Body Bags  Fillmkritik

Original-/Alternativtitel:

Jahr: 1993

Regisseur: John Carpenter / Tobe Hooper

Schauspieler: Alex Datcher (Anne), Stacy Keach (Richard), Mark Hamill (Brent), John Agar (Dr. Lang), John Carpenter (Leiche), Tobe Hooper (Leichenbestatter)

Vorwort:

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber irgendwie sind die 90er Jahre das für mich langweiligste Jahrzehnt, was Horror an geht. Jedes Jahrzehnt hat so seine Alleinstellungsmerkmale, was das Phantastische angeht. Aber die 90er? Was für wirklich große Klassiker kamen da raus? Hat es irgendein spezielles (Sub)Genre hervorgebracht, wie die anderen Jahrzehnte?

Vielleicht tue ich dieser Dekade auch unrecht, aber bis jetzt habe ich es ziemlich vernachlässigt. Von knapp 110 Reviews, die sich nun schon hier auf dieser Seite tummeln, behandelt lediglich einer einen Film aus den 90er Jahren. Naja, heute kommt zumindest ein zweiter dazu.

Inhalt:

Eine Leiche führt uns mit lustigen Sprüchen und Weisheiten durch das Leichenschauhaus und präsentiert uns diverse Verstorbene und ihre Geschichten. Da haben wir:

- Einen irren Mörder, der eine Frau bei einer Tankstelle erstechen wollte

- Einen älteren Mann, der schütteres Haar bekam und sich daraufhin in Behandlung gab – doch das neue Haar stieg ihm zu Kopf, im wahrsten Sinne des Wortes

- Ein Sportler hat einen Unfall und verliert sein rechtes Auge. Da nimmt er das Angebot eines Arztes doch gerne an, an einer noch nie erprobten Augen-Transplantation teilzunehmen. Doof nur, dass das Spender-Auge einst einem irren Frauenmörder und Nekrophilen gehörte…

Besprechung:

Wir müssen über John Carpenter sprechen. Erstmal ist es eine Schande für eine selbsternannte Horrorfilmwebsite, dass sie nach über 110 Reviews noch immer keinen Film des Maestros besprochen hat. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich das eigentlich letztes Jahr schon mit The Thing vorhatte, aber irgendwie bin ich nicht dazu gekommen – so eine Review soll ja auch nicht mal eben so hingeschludert sein.

Jedenfalls ist Carpenter, und ich denke, da muss man nicht diskutieren, einer der größten lebenden Horrorregisseure (spontan würde mir nur so Dario Argento einfallen, der einen ähnlich ikonischen Ruf wie Carpenter genießt. Friedkin, Craven und so weiter sind ja leider alle schon tot). Seine Klassiker Halloween, The Fog – Nebel des Grauens, The Thing oder Die Klapperschlange sind allesamt großartig und bei letzterem hatte ich zum Beispiel auch schon das Glück, diesen auf großer Kinoleinwand genießen zu können. Ach, wenn man bedenkt, dass er vor ein paar Jahren sogar Live auf dem Weekend of Hell war… Carpenter wäre einer der wenigen, bei denen ich weit reisen würde für ein Autogramm.

Wie dem auch sei. Carpenter ist ein Meister seines Fachs und einer der letzten seiner Art. Seine Karriere verlief ja eh nie so, wie er es sich gewünscht hatte, und manchmal kommt es mir fast ein bisschen so vor, als wenn er etwas verbittert wäre. Aber man kann es auch verstehen: Er schuf Meilensteine wie The Thing, der seinerzeit aber ein Flop war, nun aber als einer der besten Horrorfilme aller Zeiten gilt. Die große Möglichkeit hatte Carpenter in den 70er und 80er Jahren nie bekommen, und nach, naja, mittelmäßigen Streifen wie Ghosts of Mars liegt seine letzte Regie-Arbeit mit The Ward auch schon einige Jährchen zurück. Ein Letterboxd-Kommentar trifft es gut: Carpenter soll sich nochmal zusammenraufen, damit The Ward nicht sein Abschied von der Filmwelt wird. Und der Mann ist ja auch nicht mehr jung. Gut, nun wird über eine Fortsetzung zu The Thing spekuliert, aber das kann nun wirklich sehr in die Hose gehen und zu einer absoluten Katastrophe werden… aber ich lasse mich auch gerne vom Gegenteil überzeugen. Aber das ist nun eine ganz andere Geschichte.

Lange Rede, kurzer Sinn: Jetzt haben wir den ersten Carpenter-Film auf dieser Website.

