Original-/Alternativtitel: The Capture of Bigfoot / Die Gefangenschaft des Big Foot

Jahr: 1979

Regisseur: Bill Rebane

Schauspieler: George „Buck“ Flower (Jake), Stafford Morgan (Garrett),Richard Kennedy (Olsen), Katherine Hopkins (Karen), William Dexter (Hank)

Vorwort:

Heute geht’s, wie dem Titel unschwer zu entnehmen ist, um Bigfoot, den alten Zausel – er ist wohl das bekannteste Geschöpf der Kryptozoologie, weil er, nicht wie der Mottenmann oder der New Jersey Devil, nicht nur temporär, sondern „dauerhaft“ gesichtet wird und sich somit seinen Weg dauerhaft in die Popkultur bahnte – der einzige vergleichbare Kandidat aus diesem Pseudowissenschaftlichen Feld wäre höchstens noch das Monster von Loch Ness. Außerdem hat der Sasquatch ja auch etliche Ableger: Der „Skunk Ape“ aus Florida, der Yeti im Himalaja, der „de-Loys“-Affe in Südamerika und wie sie alle heißen.

Doch im Gegensatz zu den klassischen mythischen Sagenfiguren á la Dracula, die Mumie oder den Wolfsmenschen konnte sich der Affenmann nie dauerhaft im Film festsetzen und bringt es nur auf ein paar Werke, die auch der breiten Masse bekannt sind. Tatsächlich fristet er sein Dasein hauptsächlich in B-Filmen.

In den 50ern wurde der Mythos hauptsächlich in Form des Yetis verarbeitet: Zwei mal als absolut in die Vergessenheit geratene B-Filme wie MAN BEAST (1956) und THE SNOW CREATURE (1954), und zwei Mal von etwas größeren Studios: Hammer produzierte 1957 den ziemlich sehenswerten YETI – DER SCHNEEMENSCH, der sich dem Mythos geerdeter nähert und es nicht für billige Schauwerte ausbeutet. Und auch Toho machte einen Versuch mit JUJIN YUKI OTOKO, der später in den USA in einer stark abgeänderten Variante als HALF HUMAN – THE STORY OF THE ABOMINABLE SNOWMAN veröffentlicht wurde. Der Film erhielt von Toho selber aber leider nie eine adäquate Heimveröffentlichung. In den 40ern gab’s ja noch die etwas ähnlich gelagerten Affenfilme, aber der Anstoß, der Bigfoot in das Medium brachte, war der legändere Patterson-Gimlin Film von 1967 – eine knapp einminütige Filmaufnahme, die den Bigfoot angeblich im Norden von Kalifornien zeigt. Bis heute konnte der Film nicht debunked werden und gilt als ernsthaftester Kandidat, eine echte Aufnahme eines Kryptids zu sein.

5 Jahre später produzierte der findige Regisseur Charles B. Pierce dann den Pseudodokumentarfilm THE LEGEND OF BOGGY CREEK, der bei geringen Produktionskosten von etwa 160.000 Dollar 25 Millionen an den Drive-In Kinos einnahm (zumindest wenn man der Tochter von Pierce Glauben schenkt). Als Basis nahm Pierce zwar nicht den Patterson-Gimlin Film, aber ähnliche Sichtungen in Fouke, Arkansas, wo ebenfalls ein humanoides Affenwesen gesichtet worden war.

