Endstation Mars – Filmkritik
Original-/Alternativtitel: Mission Mars
Jahr: 1968
Regisseur: Nicholas Webster
Schauspieler: Darren McGavin (Col. Blaiswick), Nick Adams (Nick Grant), George De Vries (Doug)
Vorwort:
Jaja, ab und zu verwende ich auch Streaming-Angebote, ob man’s glaubt oder nicht. Auf Netflix findet man jetzt nicht viel für meinen Geschmack (sicherlich viel Trash, aber jetzt nicht die Art, die ich mag), dafür auf Amazon-Prime umso mehr. Da verstecken sich in den Untiefen wirklich zahllose B-Streifen von anno dazumal, von den 40er Jahren bis in die 80er Jahre. Letztens habe ich da erst einen Chuck-Norris Film gefunden (Lone Wolf McQuade), ich muss aber sagen, dass ich sehr selten auf Amazon-Prime wildere, weil es die Filme entweder auf Scheibe gibt (und wenn, dann will ich sie schon im Regal stehen haben) oder aber sie gibt es auch auf YouTube. Für deutsche Synchronisationen (wenn denn vorhanden) von alten Schrottfilmen ist Amazon aber durchaus gut.
Wie auch immer, zuerst schob ich heute die DVD vom David L. Hewitt Heuler Reise ins Zentrum der Zeit (aus der „Jules Verne Box“. Richtig, man errät, dass Jules Verne absolut nix mit dem Film, ein The Time Travellers Remake von 1968, zutun hat). Wie auch immer, ich habe nun zwar kein Review dazu gemacht (obwohl es sich angeboten hätte), dafür darf ich jetzt etwas anderes präsentieren. Auf der Amazon-Wunschliste dümpelte nämlich seit Ewigkeiten der sehr unbekannte Endstation Mars herum, und da mir durch den vorangegangenen Konsum von Reise ins Zentrum der Zeit nun mal nach 60s Sci-Fi-Trash war, konnte ich die Watchlist endlich mal etwas abarbeiten. Außerdem stammte Endstation Mars ebenfalls von David L. Hewitt, und das passte mir grad recht – oder so dachte ich zumindest.
Inhalt:
Drei Astronauten, Col. Mike Blaiswick, Doug und Nick, sind auf dem Weg zum Mars. Auf dem Weg sehen sie schon zwei verlorene Kosmonauten der gescheiterten russischen Mission im All schweben. Auf dem Mars werden sie dann schnell mit sehr seltsamen Ereignissen konfrontiert: Eine seltsame Alien-Apparatur taucht aus dem nichts auf, sie finden einen der Kosmonauten wie eingefroren und schließlich erscheint eine metallische Kugel, die sie durch ein Elektrofeld am wegfliegen hindert…
Besprechung:
Nene. Irgendwann wurde mir dann auch bewusst, dass Endstation Mars NICHT der deutsche Titel von Hewitts Wizards of Mars war. Erstens, weil die Inhaltsangabe nicht mit dem Film zusammenpasste, und zweitens, weil John Carradine nicht in den Credits auftauchte. Tatsächlich handelt es sich dafür um ein weiteres Werk von einem Trash-Garanten, den wir hier auf der Website trotzdem schon mal zu Gast hatten, nämlich um niemand geringeres als Nicholas Webster, der die gute, alte Mutter Erde 1964 schon mit dem „Trash-Klassiker“ Santa Claus Conquers the Martians „beglückte“. Und was das für ein horrender Quatsch war, daran erinnern wir uns doch alle, oder?
Jedenfalls schien der nette Webster einen Narren an unseren roten Nachbarsplaneten gefressen zu haben, denn vier Jahre später, 1968, präsentierte er uns die nächste Reise zum Mars. Und, Überraschung, Überraschung, diesmal richtet er sich tendenziell sogar an ein Erwachsenenpublikum. Nix also mit bekloppten, grünen Marsianern, sondern Platz frei für fast „Hard-Science-Fiction“-Trash, der sich bierernst nimmt und über dem man fast meinen könnte, dass sich da jemand gesteigerte Gedanken gemacht hätte. Angeblich soll auch Jules Verne irgendwas mit dem Stoff zutun haben, aber, und ich verifiziere das jetzt nicht extra, das bezweifle ich stark, den der Name Verne wurde von spitzfindigen Trash-Produzenten ja nur zu gerne missbraucht, um ihre Werke besser zu verkaufen. Jedenfalls haben, sagen wir mal, 75% der „Verne-Filme“ nix mit den Büchern des alten Franzosen zutun. Doch darum soll’s ja gar nicht gehen.
