Original-/Alternativtitel: Torture Garden / Le jardin des tortures / El jardín de las torturas
Jahr: 1967
Regisseur: Freddie Francis
Schauspieler: Peter Cushing (Lancelot Canning), Jack Palance (Ronald Wyatt), Burgess Meredith (Dr. Diablo), Michael Bryant (Collin Williams)
Vorwort:
Review Nr. 50! Eigentlich hatte ich ja vor, deswegen irgendeinen Klassiker oder einen meiner Lieblingsfilme zu besprechen, aber irgendwie hat sich das nicht ergeben. Naja, das hole ich dann bei Nr. 100 nach.
Dafür bietet es sich aufgrund des jetzigen Filmgegenstands an, ein weiteres schönes Gebiet des alten Horrorfilms abzudecken: Anthologien hatten wir mit Die Zunge des Todes bereits hier, aber wenn man an Horror und Anthologien denkt, dann kommt einem natürlich ganz schnell Amicus in den Sinn. Der gewiefte Produzent Milton Subotsky brachte unter diesem Banner und als Englands zweite „große“ Horrorfilmschiede zwischen 1965 und 1974 insgesamt sieben derartige Filme heraus. Angefangen bei Die Todeskarten des Dr. Schreck und endend bei Die Tür ins Jenseits, aber auch nach dem Ende konnte Subotksy nicht die Finger von dieser Art des Films lassen (jeder hat ja so seine Fimmel): 1977 produzierte er auch noch The Uncanny, in dem er Ray Milland, Peter Cushing und Donald Pleasence auf Horror-Katzen stoßen ließ (den hab ich auch schon gesehen, hätte ich hier eigentlich reviewen sollen).
Aber was erzähle ich, höchstwahrscheinlich wird der Leser die Amicus-Filme kennen und mehr oder weniger schätzen – die Anthologie-Filme sind jetzt nicht meine Favoriten, aber ein paar dieser Kandidaten sind ganz nett. Heute holte ich auch den vorletzten von mir noch nicht gesehenen dieser Vertreter nach: Der Foltergarten des Dr. Diabolo von 1967. Mit dabei. Peter Cushing und Jack Palance. Das kann doch eigentlich gar nicht schiefgehen, oder?
Inhalt:
Auf einem Jahrmarkt betreten mehrere Schaulustige den Foltergarten des Dr. Diabolo. Dieser führt sie zu einer Wachsfigur der griechischen Göttin des Schicksals – und diese führt den Gästen jeweils mögliche Zukunftsvisionen ihrer inneren Bösartigkeit vor!
Da wäre einmal Colin Williams, der seinen Herzkranken Onkel wegen dessen Erben besucht. Woher er seine Goldmünzen hat, will er nicht verraten, aber nachdem er wegen diesem Streit mit seinem Neffen stirbt, lüftet dieser kurzerhand das Geheimnis. In dem Haus lebte eine Hexe und ihr Schutzgeist, eine Katze, fordert im Gegenzug zu den Münzen einen schweren Tribut, doch sein Onkel hatte ihn in einem Sarg im Keller eingesperrt. Als er ihn befreit, wird er zu den Morden angestiftet...
Eine Schauspielerin lernt den großen Schauspieler Bruce Benton kennen. Doch dieser ist nicht das, was er zu sein scheint.
Dorothy lernt einen begabten Pianisten kennen, der ein sehr seltsames Verhältnis zu seinem Klavier zu pflegen scheint...
Ronald Wyatt, ein fanatischer Poe-Sammler, lernt Lancelot Canning kennen, der über einige rare Stücke verfügt. Dieser lädt ihn zu sich nach Hause ein und präsentiert in seinem Keller bisher unveröffentlichte Manuskripte des Meisters. Und nicht nur das: Angeblich verfüge er auch über Poes Asche. Doch hinter einer Tür verbirgt sich noch viel mehr...
Besprechung:
Wie ich bereits im Vorwort anklingen ließ, finde ich die Amicus-Produktionen im Grunde ganz sympathisch. Sowohl die Anthologien als auch die „normalen“ Spielfilme (The Skull, I Monster, Embryo des Bösen etwa) ganz nett, meistens aber nicht mehr. Meiner Meinung nach stehen sie doch schon etwas hinter Hammer, obwohl Amicus oft auch das Dream-Team Cushing-Lee verpflichten konnten: Ausgerechnet die Anthologie, in denen die beiden auftraten, nämlich The House that Dripped Blood, habe ich aber als eher mittelmäßig in Erinnerung. Insgesamt halte ich den Output der Amicus-Anthologien, da ich inzwischen auch fast alle gesehen habe, als in Ordnung, aber als nichts, was ich mir jetzt immer wieder anschauen könnte – obwohl ich nach der heutigen Sichtung Asylum oder dem eben benannten The House that Dripped Blood nochmal eine Chance geben will. Vielleicht kommt dann ja nochmal eine Review dazu.