Der Erfolg des Titel rief wie immer zahllose Nachahmer auf den Plan – schon THE LEGEND OF BOGGY CREEK dürfte aus heutiger Sicht er langweilig und unspektakulär sein (zumindest meiner Meinung nach; 90% sieht man ja nur irgendwelche Hinterwäldler und Bäume), und die Nachahmer waren nicht gerade besser: SASQUATCH: THE LEGEND OF BIGFOOT (1976, meiner Meinung nach noch einer der „besseren“ aus der Riege), THE LEGEND OF BIGFOOT (1975), BIGFOOT: MAN OR BEAST (1972), IN THE SHADOW OF BIGFOOT (1977), IN SEARCH OF BIGFOOT (1976; ein absolut unverschämter Film, dessen Highlight ein „Fußabdruck“ ist) und UNGEHEUER! (1976). Abgesehen von diesen billigen Pseudodokus, die man weder inhaltlich noch optisch voneinander unterscheiden kann, gab es aber auch ein paar Vertreter, die dem zahlenden Publikum nicht ausgedachte Geschichten als Wahrheit andrehen wollten. Diese setzten auf Fiktion und Stories, die „ganz normal“ und „konventionell“ erzählt wurden – da gibt’s sogar richtige Dialoge, Charaktere und Dramaturgie (naja fast)! 1970 gab’s mit John Carradine schon BIG FOOT – DAS GRÖßTE MONSTER ALLER ZEITEN, danach folgten Titel wie der objektiv gesehen ganz annehmbare CREATURE FROM BLACK LAKE (1976), den Fernsehfilm CURSE OF BIGFOOT (der verwurstete Szenen aus TEENAGERS BATTLE THE THING von 1958), RETURN TO BOGGY CREEK (1977), DER TEUFEL TANZT WEITER (1980), den italienischen Trash-Kracher mit Disco-Soundtrack YETI – DER SCHNEEMENSCH KOMMT (1978) oder SHRIEK OF THE MUTILATED (1974; wobei fraglich ist, ob er ein Bigfoot-Film ist, aber das kann aus Spoilergründen hier natürlich nicht aufgeführt werden). Nicht zu vergessen sind diverse kinderfreundliche Varianten wie BIGFOOT UND DIE HENDERSONS (1987) oder CRY WILDERNESS (1987). Außerdem gab’s ja auch noch etliche Filme, in denen affenartige Monster auftauchten, ohne dass sie wirklich als Bigfoot benannt wurden, oder in denen er nur kleinere Auftritte hatte.

Heute geht’s aber um einen ganz besonderen Vertreter und zwar THE CAPTURE OF BIG FOOT aus dem Jahre 1979, also schon am Ende des Big-Foot Booms des Jahrzehnts. In Deutschland wurde er später unter den Titeln „Big Foot – Die Rache des Jägers“ oder „Die Gefangenschaft des Big Foot“ auf VHS vertrieben, von der ich Online aber nur sehr wenig finden konnte, leider. Aber genug des Vorworts, hinein in die verschneiten Wälder, irgendwo im Ami-Land...

Inhalt:

Schon in der ersten Minute weiß man, dass man es mit einem 70er Jahre Bigfoot Vehikel zu tun hat, denn es ertönt sogleich die liebliche Melodie irgendeines Country-Songs – welcher Bigfoot-Film würde auch jemals ohne sowas auskommen?! Immerhin war der Hauptsong bei einigen der vorher genannten Titel das Beste am gesamten Film...

Während also der Titel und die namenhaften Darstellernamen über den Bildschirm flackern, sehen wir im Hintergrund eine verschneite Wunderlandschaft (wenn auch in unterirdischer Bildqualität). Ein Hundeschlitten transportiert eine ominöse Kiste durch den Schnee. Irgendwann halten die beiden Jäger an, machen ein Lagerfeuer und ein beherzter Tritt gegen die Kiste mit dem Spruch „shut up you little Beast“ verrät dem geneigten Zuschauer schon, dass da was in der Kiste ist – vielleicht sogar schon der titelgebende Bigfoot?

Der taucht wenig später auch schon auf, besser gesagt sein Arm, und zieht den am Lagerfeuer sitzenden armen Tropf aus dem Bild. Der andere wird wenig später auch Opfer des weißen Zottelviehs, kann sich aber noch mit letzter Kraft auf den Hundeschlitten flüchten, der ihn zurück in die „Zivilisation“ bringt – dort wird der Sheriff natürlich auf die Sache aufmerksam und es entspinnt sich (sehr gemächlich) eine Hetzjagd auf das mysteriöse Geschöpf.