Dass das klassische Monster- und Science-Fiction Genre in den 60er Jahren ziemlich ausgebrannt war, hatten wir schon bei den Besprechungen zu Hand of Death und Journey to the Seventh Planet zur Kenntnis genommen. Im Grunde fällt mir kein wirklich großer, bekannter Sci-Fi Film aus den 60er Jahren ein, der diesen Namen auch verdient hätte (also in dem Sinne, dass es wirklich um Sternenreisen und Raketen und so weiter geht; und nein Planet der Affen lasse ich nicht gelten. Edit: ja, natürlich, ich Idiot, da gab’s ja noch diesen kleinen Film von Stanley Kubrick). Was ja etwas seltsam ist, denn gerade in den 60er Jahren gelang es der Menschheit ja, erstmals einen Menschen zum Mond zu schicken. Nichtsdestotrotz feierte dieses Genre schon zu Anfang der 50er Jahre seine große Blüte (als das Wettrennen zwischen den USA und der Sowjetunion begann) mit Filmen wie Endstation Mond, Rakete Mond startet oder Die Eroberung des Weltalls. Ende des Jahrzehnts regierten jedoch wieder Hammer und AIP mit ihren Gothic-Horrorfilmen. So viel zur historischen Einordnung der ganzen Chose.
In den 60er Jahren sanken Science-Fiction Filme dann im Niveau immer weiter und waren meistens mehr „Fiction“ als „Science“ – bei so Titeln wie Women of the Prehistoric Planet oder Frankenstein Meets the Space Monster ja auch kein Wunder.
Technisch und optisch bewegt sich Endstation Mars freilich auf diesem Niveau. Inhaltlich ist es da aber schon anders, um nicht zu sagen diffus. Es ist ein wirklich sehr seltsamer, merkwürdiger Film, dessen einzelne Inhaltsstoffe irgendwie gar nicht zueinander passen wollen. 60s Disco-Musik zu Szenen fliegender Raketen, dann merkwürdige, technische Alien-Apparaturen, verbrennende Menschen und zahlreiche unbeantwortete Fragen. Auf der einen Seite wirkt das wie der typische B-Kracher, mit Monstren auf einem fremden Planeten. Auf der anderen Seite wirkt es aber auch tiefgründiger als seine Pendants (mit Betonung auf „wirkt“), schließlich halten sich die Schauwerte in Grenzen. Dadurch, dass man nichts über die Hintergrunde der Alien-Apparatur und der Metallkugel erfährt, und dass diese schließlich seltsames Zeug von sich gibt, gibt dem ganzen so den Anstrich von „wir wollen hier irgendwie etwas mystisches in den Sci-Fi mischen“, wenn man mich versteht. Das erinnert mich etwas an die russischen Science-Fiction Filme aus den Jahren, an Streifen wie Planet der Stürme oder Begegnung im All. Diese waren deutlich behutsamer und nachdenklicher und formulierten viel weniger aus, da gings eben um „Philosophie“ und nicht um Schauwerte. Bei Endstation Mars fehlt irgendwie beides, aber gleichzeitig auch nicht. Es ist… seltsam. Es wirkt, als ob man das Drehbuch nicht zu Ende geschrieben hätte.
Ja, und dieses basiert ebenfalls auf der „Idee“ (was immer die gewesen sein mag) eines alten Bekannten, nämlich Aubrey Wisberg, der vor allem in den 50er Jahren, teilweise zusammen mit Jack Pollexfen, so manchen feinen B-Film produzierte, darunter Der Mann von Planet X oder The Neanderthal Man. Später gab er mit Hercules in New York ja auch einem gewissen Arnold „Strong“ Schwarzenegger sein Karrieredebüt.
Verwandelt wurde seine Grundidee von einem gewissen Michael St. Clair in ein Skript, der nebst diversen Kleinstauftritten auch nur noch beim 60s Alien-Film The Body Stealers ein Skript zusammenschraubte. Wie gesagt – das Skript ist objektiv gesehen sehr langsam und schindet Zeit, wo es nur geht. Gerade mal nach knapp 40 Minuten erreicht die Rakete den Mars, und alles, was bis dahin passiert, hätte man theoretisch auch auf 10 Minuten zusammenstreichen können, ohne dass etwas von Wert verloren gegangen wäre. Das kann ja funktionieren, diese Langatmigkeit bei Science-Fiction Filmen, hier ist das aber einfach nur, vermute ich mal, dem geschuldet, dass man keine Ideen hatte. Da werden die schablonenhaften Figuren eingeführt, da wird viel Technobabble praktiziert (zuerst hielt ich den Streifen eben deswegen auch erst für eine Hewitt-Produktion) und immerzu dieselben Szenen der fliegenden Rakete eingeblendet (ungelogen, drei verschiedenen Szenen der Modellbaurakete werden locker 15-mal sekundenlang wiederverwendet). Und wenn sie dann mal auf dem Mars ankommen, geschieht auch nicht gerade etwas weltbewegendes, zumal am Ende auch keine der aufkommenden Fragen beantwortet werden, habe ich ja schon erwähnt. Das wäre ja ok, wenn der Film denn wenigstens irgendwas zum überlegen mitgeben würde, wie es z.B einige russische Filme aus der Zeit taten (oder zumindest vorgaben, sie würden es tun), aber das ist hier einfach nicht der Fall. Hier werden irgendwelche obskuren Ideen aus dem Hut gezaubert, auf dem Mars geworfen, am Ende ist’s halt so, ohne dass man erfährt wer, wieso, weshalb, warum. Aus den vorhandenen Versatzstücken (seltsame Entität auf dem Mars, außerirdische Roboter) hätte man durchaus etwas machen können.