Aber eigentlich ist es schon unfair, dass ich jetzt hier ausschließlich über Carpenter schwadroniere. Schließlich war mit Tobe Hooper (der ebenfalls noch als Schauspieler in der Rahmengeschichte auftaucht) auch ein anderer Horror-Maestro an dieser Anthologie beteiligt. Carpenter und Hooper, zwei Namen, die mithin die besten Horrorfilme aller Zeiten gedreht haben (man siehe nur meine Review zu The Texas Chainsaw Massacre): Da geht die Erwartungshaltung doch durch die Decke, oder?

Naja, um ehrlich zu sein nicht wirklich. Erstmal stammt das Ding von 1993, und da war auch Hoopers Karriere nicht auf der Höhe. Nachdem er sich in Hollywood nicht hatte durchsetzen können (die Causa Poltergeist wird ja gerne diskutiert), hat Hooper leider nicht mehr viel auf die Reihe bekommen. Ein paar Mittelmäßige Horror-Reißer führten zu dem unwürdigen Abschied Djinn, den Hooper 2013 durch die Finanzierung einer emiratischen (!) Filmfirma realisieren konnte. Der Streifen ging absolut in der Masse an billigen Horrorfilmen unter. Insgesamt hat Hooper, so glaube ich schlussfolgern zu dürfen, seit seinem Vertrag bei Cannon (wo er meiner Meinung nach durchaus nette Filme drehte, die aber eben Flops waren) keine Werke mehr herausbrachte, die irgendwie memorabel gewesen wären.

Und das ist Body Bags nun mal auch nicht, da können weder Carpenter noch Hooper was dran ändern. Ich würde den Film wirklich, wirklich gerne mögen. Die Rahmengeschichte mit einem Carpenter, der als Sprüche klopfende Leiche durch das Leichenschauhaus spaziert, ist wirklich sympathisch. Die einzelnen Ideen sind auch ganz ok bis nett, und die Cameos einiger Genre-Größen ist ebenfalls cool.

Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass Body Bags eben nur aus der Not heraus entstand. Ursprünglich als Serie á la Geschichten aus der Gruft konzipiert, wurden diese drei Episoden zusammengeschnitten, weil die Serie nicht mehr finanziert wurden. Als Einzelepisoden mögen die Stories zwar auch nicht überwältigend sein, aber sie sind für ein derartiges Programm zumindest sinnvoll. Das Ganze wird mehr oder weniger sinnvoll durch die Rahmengeschichte zusammengehalten, wobei die einzelnen Stories auch nicht mehr Verbindungen aufweisen, als sie es etwa bei den „legendären“ Amicus-Anthologie taten, eine solche hatten wir ja vor längerer Zeit mit Der Foltergarten des Dr. Diablo. Bei solchen Anthologien habe ich immer das Gefühl, dass zuerst die Idee kam, eine Anthologie zu machen, und dann erst wurden die Geschichten geschrieben. Eigentlich sollte es umgekehrt sein: Ein Autor hat eine coole Idee, die für einen Langfilm nicht ausreicht, und wenn man genug für Material für ne Anthologie hat, dann kann man auch gerne loslegen. Aber auf Teufel komm raus memorable Kurzgeschichten zu schreiben, das klappt nicht immer gut. Gerade bei Kurzgeschichten kann man ja in die Vollen gehen, da muss man sich um Logik, Dramaturgie oder sowas nicht so viel scheren wie bei einem Langfilm. Da kann man auch mal verrückte, bizarre oder absurde Ideen umsetzen.

Und genau das fehlt bei Body Bags. Die einzelnen Stories sind zu bieder. Sie sind einfach nicht memorabel. Sie sind alle nur ok, sie entlocken aber nie mehr als ein Schulterzucken. Aber gehen wir sie mal durch.

Episode 1:

Das ist leider auch die schlechteste Story (ein Mitzuseher meinte nur, es sei „billiger Stuss“). Ein generischer 80s Slasher, so wirkt das Ganze. Den „Twist“ riecht jeder schon Meilenweit gegen den Wind, und ansonsten gibt’s auch keine besondere Ideen, die das müde Gerüst aufpeppen würden. Es ist nicht wirklich schlecht, sondern nur enttäuschend, denn sowas… Generisches hätte nun wirklich jeder machen können, da braucht man keinen John Carpenter. Auch filmisch gibt das nicht viel her, Spannung kommt nicht auf, gerade Anne verhält sich nicht wirklich logisch, aber darüber wollen wir uns nicht beschweren, wo kämen wir dann hin? Und sogar optisch ist’s eine Einöde. Der Handlungsort ist eine farblose Tankstelle. Alex Datcher als Anne ist als „Final Girl“, wenn man so will, auch nicht wirklich besonders gut, wenn sie auch etwas Sympathie besitzen mag. Dass Wes Craven (den ich erst gar nicht erkannt habe) wirklich sehr kurz als Irrer auftaucht und Sam Raimi nur als Leiche zu sehen ist, macht es auch nicht unbedingt besser. Ach ja, und Carpenter Stammschauspieler (wenn auch nur in Kleinstrollen) George „Buck“ Flowers gibt sich als „Penner“ auch die Ehre. Ne, die Story war echt müde.

