Danger Flight – Filmkritik

Original-/Alternativtitel: /

Jahr: 1939

Regisseur: Danger Flight

Schauspieler: Tailspin Tommy (John Trent), Tommy Baker (Whitey), Julius Tannen (Dawson), Marjorie Reynolds (Betty)

Vorwort:

Heute geht’s wieder in die Poverty-Row, die hier schon vielfach zur Sprache kam. Langsam werden sie mir immer sympathischer, die Stümper von PRC, Monogram und Republic. Da kann man auf Entdeckungsreise gehen und dank YouTube ohnehin zahllose Werke wiedersehen… und das Besondere heute: Es ist KEIN Horror/Mystery. Ja, Monogram konnte auch anders (wenngleich nicht unbedingt besser).

Inhalt:

Das Fliegerass Tailspin Tommy hat für die Kinder der lokalen Nachbarschaft einen Flugzeugmodellclub gegründet. Er erklärt ihnen, wie Flugzeuge funktionieren und hilft dem ein oder anderen Jungen auch dabei, mit ihrem mageren Taschengeld selber ein Modell zu erwerben, denn mit dem hiesigen Modellverkäufer hat er einen allgemeinen Rabatt für die Mitglieder seines Clubs ausgehandelt.

Als in einer stürmischen Nacht dann die Nachricht kommt, dass das lokale Krankenhaus abgeschnitten ist, dorthin jedoch dringend Medizin geliefert werden muss, ist Tommy zur Stelle. Unter Lebensgefahr liefert er die Medizin, stürzt jedoch ab. Suchtrupps können ihn nicht finden, erst seinem Schützling Whiteys gelingt es, das Wrack zu finden und Tommy zu bergen.

Als Tommy wieder genesen ist, lauert jedoch schon die nächste Gefahr in der Nähe. Der Gangsterboss Dawson hat es auf das Lohngeld abgesehen, das Tommy mit seinem Flugzeug transportiert. Spontan nutzt er Whiteys Kontakt zu Tommy aus und so gelingt es ihm, den Piloten gefangen zunehmen. Wird sich Tommy befreien und die Bande aufhalten können?

Besprechung:

Man sieht, Monogram war nicht nur (hanebüchener) Horror. Das berüchtigtste aller Poverty-Row Studios der 40er wilderte eben auch abseits und produzierte, und kein anderes Wort kann man für diese Fließbandproduktion benutzen, in allen anderen Genres, nach denen das Publikum so dürstete. Neben einer schier unendlichen Anzahl an Western gab es auch eine große Menge an Mystery-Filmen, Whodunits, Comedy-Streifen und so weiter, und sofort. Eigentlich war Monogram genauso wie jedes Major-Studio sehr weit aufgestellt, was die Genres anging. Nur sind eben eigentlich alle Monogram-Filme neben den Horrorfilmen (und das haben sie auch nur Lugosi, und in einem kleineren Teil Karloff, zu verdanken als ihrer objektiven Qualität) komplett vergessen. Bis auf einige wenige Ausnahmen erreichen die Whodunits und Mystery-Filme Monograms selten mehr als 500 Watches auf den gängigen Plattformen Letterboxd und IMDB, während z.B die Lugosi-Filme von Monogram teilweise bis über 4000 erreichen. Und das mag bestimmt auch seinen Grund haben…

Allerdings, es schien in einigen Kritiken schon durch, habe ich die Poverty-Row-Filme jener Jahre irgendwie fast liebgewonnen. Diese ultrabilligen Hobel, aus Versatzstücken ihrer Genres zusammengekleistert, sind oftmals eine willkommene Abwechslung zu den gängigen Major-Produktionen und sind ein ganz eigenes Fenster in das Alltagsleben der USA in den 30er bzw. 40er Jahre. Ich bin so ein bisschen die Listen durchgegangen, bzw. habe ich in den Katalogen der Poverty-Row-Studios geschaut (also in denen von Monogram, PRC und Republic Studios) und habe inzwischen eine größere Liste an Crime- und Mysteryfilmen, an Whodunits und einfach allen Werken, die mich so ansprachen, gemacht. Die Liste umfasst inzwischen 200 Titel, und da sie alle inzwischen in der Public-Domain sein dürfte, gibt’s sie auch alle auf YouTube (zumindest hoffe ich das jetzt mal).

