Original-/Alternativtitel: The Scarlet Blade |  The Crimson Blade | 
Lama scarlatta

Jahr: 1963

Regisseur: John Gilling

Schauspieler: Lionel Jeffries (Colonel Judd), Oliver Reed (Captain Tom Sylvester), Jack Hedley (Edward Beverley), June Thorburn (Claire Judd), Michael Ripper (Pablo)

Vorwort:

Hammer ist bzw. war nicht nur Horror. Sicherlich, wenn man „Hammer“ hört, hängt man im Kopf sofort das „Horror“ hinten dran, aber das britische Kultstudio war neben Science-Fiction und Horror auch im Feld der (historischen) Abenteuerfilme und Thriller aktiv, Kriegsfilme will ich das nun nicht nennen, weil da die Budgets zu beschränkt waren. Insgesamt stehen diese Werke aber natürlich weit hinter den Horrorproduktionen á la Frankenstein und Dracula und sind, zumindest in Deutschland, auch gar nicht zu bekommen, insoweit ich informiert bin. Wie sooft bin ich auf englische Labels ausgewichen und gönnte mir schon vor geraumer Zeit die fünfte Powerhouse-Box mit dem Titel „Death & Deceit“. Darauf: Pirates of Blood River (mit Christopher Lee), Visa to Canton, The Brigand of Kandahar sowie The Scarlet Blade. Pirates of Blood River und The Scarlet Blade kamen auch hierzulande raus, warten aber immer noch auf VÖs (Anolis, ich schaue euch an!). Und Letzteren führte ich mir heute ganz spontan auch zu Gemüte. Kann Hammer auch mit historischen Abenteuern abliefern?

Inhalt:

Es ist das Jahr 1648: Die Aufständigen unter dem General Oliver Cromwell kämpfen gegen die Royalisten. Besonders Kolonel Judd tut sich durch rigorose Maßnahmen gegen seine Kämpfe hervor. So lässt er den Vater von Edward Beverly töten, nachdem dieser nicht den Aufenthaltsort von Karl I. nennen will. Dieser befand sich tatsächlich in seinem Haus, doch seine Söhne Edward und Jacob wollen den König retten. Ihre Gruppe treuer Diener des Königs, genannt „The Scarlet Blade“, wollen Colonel Judd bekämpfen und den König retten.

Besprechung:

Tja, wenn Hammers andere Abenteuerfilme auch so sind, dann wäre es schade, denn: The Scarlet Blade (aka „Das Scharlachrote Schwert“) entpuppte sich als trübe Angelegenheit. Ich bin nicht der Allergrößte Fan von historischen Abenteuerfilmen aus dieser Zeit, ab und zu aber können auch diese bei mir zünden, das muss ich sagen. Zwar habe ich in dieser Riege, sprich, B-Abenteuerfilme der 50er bis 60er, noch kein Meisterwerk gesehen, aber eine Handvoll, die ich ganz nett fand, z.B letztens erst Unter Schwarzem Visier von 1954, u.a mit einem Peter Cushing aus seiner Prä-Hammer Zeit. Das war auch eigentlich der Grund, wieso ich dachte, dass ich es vermehrt mit dieser Art von Filmen versuchen könnte. Klar: Die sind zwar aus heutiger Sicht reichlich simpel, naiv und zeichnen ausschließlich schwarz-weiß, aber durch die Ausstattung und den Charme können die inhaltlichen Schwächen doch öfters wettmachen. Und wer, wenn nicht Hammer, könnte durch „Style over Substance“ entschädigen? Selbst wenn Inhaltlich nicht viel passiert, können die Hammer-Vehikel mich doch zumindest passabel unterhalten, wie ich letztens erst in der Kritik zu Dracula – Nächte des Entsetzens darlegte.

Das Problem an The Scarlet Blade ist nun aber schlicht: Es gibt weder Style noch Substance, und das sage ich bei Hammer echt nicht gerne. Sicherlich war ein britischer Historien-Abenteuerfilm nicht die Art von Story, an die das Studio alle Mühen und Pfunde (die Währung) verschwendete, aber etwas mehr hätte ich auch davon erwartet.

