Original-/Alternativtitel: The Invisible Man Returns
Jahr: 1940
Regisseur: Joe May
Schauspieler: Cedric Hardwicke (Richard Cobb), Vincent Price (Geoffrey Radcliffe, der Unsichtbare), Nan Grey (Helen), John Stutton (Dr. Griffin), Cecil Kellaway (Inspektor Sampson)
Vorwort:
Es ist eine Schande. Ja, es ist eine sehr große, unentschuldbare Schande, dass eine Seite, die sich dem phantastischen Film von früher verschrieben hat, nach über 80 Reviews kein einziges mal auf einen der großartigsten Horror-Darsteller aller Zeiten zu sprechen gekommen ist – Vincent Price. Ich weiß, es ist wirklich seltsam, aber komischerweise hat es sich bisher einfach nicht ergeben, hier einen Vincent Price Film zu besprechen… seine AIP-Klassiker habe ich schon gesehen, Die Fliege-Filme und weitere seiner 50er Jahre Filme habe ich außerdem schon mit Besprechungen in meinem Buch beglückt. Ich hatte lange vor, einen Vincent Price Film hier zu besprechen, und nun ist es auch endlich so weit. Allerdings handelt es sich dabei A) um keinen Klassiker aus seiner Filmographie und B) nicht mal um einen Horrorfilm. Ja, ich würde das Thema Price auch lieber mit einem seiner Klassiker beginnen, aber hier haben wir dafür immerhin einen seiner frühsten Auftritte im phantastischen Film: The Invisible Man Returns aka Der Unsichtbare kehrt zurück!
Inhalt:
Geoffrey Radcliffe, der Besitzer eines Bergwerkunternehmens, ist des Mordes an seinem Freund angeklagt. Seine Familie ist von seiner Unschuld überzeugt und auch seine Ehefrau Helen will alles tun, um ihn vor dem drohenden Galgen zu retten. Kurz bevor das Todesurteil vollstreckt werden soll, darf Geoffreys Freund und Wissenschaftler Dr. Frank Griffin, ihn nochmal besuchen. Als er die Zelle verlässt, geht Geoffrey in den Waschraum – und ist plötzlich verschwunden! Die Polizei kann es sich nicht erklären, doch Inspektor Sampson glaubt den Trick zu erkennen. Der verstorbene Bruder von Dr. Griffin war nämlich der berühmte Unsichtbare und er vermutet, dass Griffin das Experiment nun auch bei Geoffrey durchgeführt hat.
Und tatsächlich: Der unsichtbare Geoffrey trifft im Haus seines Landhüters auf Helen, um weiteres zu beraten. Während Griffin nämlich nach einem Gegenmittel sucht, muss Geoffrey seine Unschuld beweisen und findet heraus, dass sein Cousin Richard Cobb den Mord begangen und ihm in die Schuhe geschoben hat. Er will das Unternehmen und Helen für sich zu gewinnen. Während Geoffrey also versucht, Bewiese für seine Unschuld zu sammeln, versucht Inspektor Samson ihn mit Tricks ausfindig zu machen. Ein Spiel gegen die Zeit gewinnt, denn die Unsichtbarkeit führt bei Geoffrey zu zunehmenden Größenwahn…
Besprechung:
Joa, der macht durchaus Laune. Nachdem Universal 1939 mit Son of Frankenstein wieder voll in das Horrorfilmgeschäft zurückkehrte, belebten sie nach und nach ihre altbekannten Horrorfiguren auf… Frankenstein, die Mumie, Dracula (wenn auch erst 1943) und eben auch Der Unsichtbare. Wir erinnern uns: 1933 war The Invisible Man, basierend auf dem gleichnamigen Roman von H.G Wells, gedreht von James Whale, einer der Kassenschlager für die Universal. Heute ist der Streifen längst ein All-Time Klassiker und ich muss gestehen, dass ich ihn noch nicht gesehen habe… ich weiß, ich weiß, ich schäme mich dafür, aber auch ich bin nicht fehlerfrei.
1940 kehrte also auch der Unsichtbare zurück. Warum ich direkt mit der Fortsetzung anfange? Wie gesagt, Vincent Price spielt mit. In den letzten Tagen schauten wir ein paar seiner Noir-Thriller, z.B The Web von 1947 oder Laura von 1944, wo Price allemal in gänzlich nicht-horrormäßigen Rollen brillierte. Daraufhin wurde mir angeboten, Der Unsichtbare kehrt zurück zu schauen, weil Price dort ebenfalls mitwirkte – da konnte ich nicht ablehnen, obwohl ich lieber mit dem Original angefangen hätte. Naja, egal, bei Universal-Franchise-Filmen ist es ja ziemlich wurscht, mit welchem Film man in die Reihe einsteigt, da den Produzenten die Kontinuität so ziemlich egal war. Deswegen kann und will ich auch nicht beurteilen, inwiefern der zweite Teil in Verbindung zu Whales Original steht und ob sich gegebenenfalls irgendwelche Logikfehler einsteigen. Gleichzeitig könnte es sein, dass ein paar Dinge, die sich hier abspielen, logischer erscheinen, wenn man den ersten Teil kennt… aber kompliziert oder komplex ist die Plotte ja ohnehin nicht. Deswegen mag ich die Filme ja auch: Da muss man nicht zu viel nachdenken, nicht wahr?