Episode 2:

Diese Story hat einen echt schönen Ansatz, der dann aber auch nur das bleibt. Ein Ansatz! Ich meine, auf die Idee, dass Aliens sich als Haarfirma tarnen, ahnungslosen ihr Mittel spritzen, damit sich die Haare der Opfer zu hirnfressenden Würmern verwandeln… ja, so ähnlich ist die Story. Wahnwitziger Scheiß eben, sowas gehört in eine Anthologie. Als ernstzunehmenden Langfilm hätte man das kaum aufblasen können, also kann man das hier gut verwenden. Der Hauptdarsteller, Stacy Keach, spielt die Rolle des Haar-Verehrers, der es nicht ertragen will, eine Glatze zu bekommen, mit Witz und Einsatz – das macht Spaß, ihm dabei zu zusehen, wie er sich über seine neue, utopische Haarpracht freut. Ich habe auch überlegt, wo ich ihn schon mal gesehen hatte, und dann fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren: Ja, er hatte z.B in Die weiße Göttin der Kannibalen mitgespielt.

Die Effekte der „Haarwürmer“ sehen zwar irgendwie billig aus, aber sind dennoch charmant. Optisch gibt es auch hier nicht allzu viel, aber die Idee ist löblich. Leider nur endet diese Story viel zu abrupt, ohne sich richtig entfalten zu können.

Episode 3:

Mark Hamill wird zum irren Killer. Um ehrlich zu sein habe ich von Hamill außerhalb seiner Luke Skywalker Rolle noch nicht viel gesehen, aber er gibt den langsam in den Wahnsinn abdriftenden Sportler schon ganz gut und darf am Ende auch fein am Rad drehen. Einen Film, wo er einen Serienkiller von nebenan spielen würde, so á la Ted Bundy oder John Wayne Gacy, könnte ich mir durchaus vorstellen. So mancher Effekt ist auch ziemlich makaber, z.B wenn Hamill plötzlich ein Baby ist und seine Mutter ihm die Zigarette im Gesicht ausdrückt. Hätte auch nicht erwartet, dass er in einer Szene vollkommen blankzieht, im wahrsten Sinne des Wortes. Körpereinsatz eben. Wirklich spannend ist aber auch diese Geschichte nicht, man weiß eben schon von Anfang an, worauf die Story mit dem transplantierten Auge hinausläuft.

Sehr, sehr freuen wird sich der Genre-Fan aber über einen Altersauftritt von John Agar, dem legendären Monster-Mann der 50er Jahre, über den ich hoffentlich kein Wort mehr verlieren muss, einige seiner Filme habe ich hier schon reviewt (The Hand of Death und Journey to the Seventh Planet). Ich verstehe einfach nicht, wieso Agar im Alter nicht nochmal ein paar mehr Chancen bekommen hat. Sympathisch war er eh schon immer, und ein schlechter Schauspieler ist er ebenso nie gewesen, wie seine Rolle in Miracle Mile, die er im hohen Alter absolvierte, zeigt. Aber irgendwie hatte ihn einfach keiner mehr auf dem Schirm, wie es scheint, außer Fans seiner Filme, wie auch John Carpenter nun mal einer ist. Ach ja, und auch Roger Corman gibt sich als Doktor kurz die Ehre.

Insgesamt merkt man ebenso allen drei Stories an, dass sie für das Fernsehen konzipiert wurden. So ganz nach „Kino“ schaut das nicht aus, die Production Values sind nicht hoch, die Sets geben nicht viel her. Weder Carpenter noch Hooper können so wirklich aus ihrem Talent schöpfen.

Fazit:

Body Bags ist, angesichts der großen Namen, die sich dahinter verbergen, eine Enttäuschung. Die einzelnen Stories sind einfach nicht memorabel und/oder abgedreht genug. Ein Vergleich drängt sich mir auf, weil ich sie in der letzten Zeit viel gelesen habe. Body Bags ist wie eine Horror-Anthologie aus der Vampir-Taschenbuch-Reihe: Man liest es, es ist ganz ok, dann schlägt man das Buch zu und vergisst es wieder. Genau so ist Body Bags.

5.0/10 Punkten.