Denn, Überraschung für mich selbst: Der Foltergarten des Dr. Diabolo hat mich auch überraschend gut unterhalten! Tatsächlich gab es keine einzige Geschichte, die ich nicht gut fand, auch wenn sie natürlich qualitativ nicht alle wirklich gleichwertig sind, aber sie sind alle entweder kurz oder gut genug, um keinerlei Längen aufkommen zu lassen. Es macht bei Anthologien natürlich auch Sinn, die Geschichten einzeln zu besprechen, aber schauen wir erstmals aufs Ganze. Denn alleine schon der Name baut natürlich schon eine gewisse Erwartung auf, denn niemand geringeres als Psycho-Autor Robert Bloch (auch wenn ich nur den Film geschaut habe) hat hier das Skript verfasst. Wenn nicht gerade Subotsky selber in die Tasten haute, dann war Bloch sozusagen der Stammschreiber für das Studio, er schrieb z.B auch Asylum und The House that Dripped Blood, aber etwa auch The Night Walker für William Castle. Ok, lustigerweise fällt mir grade auf: Das sind die einzigen Filme von ihm, die ich gesehen habe, und die fand ich alle eher nur „in Ordnung“ bis mäßig, aber allzu viel hat der gute Herr auch gar nicht in seiner Filmographie stehen. Oftmals war er eben nur für die Vorlage verantwortlich, wie eben auch für The Skull (mit Lee und Cushing, den fand ich ganz nett).
Etwas, was eine Anthologie, zumindest meiner Meinung nach, wertig machen kann, das ist der Überbau. Man kann natürlich entweder so vorgehen, die Stories thematisch irgendwie zu verbinden, oder man verknüpft sie durch eine zusammenhängende Geschichte. Amicus tat immer letzteres und spann eine simple Rahmenhandlung um die einzelnen Episoden: Geschichten von Insassen einer Irrenanstalt, ein verfluchtes Haus, oder die verfluchten Gegenstände eines Antiquitäten-Ladens. Das hatte bei Amicus immer ein schönes Feeling, und das ist auch hier nicht anders. Diesmal hat man sich als Schauplatz eine Kirmes ausgesucht, und verschiedene Besucher werden von „Dr. Diablo“ in seinen mysteriösen Stand eingeladen. Besonders große Production-Values hat das jetzt aber leider nicht, im Grunde bestehen die Kulissen da aus ein paar Wachsfigur und einigen Vorhängen, obwohl man gerade bei einem altmodischen Jahrmarkt ja die Chance gehabt hätte, ausstattungstechnisch ordentlich abzuliefern. Aber das will ich Amicus ja nicht vorwerfen, die hatten ja, würde ich sagen, „noch“ weniger Geld als Hammer. Die Grundidee aber, dass ein Jahrmarktaussteller ein paar Gruselstories über seine Besucher auf Lager hat, die via einer „mysteriösen Wachsfigur“ erzählt, ist doch durchaus gefällig und zweckdienlich, mehr soll es ja auch nicht sein. Einen tieferen Zusammenhang haben die Stories danach nämlich auch nicht mehr. Da Cushing natürlich ein großer Grund für die Sichtung dieses Films war, hätte ich erwartet, dass er den part des Dr. Diabolo übernehmen würde, ähnlich wie den Dr. Schreck bei Die Todeskarten des Dr. Schreck. Stattdessen bietet aber auch Burgess Meridith (Die Rocky-Filme u.a) auch eine passende exzentrische Vorstellung. Ach ja, und Michael Ripper, Hammers-Stammnebendersteller (siehe Die Scharlachrote Klinge, da habe ich ihn kürzlich erst erwähnt) hat hier auch einen kleinen, aber insgesamt eher unbedeutenden Auftritt und bekommt leider keine eigene Episode.
Aber egal, fangen wir also an. Die erste Geschichte empfand ich leider auch als die schlechteste, da irgendwie unsinnigste, obwohl sie auch nicht per se als wirklich schlecht bezeichnen wollen würde. Das war nichts Halbes und nichts Ganzes: Weder wird die Geschichte um die Hexen-Katze und dem Goldschatz sinnvoll erklärt, noch hat sie genug Zeit, sich richtig zu entfalten. Gerade da, wo es spannend wird, nämlich wo Colin von der Katze heimgesucht wird, endet sie auch schon. Zwar durchaus blutig (im Verhältnis der Zeit, versteht sich), mit einem Kopf kürzer, aber dennoch. Da hätte man auch gut und gerne einen Spielfilm draus stricken können, denn in dieser Form bleibt nicht genug Zeit. Zu viele Fragen bleiben offen. Was genau macht die Katze? Die Köpfe... essen, absorbieren? Wofür? Wieso hatte Onkel Roger die Münzen von ihr bekommen, wenn er sie doch im Sarg eingesperrt hatte? So ganz sinnvoll war das meiner Meinung nach nicht, mit mehr Zeit und einem guten Spannungsbogen hätte man da, in einem Spielfilm, wenn gut umgesetzt, mehr herausholen können. Aber Michael Bryant spielt den gierigen Erben, der im Gefängnis dann in den Wahnsinn abgleitet, ganz gut – nur eben zu kurz.