Gleichzeitig dürften wir mit diesen Filmen nun auch am Tiefpunkt angekommen sein, und das in mehreren Hinsichten: An Obskurität, an „in-Vergessenheit-geraten“, an Qualität… Hidden Enemy z.B, ein Agententhriller von Monogram aus dem Jahre 1940, hat auf Letterboxd lediglich neun (!) Sichtungen gehabt (und dank mir nun zehn, außerdem bin ich nach dem berüchtigten User „PUNQ“, der irgendwie alle Filme bis 1953 gesehen haben will. Kein Scherz, der Kerl hat 41.200 Filme gelockt und ist vermutlich derjenige, der am meisten Monogram-Filme gesehen hat, aber das ist wieder eine Geschichte für sich). Jedenfalls wird’s von hier an nicht mehr obskurer: Wer beschäftigt sich schon mit Monogram-Filmen, in denen weder Lugosi oder Karloff auftreten? Kaum ein Mensch sieht sie sich überhaupt an, geschweige denn, dass er so viel darüber schreibt. Aber gerade das ist eine zusätzliche Motivation für mich: Mir macht es einfach Spaß, solche komplett vergessenen Werke zu entdecken und zu schauen, auch wenn sie am Ende vielleicht nicht „gut“ sind.

So, das führt uns aber endlich zum heutigen Betrachtungsobjekt. Dass Monogram es den Majors gerne nachmachte, ist bekannt. Und wie die Majors ihre eigenen Reihen hatten, so hatte auch Monogram seine eigenen Reihen. Die bekannteste dürfte die Charlie-Chan-Serie sein, die Monogram fortführte, nachdem 20th Century Fox sie nicht mehr produzieren wollte. So bildeten etwa Mantan Moreland und Frankie Darro ein Comedy-Team für diverse Filme, die East-Side-Kicks-Filme waren eine lose Reihe an Comedy für Jugendliche, mit zwei „Snuffy-Sniff“-Werken (einer davon hieß Hillbilly Blitzkrieg) hängte man sich an einen erfolgreichen Comic-Strip dran, und 1939 kam man auf den Trichter, auch den Comic-Strip um den Piloten „Tailspin Tommy“ als Live-„Action“ umsetzen zu müssen. Die Reihe überlebte nur ein Jahr, brachte es aber immerhin auf vier Filme: Mystery Plane, Stunt Pilot, Sky Patrol und Danger Flight. Eigentlich wollte ich mit Mystery Plane anfangen, aber die Prints auf YouTube waren doch so miserabel, dass ich mir das heute nicht antun wollte. Stattdessen wurde es also der letzte Teil, aber ich gehe mal davon aus, dass man der Handlung auch folgen kann, wenn man die vorigen Teile nicht gesehen hat.

Es ist ja sowieso interessant: Die Tailspin-Tommy Filme sind auch auf Kinder ausgerichtet. Aviation war damals halt In, etwas noch „Neues“, „Spektakuläres“ und die Piloten waren für die Kids wohl sowas wie Helden. Nachdem die USA im ersten Weltkrieg schon einige Fliegerasse hervorbrachten, deuchte es Hollywood selbstverständlich, auch diesen neuen Teil der USA-Erfolgsgeschichte zu verfilmen und so entstanden einige berühmte Aviation-Filme. Der bekannteste dürfte Wings von 1927 sein, der eben von einem Fliegerass des Krieges handelte und gleich als erster Film überhaupt den Oscar absahnen durfte. Als dann wieder Krieg kam, wurde die Fliegerei erneut beliebter auf der Leinwand. 1941 kam etwa noch I Wanted Wings mit Ray Milland heraus.

