Original-/Alternativtitel: The Mask of Fu Manchu

Jahr: 1932

Regisseur: Charles Brabin  

Schauspieler: Dr. Fu Manchu (Boris Karloff), Karen Morley (Sheila Barton), Lewis Stone (Nayland Smith), Charles Starrett (Terence Granville), Jean Hersholt (Von Berg)

Vorwort:

Ich bin ein Mann des Wortes, möchte ich meinen. Und nun ist es schon etwas her, seit ich Die Rache des Dr. Fu Manchu (1967) mit Christopher Lee hier besprochen habe. Zwar fand ich diesen dritten Teil der Reihe eher weniger bekömmlich, aber da ich den ersten Teil überraschend gut und den zweiten zumindest gourtierbar fand, nahm ich mir vor, die „Originale“ Karloff’sche Version von 1932 hier zu besprechen. Das ist jetzt knapp vier Monate her und nun löse ich mein Versprechen ein… wobei „Originalversion“ auch falsch wäre, denn vor Karloff schlüpfte schon der Teilzeitasiate Warner Oland in die Maske des chinesischen Superbösewichts: Diese Verfilmungen von 1929 und 1930 sind aber so gut wie in Vergessenheit geraten und die Edition von 1932 ist die aller Erste, die auch heute noch von gewisser Bedeutung ist.

Inhalt:

Sir Lionel Barton wird von Nayland Smith, Agent des Britischen Secret Service, damit beauftragt, die Schätze aus dem sagenumwobenen Grab des Dschingis Khan zu bergen, das vor kurzem entdeckt wurde – und zwar vor Fu Manchu, der die Maske und das Schwert des Khan zu seinen Zwecken missbrauchen würde. Bevor sich Barton aber auf dem Weg machen kann, wird er im britischen Museum von Spitzeln von Fu Manchu, die sich als Mumien in Sarkophagen tarnten, entführt. Natürlich verrät er Fu Manchu den Standort des Grabes nicht, wird aber grausam gefoltert: Er wird unter eine große Kirchenglocke gefesselt, die ihn von da an unaufhörlich wachhält.

Derweil wird eine weitere Expedition ausgesandt, angeführt von Smith selbst. Mit dabei ist auch Professor von Berg und Sheilas Verlobter Terence. Sheila setzt sich allerdings durch und nimmt an der Expedition teil, um ihren Vater zu retten. Die Expedition findet das Grab des Khan tatsächlich, und als ein Gesandter von Fu Manchu die Hand von Barton mitbringt, fordert Sheila, dass die Artefakte für ihren Vater eingetauscht werden. Doch Fu Manchu lässt das Schwert schmelzen, da es sich um eine Fälschung handelt. Er will wissen, wo das Original ist, und nimmt auch Terence gefangen…

Besprechung:

Ich weiß zwar nicht, was ich erwartet habe, aber Die Maske des Fu-Manchu ist dann doch um einiges rassistischer gewesen, als ich gedacht hatte. Klar: Auch den Christopher Lee Verfilmungen der 60er kann man aufgrund des „Yellow Facings“ Rassismus vorwerfen, aber was uns MGM hier auftischt, ist nochmal ne Nummer härter. Aber auch, in mancher Hinsicht, schöner als die Lee-Verfilmungen.

Die Plotte ist altbekannt: Fu-Manchu ist der Superbösewicht in bester James Bond Manier und darüber hinaus auch noch Sadist, Doktor der Philosophie, Chirurg, Kriegsherr und noch ein paar andere Sachen. Ich habe das Buch von Sax Rohmer von 1913 nicht gelesen (dieses jedoch auf meine Liste gepackt) und kann von daher nicht sagen, inwieweit sich die MGM-Version an die Vorlage hält. Ich denke aber, dass es bei solcher Unterhaltung auch zweitrangig ist. Was ich ebenfalls nun denke ist, dass das Buch in dieselbe rassistische Kerbe schlägt und das Narrativ des „Yellow Peril“ aka „Die gelbe Gefahr“ gleichermaßen spinnt, zusätzlich gibt’s auch Blackfacing (die Wachen im Hintergrund) und wer eine Sprechrolle als Chinese hat, der ist natürlich Amerikaner… „echte“ Chinesen bekamen nur Statistenrollen. Und werden sogar als rückständig dargestellt, wenn sie die Statue von Dschingis Khan anbeten, bis die Briten sie mit ein paar Warnschüssen davon abhalten. „Harmlose“ Chinesen, so sagt uns der Schlussgag des Weiteren, sind nur die, die etwas dämlich sind und den Briten deswegen dienen dürfen. Vorher war es mir tatsächlich gar nicht so wirklich bewusst – die Lee-Verfilmungen halte ich nach wie vor für simple B-Filme ohne wirklich böse Absicht. Beim Buch und bei der MGM-Verfilmung schaut es nun schon wieder ganz anders aus. Wer wollte, könnte den Streifen ohne weiteres in den Giftschrank stellen. Aber das wäre erstens übertrieben und zweitens unnötig. Ich habe es schon in der Kritik zu Die Rache des Dr. Fu Manchu und auch in Der Terror der Tongs (ein Quasi Fu-Manchu mit Lee von Hammer, nur ohne den Namen) gesagt: Bei B-Filmen von anno dazumal rege ich mich grundsätzlich nie über Rassismus auf. Ich benenne ihn und kreide es gegebenenfalls an, aber es ist für mich bisher nie ein Grund gewesen, einen Film schlechter zu bewerten. Das mag ja jeder halten wie er will, aber ich sehe keinen Sinn darin, 50-90 Jahre alte Filme für etwas abzustrafen, was nun mal dem Zeitgeist entsprach.

