Budgets stiegen, Harryhausen hatte immer mehr als genug zutun und 1963 erreichte er mit Jason und die Argonauten seinen Höhepunkt. Er hielt ihn sogar für den besten Film, den er je gemacht hatte, und auch wenn ich noch nicht alle Filme von ihm gesehen habe, so kann man diese Meinung durchaus gelten lassen.
Doch wie bei vielen Harryhausen-Filmen muss man leider attestieren, dass das Drumherum wenig spektakulär ist. Harryhausens Können und Talent hätte Budgets und die Epik und Breite wie die Produktion eines Ben Hur verdient gehabt, doch gerade in den 50er Jahren waren es eher B-Filme, die zwar von annehmbaren Regisseuren wie Fred F. Sears oder Nathan Juran inszeniert wurden – aber eben nicht von Leuten, die dem Drumherum das eigene Etwas hätten geben können. Weder Schauspieler noch Regie konnten bei Filmen wie Fliegende Untertassen greifen an oder Die Bestie aus dem Weltenraum zu Harryhausens Arbeit heranreichen. Leider ist das auch so bei Jason und die Argonauten.
Über die Story kann und sollte man sich allerdings nicht beschweren. Sie ist zwar auch klischeehaft, ohne große Spannung und interessanten Wendungen, (wie auch bei den meisten seiner Vehikel der 50er, die voll in aktuellen Genre-Trends mitschwammen, ohne ihnen etwas Neues hinzuzufügen), aber hier ist es eben auch eine antike Queste, die muss genau so sein. Da ist alles dabei, was man erwartet: Göttliche Weissagungen, Orakel, mythische Wesen, Reisen über das Meer bis ans Ende der Welt. Das Skript basiert sogar auf einer historischen Erzählung gleichen Namens, die ich aber nicht gelesen habe. Es ist schöne, altmodische Fantasy nach Schema F, bei der man alles als Gegeben hingeben muss. Man kann sich auf die Welt und ihre inneren Regeln einlassen. Dramaturgisch darf man da auch keine Wunde erwarten. Das Ganze wirkt sehr „episodisch“ und nachdem Jason seine halbgare Aufgabe hat (irgendein Relikt zu besorgen, warum er das tut, ist nebensächlich) hält sich der Film keine Sekunde auf. Das Zusammenstellen seines Teams plus der Schiffbau wird in ein paar kurzen Montagen und Szenen gezeigt, danach wird sofort in See gestochen und sie begegnen den Dingen, weswegen wir einen solchen Streifen anschauen: Den Monstern und mythischen Wesen. Qualitativ kann man sich nicht beschweren, auch wenn es ein bisschen mehr Divers hätte sein können, was die Auswahl der Untiere angeht, mit denen sich die Argonauten herumschlagen müssen. Die verschiedenen Episoden danach bauen kaum aufeinander auf, theoretisch hätte man auch den Bronze-Titanen nach den geflügelten Monstern oder dem Wassertitanen zeigen können, sie bauen nicht direkt aufeinander auf. Wenn man etwas kritisieren müsste, dann, dass es kein wirklich „episches“ Finale gibt. Die Romanze von Jason mit Medea geschieht innerhalb kürzester Zeit und ist sehr uninspiriert und dass man nicht mal sieht, wie Jason am Ende sein Reich vom bösen Tyrannen Pelias wiedererobert, ist etwas unbefriedigend.