Insgesamt kann ich, dass sage ich bereits im Voraus, kaum ein negatives Wort über The Invisible Man Returns verlieren. Es ist ein typisches Vehikel der Universal der 40er, sprich: Ein netter B-Film, der lediglich darauf ausgelegt war, Geld einzuspielen. Während Leute wie Whale, Florey oder Browning in den 30er Jahren bei dem Studio noch so was wie Kunst im Kopf hatten, gings in den Kriegsjahren nur noch ausschließlich um die Kohlen. Die Rechnung war da freilich einfach: So 100.000 bis 200.000 Dollar investieren, ein paar bekannte Namen reinpacken, ein bisschen Horror/Sci-Fi reintun, et voilá:
Das ließ die Kassen klingeln. Drehbuchautor Curt Siodmak konnte davon ein Lied singen. In irgendeiner Review habe ich seine sehr interessante Lebensgeschichte schon angerissen (edit: Nein, habe ich tatsächlich noch nicht, also hole ich das hier nach). Also: Siodmak war ein äußerst beschäftigter Drehbuchautor und in den 40er Jahren der Lieferant, was Horror anging. Nachdem er aufgrund seiner jüdischen Herkunft in aus Deutschland fliehen musste, fand er, ziemlich unterbezahlt, bei Universal Unterschlupf und textete z.B Der Wolfsmensch sowie einige Einträge in Universals-Frankenstein Reihe (u.a auch das Aufeinandertreffen ebenjenes auf das Frankenstein’sche Monster). Auch Romane schrieb er. z.B den öfters verfilmten Donovans Gehirn (die Version von 1953 erschien in der Galerie des Grauens). Auch in den 50er Jahren wurde er für einige Science-Fiction B-Produktionen angeheuert, wollte auch mal Regie führen, was ihm aber von Produzenten verwehrt wurde. Als großer Lugosi-Fan wird dieses positive Bild leider nur dadurch verwässert, dass der gute Herr unseren Lieblings-Ungar mal als „Pest“ bezeichnete… naja, Drehbücher schreiben konnte er aber zweifellos, auch wenn Der Unsichtbare kehrt zurück sicherlich keine allzu große Aufgabe war. Hier musste Siodmak schließlich, ganz im Gegensatz zum Der Wolfsmensch, keinen ganzen Hintergrundmythos neu erfinden. Die Versatzstücke hatte er ja schon aus dem Vorgänger vorliegen. Zusammen mit Co-Autor Lester Cole (der vor allem Film-Noir schrieb) baut er einen geradlinigen Thriller mit Rachegeschichte, versetzt mit kleinen Science-Fiction Elementen. Das ist, gerade im Vergleich mit dem üblichen Universal-Output jener Jahre, eine willkommene Abwechslung zu den üblichen Gothic-Sets der Draculas, Frankensteins (oder auch der Mumien). Man hält sich nicht lange mit unnötigem Gerede auf und wie gesagt: Ob der Film jetzt in großer Verbindung zum ersten Teil steht, ist egal und das kann einem auch getrost wurscht sein, denn er funktioniert super als alleinstehender Film. Vincent Price wird des Mordes angeklagt, er ist unschuldig, und nimmt zur Flucht die Hilfe seines Freundes, der ihn unsichtbar macht. Dann muss er seine Unschuld beweisen. Bis auf die Unsichtbarkeit ist der klassische Stoff, der gut funktioniert und Siodmak hat in den 75 Minuten ein gutes Pacing drauf, findet einen passenden Rhythmus zwischen Action und Humor. Und, welch Überraschung, auch dieser funktioniert. Insgesamt ist der Film schon etwas, so scheint es mir, heiterer Angelegt als der übliche Universal-Horror. Es gibt längere Szenen, die hervorragend auf ironische Art funktionieren, z.B wenn der Unsichtbare seinen besoffenen Feind aufzieht. Das ist dann durchaus amüsanter Slapstick, hinzu kommen die süffisanten Sprüche des Unsichtbaren. Das sind diesmal keine dummen Sprücheklopfer und generische Comic-Reliefs, die erzwungen wirken; das ist organischer Humor, der sich passend aus der jeweiligen Situation ergibt. So sollte es sein.