Nun, das wäre geklärt. Das Skript macht aus der Grundidee „chinesischer Superbösewicht“ natürlich keine tiefgreifende Geschichte mit übermäßigem Spannungsbogen. Wie’s endet dürfte jedem klar sein, und ich glaube, das ist damals auch schon so gewesen. In gutem Tempo wird sich von Plot-Point zu Plot-Point gehangelt. Der Konflikt, die Suche nach dem Schwert von Dschingis Khan und dass Fu Manchu aufgehalten werden muss, wird schon in der ersten Szene par Dialog ganz schnell eingeführt, ebenso fix wird mit der Entführung Sir Lionel Barton ein Grund gegeben, um Fu Manchu auf der Bildfläche erscheinen zu lassen, und der Antagonist hat fortan auch genug Screentime, sodass das generische Leinwandpaar Terence und Sheila glücklicherweise keine Möglichkeit bekommen, mit etwaigem Kitsch zu nerven. Es fühlt sich ein bisschen wie Chandu the Magician an, der aus demselben Jahr ist. Sowieso teilen die beiden gleiche Ingredienzien: Es ist wunderschöner Pulp. Sie fühlen sich aufgrund des hohen Tempos ein bisschen wie Serials an. Und sie haben jeweils mit die besten Horrordarsteller aller Zeiten. Während Bela Chandu bei Fox drehte, machte Karloff nämlich den Chinesen bei MGM – obwohl diese besorgt um ihre Finanzen waren und den Dreh kurz sogar abbliesen.

Geschrieben wurde das Skript von gleich drei Leuten: John Willard (schrieb u,a auch selber Bücher, bekannt vor allem für The Cat and the Canary), Irene Kuhn (schrieb am Abenteuerfilm The Amazon Head Hunters aus demselben Jahr) sowie Edgar Allan Wolf, der vor allem als Co-Autor von The Wizard of Oz bekannt sein dürfte. Insgesamt zeigen sie bei der Geschichte an sich wie gesagt keine große Kreativität, aber die bedarf es hier auch gar nicht. Man bekommt genug hübsche Schauplätze zu sehen, das Skript ist für 65 Minuten abwechslungsreich genug und überhaupt gab’s dort auch genug Platz für die ein oder andere hübsche Foltersequenz – Pre-Code sei Dank! Da wird ausgepeitscht, da wird mit Alligatoren und riesigen Glocken gefoltert und da werden unschuldige Männer zwischen zwei Stachelwänden zerquetscht (bzw. drohen zerquetscht zu werden, ganz wie Lugosi es in Der Rabe tun sollte). Aus heutiger Sicht hat das seinen exploitativen Charme, zu sehen, wie sich damals sowas vorgestellt wurde. Ein paar Jahre später wäre sowas wahrlich unvorstellbar gewesen, wenn man bedenkt, dass ganz Hollywood die Produktion von Horror beendete, nur weil den britischen Zensoren das Pendel aus Der Rabe zu schlimm war. Des Weiteren kocht Manchu auch ein hübsches Gift-Süppchen aus Spinnen und Schlangen, die er dazu aus Löchern in seinem Evil-Superlabor holt und eine abbe Hand von Vater Barton wird auch noch hervorgeholt. So muss das.

Was das Skript ebenfalls „faszinierend“ macht, um es so zu sagen, ist der Rassismus. Fu Manchu ist hier wirklich eine zum Leben erweckte „Yellow Peril“ Karikatur aus der Hochzeit des Kolonialismus. Lange Fingernägel, ein langer Schnauzbart, ein böses Grinsen plus Zopf und traditioneller Hut. Das hatte Christopher Lee auch, aber der Rassismus kommt hier nicht nur im optischen hervor, sondern auch in den Dialogen. Fu Manchu bezeichnet an einer Stelle seine eigene Tochter als „unbedeutend und hässlich“ (wohlgemerkt vor versammelter Mannschaft), gleichzeitig beschwört er gen Ende, dass man die „weiße Rasse“ von der Erde fegen wolle und dass man „dem weißen Mann“ die Frauen wegnehmen sollte. Im Gegensatz wird er von Sheila als „gelbes Ungeheuer“ bezeichnet und Smith bezeichnet die Völker des Ostens als „hässlich“. Jaja, da wird so manchem Moralapostel von Zeitgenosse das Lachen im Halse stecken bleiben – aus heutiger Sicht, eben die Sicht auf eine vergangene Zeit Hollywoods, eher amüsant. Schließlich ist man mit genug Intelligenz gesegnet, um es als Quatsch der Vergangenheit abzutun.

