Original-/Alternativtitel: The Rare Breed | Una dama entre vaqueros 

Vorwort:

Heute gibt’s mal eine langüberfällige Premiere, nämlich eine Kritik meinerseits zu einem Film, das ausnahmsweise Mal nicht dem Horror- oder Science-Fiction-Genre zuzuordnen ist. Man braucht ja auch mal Abwechslung und so entschied ich mich spontan, mal wieder was abseits der typischen Gefilde anzugucken. Ich ging zum Western-Regal und fischte schließlich spontan einen guten alten James Stewart Western hervor. Allerdings keinen von den Klassikern unter der Führung von Anthony Mann, sondern ein „Spätwerk“ des klassischen US-Westerns: Die Rede ist von THE RARE BREED aka RANCHO RIVER (der deutsche Titel macht in meinen Augen wirklich keinerlei Sinn).

Inhalt:

Es beginnt so, wie es muss: Ein Umzug in ner Western-Stadt mit einem Haufen Rinder, die durch die staubigen Straßen getrieben getrieben werden. Das aus England kommende Mutter-Tochter Gespann Martha (Maureen O’Hara) und Hillary (Juliet Mills) betrachten dann erstmal „Bulldog-Sam“ (James Stewart), wie der mit nem Rind ringt. Dann macht sich auch schon ein gewisser James Ellsworth an die Damen ran, der wissen will, was die beiden Engländerinnen denn hier machen würden, die knappe Antwort: „Ein Schiff!“

Später macht Ellsworth die beiden Frauen dann mit John Taylor bekannt, einem Viehzüchter. Die Rinder von Martha wurden bereits versteigert, ihr ganzer Stolz ist aber ein Rind ohne Hörner, „Vindicator“, die sie nun auch verkaufen müssen, um die Kosten für die Rückfahrt zu bezahlen. Ellsworth befindet, dass Vieh sei eine Missgeburt, aber er würde auch nur die Ware für seinen Geschäftskollegen „prüfen“. Währenddessen darf sich Stewart auch schon in die erste waschechte Prügelei stürzen, nachdem der zwielichtige Simons seinen humpelnden Freund beleidigt und wenn wir schon dabei sind, muss Martha auch noch dem übergriffigen Elsworth eine reinhauen.

Danach wird Vindicator endlich versteigert und Taylor und Ellsworth bieten sich ein Kopf and Kopf Rennen. Schließlich gewinnt Letzterer mit 2000 Dollar Höchstgebot. Sam wird anschließend damit beauftragt, den Bullen zum Schotten Alexander Bowen bringen, Ellsworths Geschäftspartner, der weiter draußen in der Ebene eine Ranch hat. Sam allerdings lässt sich inzwischen von Taylor bestechen und verspricht, ihm diesen für 1000 Dollar zu bringen, sobald er und die Damen sich in Richtung Bowen aufgemacht haben...

Besprechung:

Ja, anhand der Story erkennt man schon, dass man es, insofern man die Stewart-Western der 50er gesehen hat, wirklich mit einem ganz genretypischen Machwerk zutun hat. Alles ist wie gehabt: James Stewart ist der schlagfertige, draufgängerische Einzelgänger, der zwar Fehler macht, diese am Ende natürlich wie ein guter Amerikaner einsieht und so den Tag (und auch die Frau) rettet. Hinzu kommt ne schlagfertige Dame (bzw. hier sogar gleich zwei), ein kleines Gimmick (Ob Kühe oder Gewehre (wie in WINCHESTER 73) ist ja egal) und ein paar Bösewichte. Ein US-Wohlfühl-Western wie gehabt, praktisch sind diese ja das Äquivalent zum deutschen Heimatfilm: Der kleine Mann findet, trotz ein paar Probleme, sein Glück im Land der unendlichen Möglichkeiten und wird schließlich sesshaft.

Und das ist, ab und zu, ja gar nicht so verkehrt. Manche bevorzugen den Italo-Western, weil er diese typische Schwarz-Weiß-Moral eben nicht hat und viel brutaler, dreckiger, authentischer ist, könnte man sagen. Ich persönlich mag beide Western-Arten, den Originalen aus Amiland und den von den Italienern. Gut, John Wayne Western (der Archetyp des US-Cowboys schlechthin) habe ich bisher tatsächlich schändlicher Weise noch gar nicht geguckt, dafür umso mehr Vertreter mit James Stewart, der für mich schon Argument genug ist, einen Film einzuschalten. WINCHESTER 73 finde ich ganz großartig, FAR COUNTRY (1954) war für mich auch ganz nett, nur NIGHT PASSAGE (1957) war eher enttäuschend, aber da war Anthony Mann aufgrund des schwachen Drehbuchs auch abgesprungen. Wobei man auch dazu sagen muss, dass Manns Western in ihrer Moralität komplexer waren als Wayne-Vehikel. Ich bin also bei weitem kein Western-Experte, darf aber doch von mir behaupten, dass ich die Meisten Klassiker aus beiden Ländern gesehen habe.