Auch die Schauspieler können dem Ganzen nicht so wirklich das geben, was es gebraucht hätte. Es bedarf selbstverständlich keiner großen Schauspielkünste, aber die Akteure versprühen einfach nicht den Charme oder den Schneid, den epische Helden und Bösewichte (oder Götter) versprühen müssten. Gerade Todd Armstrong ist als Jason sehr blass und austauschbar. Naja, er war zwar ein Nachfahre von Abraham Lincoln, aber seine Karriere verzeichnete keinerlei weiteren memorablen Auftritte mehr, was keine allzu große Überraschung ist. Selbiges ist für Jasons Love-Interest Nancy Kovack (Diary of a Madman u.a) und für den Bösewicht Douglas Wilmer der Fall, er spielte z.B auch Christopher Lees Gegenspieler Nayland Smith in den Fu-Manchu Filmen, und auch dort ist er kaum in Erinnerung geblieben. Als böser Tyrann hätte man jemanden herholen können, der so richtig aus sich rausgeht, der die theatralische Bösartigkeit zelebriert, aber Wilmer bekommt vom Skript auch keine Möglichkeit zu scheinen. Und ich weiß nicht, selbst die Götter im Olymp wirken irgendwie nicht wirklich episch, eher ganz amüsant. Der einzige Akteur im Cast, der seiner Rolle etwas Schneid und Charisma gibt, ist meiner Meinung nach Nigel Green als sympathischer Haudrauf Herkules. Green hatte sich schon oft im britischen Genre-Film die Ehre gegeben, z.B in Der Schädel des Marquis de Sade oder als erster Nayland Smith in Ich, Dr. Fu. Manchu. Entsprechend seiner Art wurde er auch oft in Kriegsfilmen gebucht, z.B für Zulu oder Khartoum.
Auch die Regie von Don Chaffey, der ansonsten kaum große Würfe vollbrachte, lediglich Hammers Urzeit-Filme One Million Years B.C und Creatures the World Forgot, dürften aus seiner Filmographie interessant sein, ist kaum bemerkenswert. Es ist ziemlich generisch. Zwar gibt’s den ein oder anderen gelungenen Shot, aber so wirkliche Epik kann er der Story abseits der Effekte nicht verlangen, was aber auch am Budget gelegen haben mochte.
Aber dafür liefert Maestro Harryhausen umso besser ab. Allesamt sind die Figuren unfassbar gut gelungen und gerade der Endkampf mit den Skeletten ist ein unglaublich gelungener Höhepunkt seiner gesamten Effects-Karriere. Ich habe früher auch aus Spaß mal Stop-Motion Filme gemacht und ich kann mich noch lebhaft daran entsinnen, wie nervig es manchmal war, einzelne Bewegungen umzusetzen und wie lange es dauert, um Momente zu realisieren, die später nur für eine verschwindend geringe Zeit zu sehen sind. Ich mag mir kaum vorstellen, wie viel Herzblut, Schweiß und Mühe in diese knapp dreieinhalb Minuten Laufzeit geflossen sein müssen (Edit: Alleine an dieser Szene arbeitete er wohl ganze vier Monate). Dafür hätte Harryhausen echt den Oscar verdient gehabt. Er schafft es einfach, dass alle seine Figuren lebendig aussehen, z.B auch der Bronze-Titan, der mir persönlich am besten gefallen hat. Irgendwie ist nur das Größenverhältnis von diesem, so kam es mir vor, nicht durchgehend konstant gewesen, aber das wäre Meckern auf hohem Niveau. Cool ist auch die Szene mit dem Wassertitan geworden.
Allerdings war der Film kein allzu großer Erfolg, doch Harryhausen kann man selbstverständlich keine Schuld dafür geben. Eine Fortsetzung wäre aufgrund des offenen Endes, Zeus kündigt an, Jason müsse noch mehr Abenteuer bestehen, sinnvoll gewesen.
Fazit:
Es ist ebenfalls nicht mein liebster Harryhausen geworden, dieser Titel geht an den Nachfolger Die erste Fahrt zum Mond nach dem gleichnamigen Roman von H.G Wells. Die Effekte des Meisters sind schön wie eh und je, doch das Drumherum kann (erneut) leider nicht heranreichen. Empfehlen kann ich allerdings noch das Buch „Die Filme des Ray Harryhausen“ von Peter Osteried, das einen kompetenten Überblick über Harryhausens Schaffen gibt.
7/10 Punkten.