In der Tailspin-Tommy-Serie geht es aber natürlich nicht um Krieg, das wäre schließlich nicht tauglich für das junge Matinee-Publikum, auf das es Monogram offenbar absah. Stattdessen wirkt Tailspin-Tommy eher wie so eine Art Bob der Baumeister oder Sam der Feuerwehrmann. Er ist ein großes Genie in seinem Beruf, erlebt allerlei Abenteuer und nutzt seinen Job, eben die Fliegerei, um allerlei Krisen und Probleme zu überstehen, während er böse Buben besiegt und den Kindern hilft, die Fliegerei zu verstehen. Das hat schon irgendwie seinen nostalgischen Charme, zumal die Kinderdarsteller überraschend wenig nerven.

Wie man anhand der Inhaltsangabe sehen kann, verwurstete Monogram hier gleich zwei Geschichten, offenbar, weil eine alleine für einen „Spielfilm“ (gut, geht eh nur knapp 60 Minuten) nicht ausgereicht hat (oder man war zu faul, die einzelnen Ideen etwas auszubauen, sodass man einfach zwei Grundideen kombinierte). Es ist typisches Heldenmaterial und vielleicht das, woran Kinder vor 80 Jahren dachten, wenn ihnen das Wort „Pilot“ in den Sinn kam. Der selbstlose Tommy bringt selbst in einem extremen Sturm die Medizin zum Krankenhaus, riskiert sein Leben, stürzt ab, wird aber dank seines jungen Schützlings gerettet. WuItnderbar! Und dann besiegt er auch ein paar Ganoven, die es auf den Lohn des hart-arbeitenden Amerikaners abgesehen haben!

Die beiden Storylines haben miteinander kaum etwas zutun und stehen in ihrer Dramaturgie auch alleine. Beide Episoden, wenn man so will, gehen knapp 30 Minuten. Nachdem Tommy nach seinem sturmbedingten Absturz gerettet wurde, ist dieser Teil abgeschlossen, und die Ganoven gehen ans Werk. Das wirkt eher wie ein Serial, hat aber den Vorteil, dass man, naja „mehr“ bekommt, denn wenn ich mir überlege, dass man einen der beiden Teile auf 60 Minuten gestreckt hätte, wäre es vermutlich etwas langweilig geworden. Natürlich ist der Film auch so, mit zwei separaten Einzelhandlungen wenn man so will, keineswegs spannend, dafür ist alles zu generisch und flach. Aber bei einem Kinderfilm aus einer Billigklitsche sollte man nicht mehr als „Gut gegen Böse“ erwarten – obwohl dieses Schwarzweiß-Bild am Ende sogar gebrochen wird. Schließlich wendet sich Whitey am Ende gegen Dawson, als er den Jungen schlägt. Das kommt aber viel zu plötzlich und da Dawson Whitey noch niederschießt (und dessen Ableben keinen zu interessieren scheint), kann man diesen Versuch darzustellen, dass nicht jeder Ganove gewissenlos ist, getrost ignorieren.

Geschrieben wurde das Skript aber, man höre und staune, von einem Kenner der Materie. Nicht, dass ein besonders geübter Drehbuchautor an der Maschine saß, aber es war immerhin Edwin Charles Parsons, ein FBI Agent und Fliegerass aus dem ersten Weltkrieg. Hier schrieb er sein erstes und letztes Skript, dem man allerdings nicht anmerkt, dass es von einem Kenner verfasst wurde. Ich vermute mal, dass Parsons nur die „Details“ und technischen Informationen geliefert haben mag, und dass sein Drehbuchpartner Byron Morgan für das dürftige Storygerüst zuständig war. Morgan hatte sich auf Flugzeugfilme spezialisiert, und seine Filmographie zieren Titel wie Sky Parade, Flying Devils oder Its in the Air. Ob Komödie oder Kriegsfilm, Hauptsache es ging um Flugzeuge. Wobei Danger Flight auch nicht allzu viel mit seiner Prämisse anfängt, was die Dramaturgie angeht. Die ist wie erwähnt, eher schleppend, da ohnehin zweigeteilt, und die Kernsache, „Ganoven gegen guten Helden“ ist absolut nichts Besonderes. Allerdings, das muss man sagen, reicht sie für 60 Minuten auch noch aus.