THE RARE BREED ist nun sicherlich vieles, aber kein Klassiker. Der Film entstand 1965 und das war ein Jahr nachdem, das wissen wir alle, Sergio Leone ebenjenen klassischen US-Western mit FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR in die Mottenkiste des Bewegtbildes katapultierte. Die Zeiten von moralisch sauberen, uneigennützigen Cowboys neigte sich dem Ende zu und ebenso die Zeit der klassischen Hollywood-Stars. Und da auch kein Anthony Mann mehr auf dem Regie-Stuhl platznahm, fehlte so ein bisschen eines wirklichen Könners in dem Feld.

Nun, THE RARE BREED dürfte 1965 gegenüber der italienischen Konkurrenz schon etwas veraltet gewirkt haben und er ist bestimmt auch einer der Letzten seiner Art, aber er ist trotzdem durchaus unterhaltsam, insofern man keine komplizierten Stories braucht. Diese ist, wie gesagt, aus den Versatzstücken der Mann Western zusammengekleistert und Stewart muss wieder denselben Typen spielen, wie er’s in den 50er Jahren schon oft tat (wenn auch inzwischen etwas gealtert). Das Skript bedient sich des Weiteren einem Grundgerüst, das ich so bisher noch nicht gesehen habe, nämlich Rinderzucht. Klar, Rinder sind ja eigentlich eh das, auf dem alle Western und alle Cowboy-Filme selbstredend aufgebaut sind, aber wenn sie in Western vorkommen, dann ja meistens nur als Kulisse. Die Handlung um ein seltenes Rind, das als Zuchtbulle dienen soll, hört sich zwar nicht allzu interessant an, dient aber mehr als McGuffin, der die Story beginnen lässt (und am Ende auch für Sentimentalitäten sorgen darf). Ansonsten geht’s um Romanzen, dass der arme Jimmie beweisen darf, dass er doch eigentlich ein guter Kerl ist, und dass am Ende alles gut wird. Das Problem am Skript ist nun aber folgendes, und zwar, dass es sich in zwei Teile teilen lässt. Ungefähr die Hälfte der Laufzeit handelt von der Reise zum Hof des schottischen Käufers des Rinds und auf diesem Weg wird die Truppe von Stewart natürlich von den bösen Buben bedroht, denen er das Rind rechtswidrig verkauft hatte. Natürlich erkennt Stewart das Unrecht am Ende und will das Rind doch wohlbehalten seinem rechtmäßigen Besitzer zuführen. Selbstredend kommts zum Showdown mit dem Bösewicht, eigentlich ja immer das große Finale solcher Western, hier wird dieses allerdings schon nach der Hälfte entschieden und der Antagonist unspektakulär aus dem Skript geschrieben (es gibt nicht mal ein wirkliches Revolver-Duell). Die zweite Hälfte muss dann ohne wirklichen Bösewicht auskommen und auf dem Hof des schottischen Rinderzüchter wird’s dann hoffnungslos kitschig, also, noch mehr als sonst. Die Tochter von Hilary verliebt sich in Jamie, den Sohn vom Rinderzüchter, und der große Patriarchat des Hofes buhlt um Martha, die aber natürlich eigentlich Stewart haben will. Nebenbei geht’s sonst nur darum, ob Marthas Zuchtbulle den harten Winter überlebt und ob sich seine Rasse in der neuen Gegend beweisen kann. Naja, das ist ja eigentlich alles ganz nett, aber wenig dramatisch oder wirklich spannend. By the Way war das Skript auch das Einzig bekannte, dass Schreiberling Ric Hardman zu Papier brachte: Es ist nicht unbedingt schlecht, aber doch auch nicht wirklich spannend, intelligent oder kreativ, eher zweckmäßig. Angeblich soll es auch auf einer realen Geschichte eines Viehzüchters basieren, aber inwieweit der Film dies den Fakten entsprechend abbildet, habe ich jetzt nicht kontrolliert.

Eine Sache hat es aber, die den anderen Stewart-Western fehlte: Humor. Teilweise wird der Film sogar als „Westernkomödie“ bezeichnet. So weit würde ich nicht gehen, aber es gibt tatsächlich einige ganz nette Stellen, die mich zum Lachen gebracht haben. Etwa wenn der bisher völlig assig-auftretende Schotte plötzlich glatt rasiert seinen Dudelsack auspackt oder wenn Martha alle Männer zu Recht weißt. Und Stewarts Reaktion darauf ist herrlich. Der Witz geht aber auch nicht auf Kosten der Ernsthaftigkeit der Story, insgesamt wird eine gute Kombination zwischen leicht bekömmlichen Scherz und Sentimentalitäten geboten.