Besprechung:

Und ja, es handelt sich zu allem Überfluss auch noch um ein Machwerk von Bill Rebane, dem „Ed Wood des mittleren Westens“, wie er teils genannt wird. Auf die Kappe des Trash-Vielfilmers gehen u.a auch DAS GRAUEN UM LUDLOW (1983), den meiner Meinung nach scheußlichen ANGRIFF DER RIESENSPINNE (1977) und RANA – HÜTER DES BLUTIGEN SCHATZES (1981). Besprochen wurde hier auch schon der unsägliche  THE ALPHA INCIDENT (1978), EIN SUPERTRUCK AUF MONSTERJAGD (1987) und den ganz dolle schlimmen MONSTER A GO-GO (1965), den aber nicht er vollendete, sondern Herschel Gordon Lewis. Arrow hat ihm ja sogar mit „Weird Wisconsin“ ein eigenes Box-Set samt Dokumentation spendiert.

Keiner seiner Filme dürfte wirklich „gut“ sein, aber wer das bei einem Bill Rebane Film erwartet, ist ja sowieso schief gewickelt. Kann Rebane hier aber ausnahmsweise mal wenigstens unterhalten, und den Zuschauer durch elendig lange Gesprächs-Orgien nicht zu Tode langweilen?

Naja, es geht so. Das Drehbuch wurde von Bill Rebane selber und Ingrid Neumayer verfasst, die auch schon THE ALPHA INCIDENT geschrieben hatte, was schon mal wenig positiv stimmt, denn ansonsten hat sie auch nichts vorzuweisen. Nach dem netten Anfang, der den Bigfoot übrigens auch schon in Gänze präsentiert, wenn auch nur kurz, geht es in typischer Rebane-Manier weiter, es wird geredet und geredet. Der Sheriff sucht den Verletzten im Krankenhaus auf, sein Kollege Garrett sitzt zu Haus und läuft dann mit dem Mann aus den Bergen namens Jake durch die Gegend. Ein wirklicher Plot, ein Konflikt, entsteht nicht, außer halt, dass der Bigfoot im Wald rumläuft und meuchelt. Fehlen darf natürlich auch nicht der raffgierige Kapitalist, der das arme Tierchen in Bares verwandeln will: Als der Geschäftsmann Olsen ein Kopfgeld auf das Biest setzt, kommen noch weitere Jäger hinzu, aber ein Konflikt zwischen ihm und dem gutmütigen Polizisten Garret entsteht erst gen Ende des Films. In der Mitte passiert so sehr wenig von Belang. Das Highlight ist da ein in Zeitlupe gefilmter Unfall mit dem Schneemobil. Dynamisch ist das Ganze aber sowieso nie, es gibt viel Füllmaterial in Form von Naturaufnahmen oder einfach unnötigen Szenen, und die Kamera bewegt sich kaum. Schauwerte gibt’s, abgesehen von den Big-Foots (nur der Große meuchelt, der Kleine läuft ganz lieb durch den Wald) nicht. Das Ganze ist einfach nur einfallslos, hat keinerlei besondere Ideen, ist generisch und bietet auch keinen Anflug von etwas befreiender Ironie. Er sieht sich wie all diese Filme, in denen humanoide Monster unterwegs sind. Es hätte gutgetan, das Ganze um ein paar Minuten zu kürzen, aber im Grunde hätte man das auch in dreißig Minuten verfilmen können.

Die Schauplätze beschränken sich auf ein paar langweilige Häuser und eben den Wald – wer den anderen Bigfoot-Filmen noch irgendwas abgewinnen konnte (oder sie überhaupt schaut) wird auch hier aber etwas positives aus der Landschaft ziehen, denn diese schaut eben ganz nett aus (auch in schlechter Bildqualität). Ich mag diese abgeschiedenen Wälder Amerikas als Schauplätze in Filmen jedenfalls. Durch den überraschend gelungenen und subtilen Soundtrack (erinnert mitunter ernsthaft an dem von Carpenter’s DAS DING) entsteht manchmal sogar Atmosphäre – etwas, das ich bei Rebane bisher noch nicht erleben durfte. Heißt aber freilich auch nicht, dass er sich „gebessert“ hätte, denn die Atmosphäre entsteht ja einfach schon durch das Vorhandensein von Schnee und Gehölz, wenn auch nicht im großen Maße.