Tja, kommen wir zur Inszenierung des Ganzen. Und da macht Monogram eben das, was es immer machte. Hinter der Kamera saß der Vielfilmer (arbeiteten bei Monogram jemals andere Arten von Regisseure) Howard Bretherton, der als Editor bei MGM angefangen hatte und in der Poverty-Row so ziemlich alles drehte, was gerade gefragt war. Ob Comedy, Thriller, Western oder Whodunits wie etwa den späteren Charlie-Chan Vertreter The Trap. Irgendwelche Besonderheiten darf man entsprechend nicht erwarten. Es ist tumb heruntergekurbelt, ohne irgendwelche Kniffe oder Einfälle. Die Flugszenen an sich sind ok, die Miniaturaufnahmen der Flugzeuge teilweise hingegen lachhaft. Naja, wer mag es Monogram bei den Budgets und Zeitplänen noch vorhalten… Leute wie Edgar G. Ulmer oder Joseph H. Lewis, die auch in der Poverty-Row mitunter handerwerklich spezielle Arbeiten abliefern konnten, waren eben absolute Ausnahmen.

Gleiches gilt für den Cast. Für die Rolle des Tailspin-Tommy nahm man gleich einen echten Piloten zur Hand, nämlich John Trent (oder mit bürgerlichem Namen, allerdings auch nicht so amerikanisch-klingend, LaVerne Ward Browne. Ich finde eigentlich, dieser Name ist deutlich cooler), der allerdings niemals im Krieg im Einsatz war. Seine Karriere währte auch nur kurz und war hauptsächlich auf den Aviation-Film beschränkt. Neben den vier Tailspin-Tommy-Filmen war seine „größte“ Rolle wohl die eines Piloten in I Wanted Wings. Er verließ Hollywood wieder schnell und meinte später, dass besonders seine „knurrende Stimme“ nicht gut angekommen sein. Ehrlich gesagt ist mir das nicht aufgefallen, aber ein guter Akteur per se ist an ihm definitiv nicht verloren gegangen, dafür ist er hier einfach zu 0815, obgleich man ihm in der Rolle des Superhelden in Uniform, der armen Kindern auch mal hilft, ein Modellflugzeug zu bekommen, eine gewisse Sympathie nicht absprechen kann. Die Frau im Bunde (es gibt allerdings glücklicherweise keine schmalzige Romanze) wird von Marjorie Reynolds gespielt, die in den 40er Jahren tatsächlich den Sprung zu den Majors schaffte, und so etwa 1942 sogar an der Seite von Fred Astaire und Bing Crosby oder später noch mit Abbott & Costello spielen durfte. Bei Monogram wirkte sie auch in einem der Mr. Wong-Filme mit. Auch wenn sie aufgrund des Drehbuchs kaum auffällt, ist ihr spiel doch überzeugender als das ihrer zahlreichen Poverty-Row-Konkurrentinnen jener Jahre. Auf der Seite der Bösewichte verbucht dann Julis Tannen die meiste Aufmerksamkeit, der sich als Gangster-Boss noch etwas aus der Masse hervorhebt. Und der Kinderdarsteller? Tommy Baker, der ansonsten nur eine Handvoll Statistenrollen bekam, ist überraschend gut. Und es gibt keinen Comic-Relief, dafür danken wir dem Herrn!

Gesehen wurde ein Print von YouTube. Als Sammler ist es natürlich etwas schade, dass derlei Filme absolut gar nicht auf Scheibe herauskommen. Naja, sie kommen schon auf DVD raus, allerdings ausschließlich beim Billig-Label Alpha Video, und da soll die Qualität so grausig sein, dass mir tunlichst davon abgeraten wurde, dort irgendwas zu kaufen…

 

Fazit:

Danger Flight ist kein guter Film. Das war er damals nicht und das ist er heute noch weniger. Man muss schon Hardcore-Fan von winzigen B-Filmen dieser Zeit sein, um sich überhaupt an sowas zu wagen. Für 60 Minuten belanglose Berieslung der billigsten Art ist Danger Flight aber irgendwie trotz allem ok.

5/10 Punkten.