Die Inszenierung ist herrlich pulpig, da kann man sich nicht satt sehen. Sowas gab’s nur in dieser spezifischen Periode Hollywood, bis zur Etablierung des Hays-Codes. Wenn die Studios keinen Gothic-Horror machten, dann solche wundervoll verspielten Abenteuerfilme. Wie gesagt, jeder Abschnitt bietet etwas: Zu Anfang die Ausgrabungsstätte bei Dschingis Khans Grab, das hat ein bisschen Mummy-Vibes, weil dort auch vor einem Fluch des Khans gewarnt wird. Dann Fu-Manchus Labor, ebenfalls absolut großartig gestaltet. Besonders die Szene, in der Karloff das Schwert von Dschingis Khan auf seine Echtheit überprüft, und es irgendwelchen Blitzen aus seiner Elektrofoltermaschine aussetzt, woraufhin es zusammenschmilzt, ist absolut fantastisch. Im Dunkeln steuert Karloff die Elektrizität mit seinem langen Fingernagel… sollte man gesehen haben! Dann die chinesische Kneipe, Fu Manchus Folterkammern mit den verschiedenen Quäl-Vorrichtungen und zu guter Letzt sein Thronsaal, wo er der geballten Menge der „Herrscher des Ostens“ zum Kampf gegen die weiße Rasse aufhetzt. Da hat MGM geklotzt, im klaren Schwarz-Weiß Look sieht das echt prächtig aus. Zudem man auch, gerade für das Finale sehr viele Statisten hergeholt hat, die dem Ganzen zusätzliche Dramatik verleihen. Lustig ist, dass man in der Menschenmenge dort auch einen Statisten sieht, dessen Chinesenhut während dieser Szene fast zu Boden fällt und er ihn noch schnell richten muss. Insgesamt bieten die Sets Abwechslung, sie sind kompetent ausgestattet und eine gern gesehene Abwechslung zum Universal-Gothic. Wenn ich dahingehend etwas kritisieren würde, dann nur, dass Dschingis Khans Maske, die Karloff am Ende trägt, eher unfreiwillig komisch aussieht.

Hinzu kommt die fachkundige, kompetente Inszenierung von Charles Brabin, der sogar schon 1908 für Edison gearbeitet hatte, 1915 Poes Gedicht in Der Rabe adaptierte (ich gehe mal davon aus werkgetreuer als später die Universal-Version) und sogar Ehemann von Stummfilm-Star und dem „Vamp“ Theda Bara war. Der Übergang zwischen den einzelnen Szenen ist sehr flüssig gestaltet, die Kamera beweglich und er hat Auge für dramatische und pathetische Momente – wie er Karloff in Szene setzt, wenn er foltert ist in einzelnen Momenten sehr atmosphärisch geraten.

Bei den Akteuren ist selbstredend Karloff der Mann der Stunde. Ich hab’s schon oft gesagt (und es wird bestimmt noch einige male vorkommen): Ich halte ihn selbstverständlich für einen unfassbar guten Schauspieler, bringe ihm persönlich aber keine wirklichen Sympathien entgegen. Dennoch: Gerade bei Universal mit Frankenstein fertig geworden, absolviert er hier die Rolle des sadistischen Chinesen lebhaft und glaubwürdig, dass es eine Freude ist – besonders sein Grinsen und seine Mimik passen. Ansonsten gibt’s keine übermäßig großen Namen. Lewis Stone (The Lost World u.a) ist als Nayland Smith sympathischer als etwa ein Douglas Wilmer in den Lee-Filmen, Karen Morley ist als besorgte Tochter von Sir Barton glaubwürdig genug und ihr Freund Charles Sterret ist zwar keiner, der ein Blickfang wäre, aber er ist für die blasse Heldenrolle ausreichend. Als Professor von Berg ist Jean Hersholt (das Mordopfer in MGMs Mark of the Vampire drei Jahre später) ebenfalls sympathisch.

Fazit:

Die Maske des Fu-Manchu ist kein vergessener Klassiker – es ist aber ein hübsch pulpiger Abenteuerfilm, der zwar retroperspektiv ziemlich rassistisch ist, aber auch dank einem Karloff in seinen besten Jahren gute 60 Minuten Unterhaltung liefert.

7/10 Punkten.