Der Film überzeugt dafür auch an anderer Stelle. Erstmal ist er sehr schön ausgestattet, wie man’s gewohnt ist. Die Western-Stadt wirkt authentisch, mitsamt Kostümen, Gebäude und so weiter, da hat man sich nicht lumpen lassen (und mit William Alland hatte man ja eh einen fähigen Produzenten, den kennt man ja vor allem für die Jack Arnold Filme), auch wenn die Handlung dort nur ein paar Minuten am Anfang spielt. Die Atmosphäre bietet etwas klassisches Western-Feeling (etwa im Canyon) aber auch das Gegenteil, nämlich schöne Schneestürme, wenn der Winter einbricht. Ist ja nicht so, als wenn der Westen der USA immer staubtrocken gewesen wäre. Universal lässt hier wie gewohnt nichts anbrennen und das Ganze schaut sehr schön aus. Auch bei der Regie kann man nicht meckern. Andrew V. McLaglen übernahm zum Ende des US-Westerns so manch letztes Prestige-Projekt des Genres, etwa CHISUM (1970) mit Wayne, THE WAY WEST (1967, gleich mit Mitchum, Douglas und Widmark. Den werde ich mir auch noch anschauen) oder BANDOLERO (1968, ebenfalls mit Stewart). Dementsprechend merkt man schon hier, dass er weiß, was er tut und es gibt den ein oder anderen Shot, der die prächtige Landschaft des weiten Westens entsprechend einzufangen weiß.

Der Cast weiß ebenfalls zu überzeugen. Zu Stewart muss man wohl nicht viel sagen, der Mann hat automatisch seine Ausstrahlung, wann immer er auch nur im Bild steht und es braucht nicht viel, um in seiner Rolle glaubwürdig zu sein. Hier ist er zwar etwas gealtert, aber immer noch sympathisch, authentisch und schneidig wie eh und je. Die Rolle des guten, integreren Mannes nimmt man ihm sofort ab. Passend dazu bekommt er es mit den klassischen selbstbewussten Frauen zu tun. Im Gegensatz zu den 40er oder 50er Jahren hat sich schon etwas entwickelt, zumindest Mutter Martha wird nicht als hilflose Frau gezeichnet, die trotz ihrer starken Sprüche eines rettenden Mannes bedarf (zu diesem findet sie natürlich trotzdem). Sie nimmt die Zügel gerne sprichwörtlich selber in die Hand und Maureen O’Hara ist in der Rolle ebenfalls charismatisch und glaubwürdig. Tatsächlich habe ich mit ihr ansonsten auch noch keinen weiteren Film gesehen. Ihre Tochter Hillary fällt ins selbe Raster und bekommt auch ihre eigene, sehr flache und klischeehafte Liebesgeschichte spendiert. Auch Juliet Mills kann in dieser Rolle der selbstbewussten jungen Frau mit Emotionen überzeugen und auch sie habe ich bisher noch in keinem anderen Film gesehen, aber das wird noch passieren, denn sie spielte u.a auch noch im Italo-Horror BEYOND THE DOOR (1974) mit. Ihr Love-Interest, der Sohn des Viehzüchters, hingegen fällt kaum auf, dafür bekommt sein Schauspieler Jamie Bowen zu wenig Möglichkeiten von dem Skript. Für Spaß sorgt aber definitiv sein Vater, der Hau-Drauf von einem Schotten Alexander Bowen, der die Wandlung vom dreckigen Assi zu einem Gentleman (natürlich nur, weil er der Frau gefallen will) sympathisch vollzieht, auch wenn der Charakter natürlich auch nur ein wandelndes Klischee ist.

Und bevor ich’s vergesse: Für die Musik war kein geringerer als John Williams zuständig. Der Soundtrack fiel mir hier allerdings trotzdem nicht so wirklich auf...

Mir liegt der Film als DVD aus der Western-Collection von Universal vor, in der auch die anderen Stewart-Western aufgelegt wurden. Das Bild ist ganz in Ordnung, keine große Sache, der Ton ist aber irgendwie etwas leise (ich glaube langsam, irgendwas an meinem Player ist kaputt).

Fazit:

THE RARE BREED ist dasselbe, was man schon öfters gesehen hat, gewohnt gut inszeniert und James Stewart ist sowieso fantastisch. So gesehen hatte ich mit dem Film 90 Minuten lang oberflächige Unterhaltung.

7/10 Punkten.

Edit: Da dies eine "alte" Review ist, gibt sie es sie auch unter https://badmovies.de/reviews/the-rare-breed zu lesen.