Also: Das Skript ist nicht schlecht, ist auf das wesentliche heruntergedampft, hält sich nicht auf und füllt die 75 Minuten mit genug „Unsichtbarer-Action“. Die Romanze hält sich angenehm im Hintergrund und man konzentriert sich auf den Kern der Sache, ohne abzuschweifen.
Was die Ausstattung angeht: Da lässt Universal wie üblich nichts anbrennen. Die Sets sind ansehnlich ausgestattet, alles wirkt organisch und lebendig, z.B die Bergwerkfirma und die Studio-Wälder oder Häuser versprühen bei Regen einen gewissen Charme. Der Kern der Sache sind aber die Spezialeffekte. Während die Dracula- oder Frankenstein-Tropes auch von kleineren Studios bedient wurden, war der Unsichtbare speziell auf Universal beschränkt. Aus offensichtlichen Gründen, denn es bedurfte Geduld und Geld, um sie umzusetzen. Und Haus-Effektspezialisten John P. Fulton (der auch für die anderen Horrorfilme des Studios zuständig war) tut sein Bestes, sodass sich die Effekte auch heute noch sehen lassen können. Um ehrlich zu sein sind sie mir auch viel sympathischer als Green-Screen, weil sie viel geerdeter aussehen. Klar, sie sind leicht durchschaubar, aber mein Gott, sie funktionieren genau so gut. Wenn Price ganz unsichtbar ist, braucht mal selbstredend nur ein paar Fäden, um die Gegenstände zu bewegen – wenn so eine Zeitung durch das Bild fliegt, bringt einem das schon zum Schmunzeln. Schwieriger wird es, wenn er Anzüge trägt, dann muss man den Akteur der sie trägt natürlich ausschneiden. Aber auch das funktioniert hier prächtig und so ist das Spiel sehr glaubhaft im Endeffekt. Hat Spaß gemacht!
Regisseur war ein gewisser Joe May, dessen Name mir bis dato noch gar nix sagte. Der Deutsche war in seinem Heimatland in den 20er Jahren sowohl als Regisseur als auch als Schreiber sehr aktiv, in den USA schaffte er keinen Durchbruch und drehte an Erwähnenswertem lediglich nur noch bei Universal The House of Seven Gables (ebenfalls mit Vincent Price), schrieb 1943 aber z.B noch die unbekannte Schote The Strange Death of Hitler. Besondere Akzente liefert er hier nicht, er filmt alles mehr oder minder stupide und distanziert ab, ohne wirklich einen besonderen Rhythmus zu finden.
Zu den Akteuren: Ja, Vincent Price sieht man vielleicht für zehn Sekunden ganz am Ende, ansonsten ist er ausschließlich unsichtbar (was auch sonst) unterwegs. Wir aber natürlich noch seine unverwechselbare Stimme, aber klar: Der Unsichtbare kehrt zurück ist jetzt nicht gerade der Film, um Prices großartiges Spiel abzufeiern. Dazu komme ich bei Gelegenheit aber noch mit einem anderen Film…
Als sein Gegenspieler haben wir dafür Sir Cedric Hardwicke, den ich schon aus Ghost of Frankenstein kenne. Ansonsten spielte er mit Karloff z.B auch in The Ghoul. Als hinterhältiger Geschäftsmann, der es langsam mit der Angst vor Rache zutun bekommt, ist er sehr glaubwürdig. Und auch Nan Grey als Prices Freundin, die mit diesem schon im Vorjahr in Tower of London Bekanntschaft machte, ist sympathisch und glaubwürdig genug und ist glücklicherweise nicht nur die nervende, in Ohnmacht fallende Frau (auch wenn sie das an einer Stelle trotzdem tut). Zu guter letzte sei dann noch John Stutton erwähnt, der mit Price sehr oft zusammenarbeitete (u.a in Die Rückkehr der Fliege, Tower of London oder Das Biest) und als sein Freund und wissenschaftlicher Helfer ebenso eine sympathische Figur macht. Der Cast passt.
Fazit:
So faziten wir, dass Der Unsichtbare kehrt zurück ein durchaus gourtierbarer, etwas heiterer Universal Science-Fiction… Thriller ist, der auch heute noch mit seinen altmodischen Effekten zu unterhalten weiß – auch wenn Vincent Price hier (noch) nicht scheinen darf. An sich lässt sich Der Unsichtbare kehrt zurück aber im Output des Studios der 40er Jahre Abseits der großen Franchises sehen – zumindest im übertragenen Sinne. Ob die „Fortsetzung“ The Invisible Woman allerdings auch so gut ist, wage ich zu bezweifeln, das klingt für mich etwas zu komödiantisch. The Invisible Agent von 1942 hingegen, offenbar eine Mischung mit dem Genre des Spionagethriller (und irgendwas mit Nazis) klingt dafür hingegen umso verlockender und befindet sich bereits auf der Watchlist.
6,5/10 Punkten.