Erstmal muss ich aber auch sagen, dass ich die zeitliche Epoche, in der die Handlung spielt, wirklich sehr uninteressant finde. Mittelalter, gerne, frühe Neuzeit, ebenfalls immer interessant, aber 17. Jahrhundert? Das ist, für mich, nun wirklich eine trübe, öde Epoche, in der irgendwie nicht geschah, was der Menschheit weitergeholfen hätte: 30 Jähriger Krieg, Hungersnöte, Absolutismus, nicht ohne Grund heulte jeder Dichter zu dieser Zeit rum, der Tot sei allgegenwärtig (Die Barock-Epoche, jetzt kann ich sogar mit diesem „Wissen“ angeben, aber das will ich hier nun nicht vertiefen). Es gab auch keine richtigen edlen Rittersleut mehr... nein, dieses Zeitalter halte ich für sehr langweilig und trübsinnig. Es dient meiner Meinung nach für keine Geschichten, die ein B-Film mitreißend stricken könnte. Und mit englischer Geschichte des 17. Jahrhunderts bin ich nun auch nicht vertraut, aber eigentlich ist es auch egal. Da Hammer ohnehin auf Internationales Kino schielte und diese nicht vergraulen wollte, hält man sich mit komplizierten historischen Verstrickungen zurück. Am Anfang heißt es lediglich, dass ein paar „freie Männer“ gegen die Tyrannei kämpfen. Theoretisch hätte der Film auch in Deutschland (bzw. ein Teil der dreisprachigen Gebiete) in Frankreich oder sonst wo spielen können. Von Bedeutung ist es nicht, denn die Namen und „historischen“ Charaktere sind völlig austauschbar. Die Grundhandlung (oder was heißt „Grundhandlung“? Die entwickelt sich auch nicht mehr weiter) ist halt einfach, dass Royalisten gegen Aufständige kämpfen. Ob dabei ausgerechnet der englische König gerettet werden muss, hat keinerlei Bedeutung, denn um irgendwelche historischen Fakten schert sich der Film, wie gesagt, eh nicht und geht niemals in die Tiefe. Es wird nichts erklärt: Wie kam es zum Aufstand, was sind die Motivationen der Parteien und so weiter?

Die Ausgangslage ist: Gut gegen Böse. Und da kommen wir zum zweiten Teil, die schon angesprochene Schwarz-Weiß Malerei. Die Aufständige unter Oliver Cromwell (der nicht vorkommt) sind allesamt durchtriebene, böse Säcke, die Morden und eine Schneise von Hass hinterlassen. Die Royalisten hingegen sind die netten, tollen, „freien“ (was sich ja eher ausschließen müsste), moralischen Leutchen, die für ihren König sofort sterben würden. Inwieweit die historischen Fakten nun waren, kann ich nicht beurteilen, aber das stößt schon etwas negativ auf, aber passt ja sicherlich ins konservative Bild der Engländer der 60er.

Aber nun gut, wie gesagt, das könnte man ja verzeihen. Leider macht das Drehbuch nun aber gar nichts aus diesen Prämissen. Wirklich viel passieren tut nicht: Der König muss gerettet werden und die Gruppe Edward muss halt irgendwie gegen den fiesen Glatzkopf Kolonel Judd vorgehen. Innerhalb von 80 Minuten gibt’s ein bisschen Hin- und Her, eine kleine, völlig unmotivierte Romanze und irgendwie... ja, ich kann’s gar nicht zusammenfassen. Ein paar Scharmützel, ein paar Duelle, irgendwie nicht mehr. Colonnel Judd will „The Scarlet Blade“ finden, aber viel tut er nicht, ja im Grunde tut hier kaum jemand irgendwas wirklich Bedeutsames. Den König sieht man nur kurz zu Anfang, große Schlachten gibt’s ja eh nicht (wir sind ja immer noch bei Hammer, mit Verlaub). Leider kommt niemals die Stimmung auf, es geht um etwas „Bedeutsames“: Dazu sind die Charaktere zu langweilig und alles wirkt auch „weit entfernt“, eben weil man von dieser Welt, dem England des 17. Jahrhunderts, kaum etwas sieht. 80 Minuten vergehen einfach damit, dass Leute in Häusern rumstehen und irgendwie bedeutungsschwanger reden, ein paar Mal wird gekämpft, ohne das etwas dabei herauskommt, und es wird ein bisschen integriert und verraten. Ohne Konsequenten, irgendwie. Lediglich das Ende ist etwas "untypisch", denn es ist keines von der "es ist wieder alles Sonnenschein"-Sorte.