Die Schauspieler sind auch limitiert und hölzern. Als Polizist Garrett hinterlässt Stafford Morgan keinerlei Eindruck. George Flower, der diverse Cameos in John Carpenter Filmen hatte, spielt Jake, den typischen Charakter, der schon mal eine Begegnung mit dem Monster hatte, von den anderen Dorfbewohnern aber bisher nur belächelt wurde. Wenigstens vom Aussehen passt er in die Plotte, er spielte auch in THE ALPHA INCIDENT (und dort wird seine Performance vom Doc nicht gerade positiv erwähnt).

Irgendwie hervorheben tut sich lediglich Richard Kennedy als Geschäftsmann Olsen, sei es auch nur durch übertriebenes Overacting, das in Rumgebrülle und Schläge resultiert. Seine „diabolische Lache“ regt wiederum den Zuschauer zum Lachen an. Er hatte auch einen Auftritt in INVASION DER BLUTFARMER (1972), der auch mal ein Review verdient hätte.

Die Dialoge sind selbstredend auch nicht gut, aber wenigstens auch nicht so schlimm, dass man drüber lachen könnte.

Nun zu den Bigfoots – das sind einfach zwei Leute in Kostümen, die wenig überzeugend, aber auch nicht zum Lachen schlecht aussehen. Zum Schmunzeln regen eher die Laute an, die die Wesen aufstoßen, wenn sie in Aktion treten. Qualitativ ist das auch nicht schlechter als man es in den ganzen Affen-Filmen der 40er sah (was für einen Film von 1979 aber auch nun kein Kompliment sein dürfte). Im Kostüm des kleinen Bigfoot steckte Randolph Rebane, vielleicht der Sohn von Bill, keine Ahnung. Jedenfalls war er auch an anderen Werken von ihm beteiligt.

Verliehen wurde der Film dann später von Troma Entertainment, aber auch in deren Output gibt es um Meilen unterhaltsamere Independent-Trashfilme. Kein Wunder also, dass Lloyd Kaufmann den Film als einen der schlechtesten Troma-Werke bezeichnete. Lustigerweise gleich mit RANA – HÜTER DES BLUTIGEN SCHATZES. Rebane war eben ein Naturtalent. Wer wegen diesem Label aber Splatter erwartet, der ist erneut falsch gewickelt – rote Farbe gibt’s nur in Form von kleinen Schürfwunden zu sehen.

Fazit:

Wer kein Fan von Bigfoot ist, wird den Film entweder nicht kennen oder ohnehin einen großen Bogen um ihn machen (was auch nicht schwer ist: der Film ist in den USA lediglich in einem Box-Set erschienen und in Deutschland gibt’s bisher nur eine seltene VHS: Ich warte auf das Hochglanzmediabook, liebe Labels!). Er ist definitiv nicht der schlechteste Film von Rebane (nichts kommt an DER ANGRIFF DER RIESENSPINNE oder MONSTER A GO-GO ran), aber eben auch einfach nicht unterhaltsam. Die wenigen Big-Foot Attacken sind ganz nett, halten aber über die 90 Minuten an Gesprächen und Rumgerenne nicht bei der Stange. Naja, aber irgendwie kann ich dem Film trotzdem nicht böse sein, denn ein totaler Reinfall war es schließlich auch nicht. Dennoch warte ich immer noch auf einen wirklich unterhaltsamen Big-Foot Film aus den 70ern. Ob ich ihn jemals finden werde? Heute jedenfalls geht es weiter wie bisher, und der Sasquatch findet sich in Asylum-Filmen wie BIGFOOT – DIE LEGENDE LEBT (2012) oder in Found-Footage Werken wie THE BIGFOOT TAPES (2012) wieder. Mal sehen, ob in Zukunft noch mal etwas wirklich gutes mit ihm kommt...

 4/10 Punkten.

Edit: Da dies eine "alte" Review ist, gibt sie es sie auch unter https://badmovies.de/reviews/big-foot-die-rache-des-jaegers zu lesen.