Stattdessen sitzt der Streifen zwischen den Stühlen. Für einen zünftigen Monster-Reißer reicht es nämlich auch nicht. Dafür gibt’s zu wenig „Action“ und Monster ehedem schon gar nicht. Die seltsame Roboter-Apparatur sieht zwar ganz fein aus, tut aber sowieso nicht viel, und die eine Gewaltszene, in der einer der Astronauten zu Asche wird, macht den Braten auch nicht mehr fett. Dafür allerdings punktet der Film, allerdings auch eher unfreiwillig und das nur aus heutiger Sicht, mit seinem Look. Natürlich ultra-billig und teils auch dem schlechten Print der Amazon-Version verschuldet, haftet dem ganzen dieser obskure B-Movie Charme an, den ich einfach so gerne habe. Manchmal sind die Sets nur allzu gut als winzige Studiosets zu erkennen (die ebenfalls oft recycelt werden), manchmal sind die Mars-Wüsten aber durchaus gekonnt in Szene gesetzt. Zusammen mit der unterschwelligen Musik ergibt das, wenn zumindest mal keine Disko-Musik auf der Tonspur zu vernehmen ist, eine angenehm mystische Atmosphäre, die zu der obskuren Story passt.
Allerdings fehlt Nicholas Webster auch das nötige Talent (wer hätte es gedacht) um dem Streifen durch seine Regie noch den letzten Pfiff zu geben. Das Ganze geht zwar in Ordnung, lediglich der übermäßige Stock-Footage-Gebrauch und die recycelten Szenen in der ersten Hälfte fallen negativ aus, aber das mag auch dem Budget geschuldet sein, das wohl extrem gering war. Die Effekte sind ganz ok, wenn auch die offenen Weltraumhelme der Astronauten lachhaft sind (man sollte meinen, auch ein Trash-Regisseur wusste 1968, dass man auf dem Mars eventuell geschlossene Helme benötigt!). Die Alien-Apparaturen sind irgendwie charmant-trashige Miniaturen und die Metallkugel, die außerirdische Entität (oder was auch immer es nun sein sollte) sieht eher aus wie eine Alufolienkugel.
Die Akteure lassen insgesamt nichts anbrennen, ohne sich großartig ins Zeug zu legen. Nick Adams als sich aufopfernder Geologe (spielte u.a in AIPs Das Monster von Schloss Witley oder in einigen US-Versionen von Toho) ist als sympathischer Astronaut ganz ok, auch wenn seine finale Entscheidung nicht ganz logisch erscheinen mag. Darren McGavin (Captain America u.a) gibt den Anführer der Truppe. Der Rest des Casts hat nicht viel mehr zu tun. Zu bemerken ist aber noch, dass eine gewisse Heather Hewitt eine der Ehefrauen der Astronauten mitspielt. Da sie ungefähr zur selben Zeit wie David L. Hewitt geboren wurde (um 1938 rum), würde es mich nicht wundern, wenn sie die Schwester des Trash-Auteurs wäre, aber das sind reine Vermutungen, denn etwas handfestes konnte ich dazu nicht ausgraben.
Die Qualität des Prints, den es bei Amazon zu sehen gibt, ist wie gesagt ziemlich schlecht, so VHS-Qualität. Aber wer würde diesen Film auch schon in 4K sehen wollen?
Fazit:
Endstation Mars ist, halten wir fest, ein seltsamer Film. Nicht richtig Fleisch, nicht richtig Fisch, aber auch nicht richtig schlecht. Für knapp 85 Minuten unterhaltsam genug, zumindest für B-Filmfans, auch wenn die große Trash-Offenbarung ausbleibt. Man kann das verschenkte Potenzial erkennen, am Ende bleibt’s aber eine Fußnote im Bereich des ohnehin tranigen Science-Fiction Films der 60er Jahre.
5,5/10 Punkten.