Und dass das Ganze wirklich langweilig aussieht, hilft freilich nicht. Bei Hammer habe ich die Sets bisher immer gelobt, hier aber kann ich’s leider nicht tun. Die Kulissen beschränken sich auf ein paar Häuser, und aufgrund der Epoche dürfen diese natürlich nicht im hübschen Gothic-Stil designt sein. Stattdessen sind es eher triste Gutsherren-Häuser ohne Wiedererkennungswert oder eine langweilige Schenke. Für die Augen ist der Film nichts, und bei Hammer will das was heißen. Und die Regie tut da auch nicht viel mehr. John Gilling war für dieses Projekt in zweierlei Position verantwortlich. Zum Drehbuch habe ich oben schon etwas geschrieben, es ist wirklich ohne Drive oder jedweden Tiefgang. Und optisch bietet der Film auch wenig, wo Gilling anknüpfen könnte. Die Sets im Inneren sind langweilig und die englischen Wälder im Herbst sehen ausgesprochen kahl und trostlos aus. Gilling gehört sicherlich nicht zu Hammers besten Regisseuren, aber Nächte des Grauens und Das schwarze Reptil sind natürlich gute Beiträge im Opus von Hammer, keine Frage. Und auch Der Fluch der Mumie fand ich nicht schlecht, ja sogar Mother Riley Meets the Vampire, sein Regie-Debüt im „Horror“-Fach, fand ich ganz gut – ok, das lag aber zu 99% auch an Lugosi. Aber hier filmt er das ohne Ideen, ohne Tempo ab und steuert der inhaltlichen Leere nicht entgegen.

Immerhin der Cast ist ganz gut. Lionel Jeffries (Die erste Fahrt zum Mond u.a) ist als fieser, opportunistischer und herrische Colonel Judd ein geeigneter Bösewicht und sein Spiel hätte es verdient, dass der Charakter mehr als „er ist halt böse und gemein“ ist. Gleiches gilt für Oliver Reed, der Judds kalten, scheinbar emotionslosen Handlanger gibt. Nun, ich muss sagen, dass Reed mir bisher kaum aufgefallen ist: Sein Hammer-Vehikel, Der Fluch von Siniestro, finde ich etwas unspektakulär, aber hier hat er schon eine gute Leinwandpräsenz. Die auf jeden Fall besser ist als die, der völlig austauschbaren Helden. Die sind nun wirklich vollkommen uninteressant und was mit ihnen geschieht, hat mich nicht im geringsten gejuckt. Vom Drehbuch bekommen sie auch keine wirkliche Chance, etwas zu zeigen, deswegen will ich ihre (mir unbekannten) Akteure hier auch nicht bewerten. Lediglich June Thorburn als Judds Tochter, die sich gegen ihn wendet, kann hier und da mehr glaubwürdige Emotionen in ihre Rolle packen. Ihre plötzliche Liebe zu Edward wirkt allerdings etwas aufgesetzt. Und zu guter Letzt haben wir noch den guten alten Michael Ripper, zu dem ich schon in der Kritik zu Dracula – Nächte des Entsetzens einige Zeilen geschrieben habe – er war ja Hammer-Stammpersonal, wenn auch nur in Nebenrollen. Dass er hier mit einer Art Blackfacing einen „Zigeuner“ (sage nicht ich, er wird im Film immer als „Gypsy“ bezeichnet, und „Zigeuner“ ist leider Gottes die Übersetzung dafür) spielt, kommt ihm nun nicht gerade entgegen und ohnehin tut er, wie alle, nicht viel Bedeutsames.

Wenigstens die finale Schlachtszene konnte ein paar Schauwerte bieten, ist mit ihren, optimistisch geschätzt, 50 Komparsen aber auch alles andere als epochal.

Gesehen wurde der Film auf der Powerhouse Blu-Ray, die wie immer zahllose Extras bietet. Ton- und Bildqualität sind durchaus gut.

Fazit:

The Scarlet Blade aka Die Scharlachrote Klinge (kein wirklich passender Titel, in beiden Fällen) ist, soweit ich mich nun entsinne, der erste Hammer-Film, der mich gelangweilt hat. Naja, selbst ein Studio wie Hammer kann nicht immer zufriedenstellen. Ich hoffe nur, dass die anderen Abenteuerfilme aus der Box besser sind...

4/10 Punkten.