Ähnlich sieht’s bei der zweiten Episode aus. Auch diese hat eigentlich eine gute Grundidee, ist aber, da so schnell abgehandelt, etwas gehetzt und deswegen irgendwie etwas wirr. Eine Schauspielerin findet heraus, dass einige der großen Schauspieler... was sind? Cyborgs, Roboter? Ganz verstanden habe ich das nicht, auch warum Bruce Benton erschossen wird, und was genau passiert mit ihm? Wird sein Bewusstsein nur in einen Roboter verpflanzt oder ist er ein Cyborg und wird nur repariert? Da hätte man auch mehr herausholen können, aber die Story ist, weil thematisch eben mal in Richtung Science-Fiction und nicht Horror gegangen wird, auch eine ganz akzeptable Abwechslung, mehr aber eben auch nicht. Wirkliche „Schauwerte“ hat man hier aber, bis auf ein bisschen silberne Schminke, jedoch auch nicht.
Die dritte Episode hat mir dann gut gefallen, auch wenn sie, man muss es zugeben, aus heutiger Sicht etwas trashig bzw. unfreiwillig komisch ist. Ein Mitbetrachter bemerkte bei mir dabei lustigerweise, dass sowas perfekt in die Gespenster-Geschichten Comics von Bastei passen würde – und der Vergleich passt sehr gut. Etwas absurd, etwas verrückt, aber doch irgendwie eine nette Idee. Und diese wird hier kurz und zielgerichtet ohne unnötiges Zeitschindend zügig mit einem schnellen Finale abgeschlossen, so sollte es sein. Dafür sollten Anthologien ja auch da sein: Das man seltsame Ideen, die für einen Spielfilm nicht ausreichen würden, eben einfach mal ausprobieren kann, das kenne ich auch selber, da ich schon in einigen Horror-Anthologien vertreten sein durfte (unauffällig weise ich drauf hin, wann immer es sich anbietet).
Mal schauen, ob es irgendwann nochmal lebende Klaviere auf der Leinwand geben wird…
Die vierte Episode ist dann objektiv auch der stärkste Teil, kein Wunder, denn hier hat Cushing auch seinen Auftritt, gleich nicht nur als Poe-Fan, sondern als „Hüter“ von Poes Geist selber. Schön ausgestattet, wie man es von englischen Genre-Filmen aus jenen Jahren erwartet, mit feiner Inneneinrichtung und einem mysteriösen Keller mitsamt Geheimraum. Cushing ist mal wieder absolut großartig, wenn er seine Gruselgeschichte über Poes Asche erzählen darf, und Palance ist als sein Gegenspieler, ein fanatischer Poe-Sammler, ebenfalls sehr gut, die Folge hat Spaß gemacht. Und auch der Effekt mit der Poe... Puppe? Oder Poes Geist, was auch immer das war, hat zum Abschluss eine nette Atmosphäre mitgebracht.
Freddie Francis filmt das Ganze auch zweckmäßig genug, sicherlich war er aber auch kein Auteur. Nachdem Fisher Ende der 60er so langsam in Rente ging, übernahm er bei Hammer diverse Angelegenheiten, etwa Draculas Rückkehr oder Haus des Grauens, aber auch bei Amicus war er häufig zugegen, etwa für Geschichten aus der Gruft.
Fazit:
Insgesamt hat Amicus dem Fan hier doch ein hübsches Gesamtpaket geschnürt. Natürlich ist es aus heutiger Sicht nicht mehr annähernd horribel, es ist sehr sanfter Grusel – die ersten beiden Episoden mögen keine Überflieger sein, aber die letzten beiden sind dafür ganz nett. Und das ist auch wieder das, was ich schon zu Amicus gesagt habe: Ganz nett. Auch Der Foltergarten des Dr. Diabolo ist kein Klassiker oder Meistwerk, dass ich mir noch oft anschauen müsste. Aber er hat mich für die 95 Minuten unterhalten und hatte ein paar hübsche Momente. So sollte es doch sein, oder nicht? Ich bin zufrieden und würde sagen: Bis jetzt meine liebste Amicus-Anthologie, die mir aber auch zeigte, dass ich die anderen nochmal anschauen sollte.
7/10 Punkten